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Fossil

Fossil

Titel: Fossil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlín R. Kiernan
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läuft ein kleines Rinnsal Blut.
    «Wag es ja nicht, einfach zu sterben», flüstert Sadie, ein verzweifelt lautes Flüstern, fast ein Zischen. «Wage es verdammt nochmal ja nicht, uns hier zu sterben.» Chance merkt, dass Sadie weint. Hinten am Fenster ist ein wildes Geräusch zu hören, krähenschwarze Federn schlagen gegen das Fenster, schwach klopfende Flügel. Wollen die Vögel hinein, oder soll Chance nur wieder hinschauen? Sieh her, Chance, sieh schnell her, aber sie wendet den Blick nicht von Dancy ab, und nach einem Moment oder zwei ist das Geräusch verschwunden, falls es denn je wirklich da war. Sofort schüttelt es Dancy nicht mehr, sie zuckt noch ein wenig, bis ihr Körper schweißgebadet Ruhe findet. Weit öffnet sie die roten Augen.
    «Mein Gott», sagt Sadie. «Mein Gott nochmal.» Jetzt klingt sie eher erleichtert als ängstlich, und Chance zieht den Löffel langsam aus Dancys Mund. Blut und Speichel tropfen vom Metall, Blut und Spucke rinnen Dancy übers Kinn. Chance wischt sie mit der Hand fort.
    «Kannst du mich hören?», fragt Chance, und Dancy nickt vorsichtig, ihr Augen sind aber immer noch weit weg, sind auf etwas außerhalb der Küche gerichtet, hinter den Wänden des alten Hauses.
    «Es tut mir leid», sagt sie und hustet zweimal, schluckt und wischt sich den Mund nun selbst ab. «Es ist zu spät, nicht wahr? Ich bin nicht mehr rechtzeitig hier gewesen?»
    «Du bist so schnell hergekommen, wie du konntest», sagt Sadie und weint jetzt noch mehr, streicht Dancy Strähnen entfärbten Haares aus dem Gesicht und schluchzt wie eine dankbare Mutter, weil ihr Kind doch nicht ertrunken ist, weil es nicht mehr im Wald herumirrt. «Lieber Himmel, Kleine, du hast uns zu Tode erschreckt, weißt du das?»
    «Es tut mir leid», sagt Dancy noch einmal, dann dreht sie sich auf dem Stuhl um und schaut zur Küchentür in den Flur und zur Vorderseite des Hauses, blinzelt und reibt sich die Augen. Chance folgt ihrem Blick. Dort hinten steht Deacon, der sich noch immer verkatert und unsicher gegen den Türrahmen lehnt und sie alle beobachtet.
    «Kein Scheiß mehr, Chance», sagt er heiser und mustert den Fußboden und seine großen nackten Füße.
    «Was bitte willst du mir damit…» Doch er hebt nur die Hand wie ein Verkehrspolizist und unterbricht sie. «Okay», sagt Chance und bereut schon jetzt jedes Wort, bevor sie es ausgesprochen hat. «Kein Scheiß mehr.» Deacon dreht sich um und verschwindet langsam im dunklen Herzen des Hauses.
     
     
    Fast eine halbe Stunde später, es ist beinahe Mittag. Dancy liegt ruhig auf dem Sofa im Wohnzimmer und erholt sich. Chance hat eigentlich einen Krankenwagen rufen wollen, ist tatsächlich schon am Telefon gewesen, aber Sadie sagte: «Sie hat kein Geld und bestimmt auch keine Krankenversicherung.» Als Chance daraufhin vorschlug, dass sie die Rechnungen übernehmen würde, runzelte Dancy die Stirn und schüttelte den Kopf.
    «Nein, es geht mir schon wieder gut.»
    Sadie hat sie danach mit einer karamellfarbenen Wolldecke zugedeckt, die Tante Josie Chance’ Großvater letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hat. Seitdem hat niemand mehr Ärzte, Rettungswagen oder Krankenhäuser erwähnt. Dancy liegt auf dem großen Sofa, die Augen halb geöffnet, halb geschlossen hinter ihrer neuen lila Sonnenbrille, Sadie sitzt neben ihr auf dem Fußboden, hält ihre Hand und wacht über sie.
    Sie ist nicht deine Tochter, würde Chance gern sagen, oder deine kleine Schwester. Aber sie tut es nicht, weil Sadie vielleicht noch nie im Leben jemanden hatte, um den sie sich kümmern konnte, und möglicherweise braucht Dancy das gerade mehr als alles andere auf der Welt.
    «Kein Scheiß mehr», sagt Dancy und dreht den Kopf zu Deacon, der allein am anderen Ende des Zimmers steht und aus dem Fenster auf den sonnenüberfluteten Kiesweg starrt, als ob er auf jemanden wartete.
    «Womit wollen wir anfangen?», fragt er niemand im Besonderen, ohne den Blick vom Fenster abzuwenden.
    «Was ist ein Dicranurus?», antwortet Dancy und sieht jetzt Chance durch die runden Gläser ihrer lila Sonnenbrille an. «Ich weiß, dass es etwas bedeuten muss. Ich weiß, dass du weißt, was es bedeutet, Chance.»
    «Es ist nur ein Trilobit», sagt die. «Eine Unterart der devonischen Trilobiten, mehr nicht.» Dancy und Sadie schauen sie an, als würde sie plötzlich in Zungen sprechen.
    «Wartet mal, bestimmt ist es besser, ich zeig ihn euch.» Also lässt sie sie allein im Wohnzimmer zurück und ist dankbar für

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