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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Himmels willen. Monsieur de La Boétie ist unser Freund und gibt Euch nur guten und freundschaftlichen Rat.«
    Es folgte ein langes Schweigen. Caumont setzte sich wieder, seine Miene blieb finster. La Boétie blickte ihn mit ernstem Gesicht an, schüttelte das Haupt und hub nach einer Zeit wieder an:
    »Monsieur de Caumont, verübelt mir meine Worte nicht, aber Eure Familie treibt die Dinge wahrlich zu weit. Euer Schwäher, der Baron de Biron, soll aufrührerischen Hugenotten Zuflucht gewährt haben. Euer älterer Bruder, François de Caumont, hat die Kirche zu Milandes für die Hugenotten mit Beschlag belegt und so seine katholischen Untertanen ihres Gotteshauses beraubt. Montluc hat darüber Bericht an Katharina von Medici erstattet, welcher diese widerrechtliche Inbesitznahme höchst mißfällt, so wie sie auch der Tod des Barons von Fumel schmerzlich berührt hat, um den sie Trauer tragen will. Es wäre wenig klüglich, Monsieur de Caumont, wenn man der Regentin,welche ohnehin schon beunruhigt ist, den Eindruck vermittelte, unsere Hugenotten aus Guyenne seien Aufrührer, die nichts anderes im Sinn haben als sich gegen den König aufzulehnen.«
    Gereizt hub Caumont zu einer Erwiderung an, doch besann er sich und schwieg. Da sein Schweigen andauerte, sprach Monsieur de La Boétie in sehr freundschaftlichem Tone, doch nicht ohne Nachdruck zu ihm:
    »Es ist leider wahr, Herr Abbé, die katholische Kirche krankt gar sehr an vielen Übeln. Und ich bezweifle nicht Euren guten Willen, daß Ihr diese abstellen wollt. Doch was erreichet Ihr durch Gewalt? Harte Verfolgung! Montluc hat alle Mittel dazu, und von Natur aus neigt er zum Blutvergießen. Monsieur de Burie wird ihn nicht immer zurückzuhalten vermögen. Doch schlimmer noch ist, daß die Haltung der Protestanten von Guyenne moralisch anfechtbar ist: sie fordern vom König Religionsfreiheit und verweigern sie dort, wo sie die Herren sind, den Anhängern der Religion des Königs.«
    Monsieur de La Boétie hielt inne und fügte dann in höchst eindringlichem Tone hinzu:
    »Ich bitt’ Euch, Monsieur de Caumont, hütet Euch vor solch blinden Übertreibungen. Seid weniger hart und unerbittlich. Suchet die Übereinkunft mit den Katholiken. Strebet nicht nach Absonderung und Loslösung. Ihr sehet doch, welchen Niedergang dieser Parteigeist im ganzen Königreich verursacht, wo allerorten nur Verheerung und die Trümmer eines zerfallenden Staatswesens zu sehen sind. Wenn dieser Aufruhr kein Ende nimmt, befürchte ich das Schlimmste.«
    Auf diese Vorhaltungen antwortete Caumont mit keinem Wort, sondern schwieg nur wütend, steif und starr auf seinem Stuhl sitzend und zu Boden starrend. La Boétie wechselte darauf den Gegenstand des Gesprächs, machte den Herren Brüdern vielerlei Komplimente über ihr Besitztum Mespech und verabschiedete sich wenige Minuten später, bekümmerte Blicke mit Siorac und Sauveterre wechselnd.
     
    Ich muß hier einige Worte über das blutige Geschehen im Hause Orioles zu Cahors einfügen; denn obgleich hierbei mehr von den Unseren ums Leben kamen als bei dem Massaker zu Vassy, ist letzteres – aus Gründen, die der Leser noch erfahrenwird – viel besser im Lande bekannt. Gleichwohl waren die blutigen Zusammenstöße zu Cahors bereits die Vorläufer dessen, was einige Monate später zu Vassy und in vielen anderen Orten geschah, allwo in den ersten Monaten des Jahres 1562 Protestanten umgebracht wurden, was dann zu dem ersten der schrecklichen Bürgerkriege führte, welche das französische Königreich bis zur Thronbesteigung Heinrichs IV. verheerten.
    Am 16ten November 1561 hatten sich die Kalvinisten von Cahors zu einem Gottesdienst im Hause Orioles versammelt, welches Raymond de Gontaut, Seigneur de Cabrerets, gehörte. Da das Wetter für die Jahreszeit ungewöhnlich mild war, standen die Fenster weit offen, und indes die Reformierten die Psalmen Davids sangen, kam ein Leichenzug mit dem Pfarrer von Notre-Dame de Soubirou an der Spitze, gefolgt von einer großen Menge Volkes, unter Absingen von Totengesängen die Straße entlanggezogen.
    Obgleich die Psalmen Davids und die Gesänge der Priester an denselben Gott gerichtet waren, fühlten sich Katholiken und Reformierte durch deren Vermischung gegenseitig beleidigt. Aus Trotz begannen die Reformierten, lauter zu singen. Die Katholiken taten es ihnen nach. Alsdann flogen Beleidigungen zwischen Straße und Fenstern hin und her, aus den Beleidigungen wurden Drohungen, aus den Drohungen

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