Foules Spiel: Ein Nürnberger Fußballkrimi (German Edition)
aufgeregt.
»Eigentlich nichts Ungewöhnliches«, sagte Charlotte langsam. Sie musste die Gedanken, die plötzlich auf sie einstürmten, erst einmal sortieren. »Sie haben sicher das Haus nebenan gesehen?«, fragte sie. »Das mit der Baustellenabsperrung. Ich nenne, ähm, nannte es den Zwilling.«
Wallner bejahte.
»Dana erwähnte ganz zu Beginn meiner Tätigkeit, dass die Baustelle sie nerve.« Sie stockte, rief sich noch einmal die Straße ins Gedächtnis. »Im Nachhinein fällt mir auf, dass es kaum Geräusche gab.«
»Wie meinen Sie das?«
»Na ja«, sagte Charlotte. »Auf einer Baustelle wird gehämmert, gebohrt, gesägt und was weiß ich noch alles. Und gerade vom Nachbarhaus hätte man doch mal was hören müssen. Aber da war nichts. Es gab nur diese Absperrung. – Zwischendurch stand immer mal wieder der eine oder andere Lieferwagen davor, aber die parkten in der ganzen Straße, es gibt ja auch Firmen, die Lieferungen erhalten. Ich habe mir nichts dabei gedacht.«
»Ich gehe der Sache sofort nach.« Wallner klang aufgewühlt.
»Eine Frage noch«, rief Charlotte, bevor er auflegen konnte.
»Ja?«
»Können Sie mir sagen, wo Dana herkommt? Ich habe immer gerätselt, ob sie einen ausländischen Hintergrund hat, denn sie hatte trotz des Namens keinen Akzent.« Charlotte musste lachen. »Seltsam: Es hat mich brennend interessiert, aber ich habe sie nie danach gefragt.«
»Sie wussten nicht, dass Dana Reed nur eine Art Künstlername war?«, sagte Wallner.
Charlotte musste verneinen. »Wie hieß sie?«, fragte sie.
»Sie wurde als Diana Riederer geboren, übrigens hier in Nürnberg. Ein Jahr nach Beginn ihrer Modelkarriere legte sie sich den Namen Dana Reed zu.«
Charlotte war sprachlos. »Sie kam aus Nürnberg? Dann war ihre akzentfreie Aussprache eine Meisterleistung. Ich kann mir kaum vorstellen, dass man den fränkischen Dialekt überwinden kann.« Sie musste an Marita Betzold denken, die ein breites Nürnbergerisch sprach. Und auch Cramer konnte nicht leugnen, dass er Franke war. Wallner hingegen hatte einen österreichischen Einschlag.
Er lachte. »Sollte man meinen. Ihre Eltern sind aber wohl beide keine Franken, vielleicht erklärt es das.«
Charlotte hörte ein Handy klingeln und Wallners dumpfe Stimme. Kurz darauf war er wieder zurück. »Ich muss Schluss machen. Danke für den Tipp mit dem Haus, ich lasse das überprüfen.«
Charlotte war neugierig geworden. Sie ging zum PC und gab den Suchbegriff »Dana Reed« ein. 327 869 Suchergebnisse! Da war sie ja Wochen beschäftigt. Doch Charlotte fand schnell heraus, dass sich die meisten Informationen wiederholten. Patricks Hilfe wäre jetzt gut gewesen, aber er war mit Schulfreunden unterwegs. Charlotte war froh darüber, denn bisher hatte er meist geschwiegen, wenn sie ihn nach der Schule gefragt hatte. »Alles im grünen Bereich«, war das Höchste, das sie ihm hatte entlocken können.
Wie war Danas richtiger Name gewesen? Charlotte gab »Diana Riederer« ein und drückte auf Suchen. Hier gab es nur ein paar 100 Ergebnisse. Sie klickte sich durch die ersten, fand aber nichts Aufregendes. Dana war als neuer Star am Modehimmel gefeiert worden, es gab Fotos von Modeschauen in Paris und Mailand. Sie war kaum wiederzuerkennen, mit all dem Make-up, den oft eigenartig gestylten Haaren und der teilweise extravaganten Kleidung.
Charlotte wollte den PC schon abschalten, als ihr Blick an dem Wort Anschlag hängen blieb. Neugierig klickte sie auf den Link. Sicher war es nur eine Seite, auf der über eine Modenschau und über einen Anschlag irgendwo im Irak oder in Afghanistan berichtet wurde. Das kannte man ja. Doch zu ihrer großen Überraschung handelte es sich um einen Anschlag auf eine von Danas Kolleginnen, während einer Modenschau in Düsseldorf. Rieke Biedermann, damals 17, war von einer maskierten Person mit Säure überschüttet worden. Unter anderem hatte auch Dana als Verdächtige gegolten, doch sie hatte für die Tatzeit ein Alibi.
»Stille Wasser sind tief«, murmelte Charlotte und suchte nach dem verletzten Model. Es gab nur Meldungen aus 2003, dem Jahr des Anschlags. Das Gesicht war zum Glück verschont geblieben, doch auf Armen und Beinen hatten sich hässliche Narben gebildet. An ein Leben als Model war nicht mehr zu denken gewesen.
War Dana zu so einer Tat fähig? Charlotte musste zugeben, dass sie das Model eigentlich gar nicht kannte. Zehn Wochen hatten sie beinahe täglich mehrere Stunden miteinander verbracht, doch Dana hatte
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