Foules Spiel: Ein Nürnberger Fußballkrimi (German Edition)
beeindruckt von ihr war. Welcher Teenager wäre es nicht gewesen? Vielleicht war ihm auch bewusst geworden, dass es seine Mutter hätte treffen können. Zugegeben hätte er das jedoch niemals. Dennoch – er war ungewohnt lieb und widersprach selten. Als Charlotte vorschlug, einen Bummel durchs Viertel zu machen, stimmte er sofort zu. Er hasste Spazierengehen.
Das Wetter war launisch wie in den letzten Wochen, doch immerhin hatte Petrus am Karfreitag ein Einsehen und schickte ein paar Sonnenstrahlen. Charlotte und Patrick erkundeten ihre neue Umgebung, gönnten sich bei Boman’s am Kopernikusplatz eine heiße Schokolade und redeten über alles, nur nicht über den Anschlag auf Dana. Beide hatten Sehnsucht nach einer gewissen Normalität.
Am Karsamstag saßen sie gemeinsam vor dem Radio und lauschten auf die Stimme des Sportreporters. Bereits nach vier Minuten wurde ein Mainzer Spieler vom Platz gestellt, in der 14. Minute stand es 1:0 für den Club. Patrick jubelte. »Jetzt wäre ich gerne im Stadion«, jammerte er.
»Ich dachte, der Club ist so ein lahmer Haufen«, frotzelte Charlotte.
»Ja, ja, mach dich nur lustig über mich«, erwiderte Patrick gutmütig. »Wusstest du, dass der Club mal die erfolgreichste Mannschaft Deutschlands war?«
Charlotte wollte schon erwidern, »Das muss aber lange her sein«, doch sie biss sich auf die Zunge, sagte stattdessen nur: »Nein, wusste ich nicht. Ich habe wenig Ahnung vom Fußball.«
»Stimmt«, bestätigte Patrick ungerührt und erzählte von den Erfolgsjahren des Nürnberger Vereins. »Es gab Zeiten, da haben die die Bayern mit 7:3 weggeputzt.« Er klang so stolz, als sei es sein persönliches Verdienst gewesen.
»Woher weißt du das denn alles?«, fragte Charlotte. »Sitzt du den ganzen Tag am Computer statt zu lernen?«
Patrick schüttelte den Kopf. »Quatsch. Schorsch erzählt mir das alles.« Er schaute Charlotte an. »Der Typ ist ein wandelndes Lexikon, wenn es um den Club geht. Der weiß einfach alles.«
Charlotte empfand eine leichte Eifersucht. »Du gehst ihm hoffentlich nicht auf die Nerven?«, sagte sie und bemühte sich, jeden Tadel aus ihrer Stimme fernzuhalten.
»Keine Bange.« Patrick lachte. »Der ist wirklich dankbar, wenn ihm einer zuhört. Die anderen sind froh, dass ich jetzt da bin.«
Charlotte fragte sich, wer die anderen waren, doch da schoss der Club ein zweites Tor. Patrick sprang auf und vollführte einen Indianertanz. Sie freute sich, dass ihr Sohn sich in Nürnberg so schnell für etwas begeisterte, auch wenn es schon wieder Fußball war. Schnell schob sie den Gedanken an eine womöglich vernachlässigte Schule weg. Bisher waren die Noten nicht schlecht gewesen.
Charlotte war froh, dass sie die Feiertage mit Patrick verbringen konnte. Da Dana tot war, hatte sie jetzt Zeit und konnte an den restlichen Ferientagen etwas mit ihm unternehmen. Oftmals flog er in den Ferien zu seinen Großeltern nach England, doch diesmal wollte er hierbleiben. Für Charlotte hieß das, dass er sich in der neuen Umgebung wohl fühlte.
Obwohl es am Ostersonntag nicht besonders schön war, gingen sie in den Tiergarten. Natürlich war es wegen einer Osteraktion für Kinder voll. Dennoch gab es in dem weitläufigen Gelände genug Platz für alle. Sie warfen auch einen Blick auf die berühmte Flocke , doch von dem süßen Eisbärbaby, das man aus dem Fernsehen kannte, war nicht mehr viel übrig geblieben.
Charlotte war dankbar für jede Abwechslung. Der Anschlag auf Dana war bereits drei Tage her, doch sie hatte den Schock noch immer nicht überwunden. Nachts schreckte sie hoch, weil sie davon träumte, wie ein Mann ihr ein Paket überreichte. Charlotte wusste, es war eine Bombe, doch sie konnte das Paket nicht aus der Hand legen. Der furchtbare Anblick, der sich ihr geboten hatte, machte ihr dagegen kaum etwas aus. In diesen Dingen war sie abgehärtet.
Wallner hatte noch am Donnerstagabend angerufen und sich für das Auftreten seines Chefs entschuldigt. »Falls Ihnen noch etwas einfällt, was uns weiterhelfen könnte, sagen Sie es mir bitte«, hatte er gebeten. Charlotte hatte ihm versichert, dass das selbstverständlich sei.
Er hatte ihr dann noch »unter Kollegen« mitgeteilt, dass sie davon ausgingen, dass das Paket für Eric bestimmt war. Es lägen zwar noch keine Ergebnisse der Kriminaltechnik vor, aber Dana war einfach kein lohnendes Ziel.
Charlotte glaubte nicht daran. Das wären zu viele Zufälle gewesen: Sie war nicht da, Eric war offensichtlich
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