Fortune de France: Roman (German Edition)
ich dir aus Sarlat ein neues Miederband mitbringe.«
»Ach, dies hier tut auch noch seinen Dienst. Sie sind so teuer«, erwiderte Barberine, den letzten Knoten lösend, worauf sie mit geübter Hand die rechte Brust und dann die linke ausihrem Mieder nahm, beide so groß, rund und weiß, daß Stille im Saal eintrat und nur noch das leise Knistern des Feuers sowie das begierige Saugen der beiden Nimmersatte zu hören war.
Es tat Barberine gar wohl, daß ihr solcherart auf beiden Seiten die nie versiegende Milch entzogen ward, die ihr in den Stillpausen bisweilen heftigen Schmerz verursachte, aus welchem Grund der fast schon vier Jahre alte Annet noch an dem Festmahl teilhaben durfte. Was indes nicht ohne manche Unannehmlichkeit abging.
»Au, au!« stöhnte Barberine, die keine Hand frei hatte und wehrlos war. »Hélix, gib diesem kleinen Ungetüm eins auf den Hintern. Er beißt mich.«
Hélix versetzte Annet einen Klaps, welcher kurz aufschrie und die Brust ausließ, dann aber gleich wieder zuschnappte, freilich ohne seine Beißerchen zu gebrauchen.
Oh, gewiß, das Auge meines Vaters war nicht ohne Traurigkeit, da er die beiden Knäblein ansah, so schön, so prächtig, so rosig und Annet schon ein richtiger Schelm, wenn er die Brust anfaßte. Ebensogut hätte sein Blick auf seinen beiden Söhnen ruhen können, die er verloren hatte: sie wären gleichen Alters, und auch Isabelle wäre dann noch am Leben, anstatt die Qualen der Hölle zu erdulden. Zwar hat nur Gott allein in seiner unergründlichen Weisheit zu beschließen, ob wir verdammt oder errettet werden; doch wer, wie wir, nicht an das Fegefeuer glaubt – jene abscheuliche Erfindung, die dem Worte Gottes hinzugefügt ward –, dem ist der Gedanke unerträglich, daß ein geliebtes Wesen nach dem Tode Höllenqualen leidet.
Falls meinem Vater am nämlichen Abend diese Gedanken kamen, muß er sie gleich wieder verjagt haben, um den Zauber der Stunde auszukosten: sein Auge begann zu blitzen, als er die Reden vernahm, welche Barberine und die Maligou mit leiser Stimme wechselten.
»Und zudem«, sagte Barberine, »ist sie von abstoßender Häßlichkeit.«
»Ei gewiß! Das ist wahr gesprochen!« stimmte die Maligou zu.
»Wer soll von abstoßender Häßlichkeit sein?« fragte Jean de Siorac dazwischen.
»Sarrazine«, antwortete Barberine mit einiger Verlegenheit, weil ihre Rede in fremde Ohren gedrungen.
»Sarrazine und häßlich!« sagte mein Vater lachend. »Arme Barberine, du bist ein schlechter Richter, wenn’s um die weiblichen Reize geht! Du mußt wissen, daß eine Frau, die schön sein will, dreierlei haben muß wie ein Pferd: die Brust, das Hinterteil und die Mähne, und Sarrazine ist mit all dem reichlich gesegnet.«
»Doch mit Verlaub, Moussu lou Baron, es ist vor allem die Hautfarbe«, wandte die Maligou ein.
Mein Vater machte eine abweisende Gebärde.
»Die Farbe der Haut tut nichts zur Sache, meine Liebe! Deine Gavachette hat fast dieselbe dunkle Haut und ist trotzdem ein hübsches junges Ding, nach dem sich manch einer die Augen verdreht.«
Hierauf schlug die Gavachette ihre Augen nieder, und die kleine Hélix errötete vor Grimm.
»Sie ist ja auch eine Zigeunerin!« sagte die Maligou, nicht ohne Stolz auf ihre Tochter blickend.
»Sie hat nicht mehr Zigeunerblut in den Adern als du oder ich!« sagte mein Vater, aus vollem Halse lachend. »Doch darüber wollen wir lieber schweigen«, fügte er mit einem vielsagenden Blick hinzu.
Es trat eine kleine Stille ein, dann sagte die Maligou mit beißender Stimme, als wolle sie sich ob der empfangenen Zurechtweisung an Sarrazine rächen:
»Ob häßlich oder nicht, Moussu lou Baron, aber sie ist eine Tochter des Satans.«
»Und woher willst du das wissen, Maligou?« fragte mein Vater mit finsterer Stirn. »Hat es dir etwa der liebe Gott ins Ohr geflüstert?«
»Nein, aber es gibt Beweise, Moussu lou Baron! Erst taucht sie vor vier Jahren aus dem Nichts plötzlich auf. Sie wird auf Volperie in Dienst gegeben, und nach drei Jahren, da verwandelt sie sich in eine verwundete Wölfin und läßt sich von Jonas in seine Höhle bringen.«
»Und versieht trotzdem ihren Dienst auf Volperie«, sagte mein Vater lachend. »Coulondre Eisenarm hat sie dort alle Wochen gesehen, wenn er mit seinem Fuhrwerk hinkam.«
»Dann hat sie sich eben verdoppelt.«
»Sieh einer an! So leicht ist das! Welchen Lauf hatte die Wölfin sich gebrochen, Pierre, du hast sie doch gesehen?«
»Den rechten Hinterlauf«, gab ich zur
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