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Fossil

Fossil

Titel: Fossil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlín R. Kiernan
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Tunnel ist erst 88 gebaut worden, also kann es nicht 86 sein.»
    «Was für ein verdammt seltsamer Käfer. Hast du irgendeine Ahnung, was Esther damit wollte?»
    Chance schaut wieder auf die Kiste. «Da ist ein Brief drin von jemandem vom Geographical Survey. Offenbar hat sie denen wegen des Tunnels geschrieben und gefragt, ob sie irgendwelche wichtigen Funde von dort haben. Und die schickten ihr dann das Ding da.»
    «Ich bezweifle, dass sie dabei an so etwas gedacht hat», sagt Alice und dreht die Flasche diesmal zur anderen Seite, um das Wesen darin aus einer neuen Perspektive zu betrachten. «Wie ist es beim Survey gelandet?»
    «In dem Brief steht, dass ein Vorarbeiter bei den Tunnelarbeiten es ihnen in jenem Oktober zugeschickt hat. Er wollte wissen, was es ist. Ich vermute, er hat es bei den Grabungsarbeiten gefunden.»
    Alice lächelt, ein anerkennendes Lächeln für Chance. «Wie üblich hat unsere Kleine ihre Hausaufgaben gemacht», sagt sie. «Ich finde, wir sollten uns den kleinen Mistkerl mal näher ansehen, was meinst du?»
    «Warte, das war noch nicht alles», sagt Chance. «Noch lange nicht.» Sie greift wieder in die Kiste, ihre Hand schließt sich um das Erzstück.
    «Nein», sagt Alice bestimmt. «Wir kümmern uns um ein Problem nach dem anderen.»
     
     
    Dancy weiß, wo sich der Tunnel befindet. Sie erinnert sich an alle wichtigen Einzelheiten, die sie in den ausgeschnittenen Artikeln und einem Buch über die Industriegeschichte von Birmingham in der Bibliothek gelesen hat. Also macht sie sich Richtung Süden auf den Weg zu den Bergen, nachdem sie tief Luft geholt und das Castle verlassen hat, aus dessen modrigkühlem Schatten sie in die blendende Feuersturmhelligkeit des Sommernachmittags hinausgetreten ist. Sie muss querfeldein durch die Gebäude und Maschendrahtzäune hindurch, Hindernisse aus NATO-Draht und Beton, muss einen möglichst direkten Weg finden. Sie darf sich auch nicht davon abhalten lassen, dass die Sonne bereits ihren schmerzlichen und langsamen Untergang begonnen hat, ihre Reise vom blau-weißen, feuergeblendeten Himmel hinab in den Westen. Noch bleiben mehrere Stunden, bis es dunkel ist. Die Luft versengt ihre weiße Haut, das Licht brennt sich einen Weg durch die lila Sonnenbrille und setzt Dancys Gehirn in Brand. Wer braucht schon einen Drachen, wenn der ganze Himmel in Flammen steht, wenn sich die Lungen bei jedem Atemzug mit Benzin und Rauch und dem Gestank der Straßen füllen, die in der Hitze schmelzen und dahinfließen wie klebrige, kohlschwarze Schwefelflüsse?
    Der Tag ist auf ihrer Seite, und die Nacht wird auch ihnen gehören, sobald sie hereinbricht, Licht und Dunkelheit – beide sind Dancys Feind. Sie versuche, nicht daran zu denken, schleppt ihren schweren Seesack über die 20. Straße, wobei ihr der feuchte Asphalt an den Schuhsohlen klebt und sie am liebsten ganz in den Mühlsteinmagen der Erde schlingen würde. Dann hat sie wieder den Bürgersteig erreicht, eine schmale Betonzuflucht, aber sie kann das hämische Gelächter unter der Straße zu ihr herauflecken hören. Es ist ein quälendes, kieskehliges Lachen über das verrückte Mädchen, das tatsächlich glaubt, es dürfte irgendetwas anderes erwarten als den Tod, irgendetwas anderes, als in alle Ewigkeit zwischen rotglühenden, mahlenden Schürhakenzähnen zu brennen. Sie wischt sich über die Stirn, wischt das Schweißsalz fort, das ihr in den Augen brennt und die Sicht trübt. Dancy dreht den Lachenden unter der Straße den Rücken zu und findet sich am Eingang einer kleinen Straße wieder, auf deren eine Seite ein schmaler Streifen Halbschatten fällt, und sie zwängt sich in dieses kleinliche Stück Dunkel, drückt sich platt wie ein gepresstes Rosenblatt gegen die alten Steine und den Mörtel und schiebt sich bis zu deren Ende an der Mauer entlang.
    Danach folgt ein Parkplatz, so lang wie der Golf von Mexiko, so breit wie das Tote Meer in all den Farbschattierungen von Amseln und Kohle, und dann ein leuchtendes Aufschimmern kühler grüner Bäume, Rasen und ein Wassersprenger, der unzählbare Kristalltropfen versprüht. Dancy stellt ihren Seesack hinter einer pinkfarbenen Mülltonne ab, auf die jemand ein Nilpferd gestencilt hat. Noch so ein knickriger kleiner Schattenteich, in den sie eintaucht, eintaucht in den süßsäuerlichen Geruch des in der Hitze verfaulenden, von Fliegen umschwirrten Abfalls. Der Gestank verpestet die Luft, die sonst nur erstickend heiß wäre.
    «Was ist denn mit deiner

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