Foules Spiel: Ein Nürnberger Fußballkrimi (German Edition)
kleinen Balkon, mit einer Tasse Kaffee in der Hand, und genoss die Sonne, die sich jedoch nur sehr zaghaft zwischen den Wolken blicken ließ. Endlich hatte der Frühling sich auch an Bayern erinnert und die Menschen waren ins Freie geströmt, als seien sie monatelang eingesperrt gewesen.
Charlotte winkte Marita zu, die im Hof Wäsche aufhängte.
»Kummsd mid zum Maifest, am Aufseßplatz?«, rief ihre Vermieterin nach oben. »Es is nix Bsonders, kennd aber rechd lusdich wern.«
»Mal sehen«, rief Charlotte nach unten. »Ich bin eh allein. Patrick ist mit einem Freund nach Hamburg gefahren. – Fußball«, fügte sie hinzu und verdrehte die Augen.
»Sei froh, dass er ned den ganzen Dooch vorm BeeZee hockd«, erwiderte Marita.
Charlotte nickte. Marita hatte ihr vom Sohn ihrer Schwester erzählt, der den ganzen Tag vor dem Computer verbrachte, Ballerspiele spielte und sich nur noch von Cola und Pizza ernährte. Da hatte sie es mit Patrick doch wesentlich besser getroffen. Sie winkte noch einmal nach unten und rief: »Ich komm später runter.« Dann holte sie sich noch einen Kaffee. Ihr Blick fiel auf die Uhr. Es war kurz vor elf. Um eins würde der Zug in Hamburg ankommen.
Sie hatte kein gutes Gefühl gehabt, als Patrick sie am Mittwoch überraschend gefragt hatte, ob er zusammen mit einem Freund zum HSV-Spiel fahren dürfe.
»Wer ist dieser Freund?«
»Ein Typ von der Schule«, hatte ihr Sohn geantwortet und ihr dabei nicht in die Augen geblickt. »Du kennst ihn noch nicht.«
»Kann ich ihn vorher noch kennenlernen?«
»Nee, dazu ist keine Zeit mehr.«
Charlotte hatte sich gefragt, weshalb für ein kurzes Treffen keine Zeit sein sollte, aber sie ließ es auf sich beruhen. Nach mehreren handfesten Streitereien hatten sie seit einigen Tagen endlich wieder ein einigermaßen normales Verhältnis und sie wollte das mit ihrem Misstrauen nicht wieder zerstören. Patrick hatte ihr immer wieder vorgeworfen, dass sie nie da sei; also hatte sie ihm versprochen, mehr Zeit mit ihm zu verbringen. Zu ihrem Leidwesen gehörte auch ein Besuch im Easy-Credit-Stadion dazu.
Sie lächelte, als sie sich daran erinnerte. Patrick hatte ihr von seinem Taschengeld eine Bratwurst und ein Bier gekauft, dafür bekam er eine neue Baseballkappe mit der Aufschrift 110 Jahre Club. Voller Stolz erklärte er ihr alles und zeigte ihr die Max-Morlock-Statue. »Dort drüben ist die Bombe explodiert«, sagte er und deutete auf ein paar Fahnenstangen.
»Aha«, erwiderte Charlotte und zeigte sich uninteressiert. Er sollte keinesfalls den Eindruck haben, es ginge ihr um irgendwelche Fälle. »Kommt dein Freund Schorsch auch?«, wollte sie wissen.
»Er ist nicht mein Freund«, gab Patrick patzig zurück. »Wenn überhaupt, ist er ein Bekannter.«
Charlotte war überrascht, sagte aber nichts.
»Schorsch ist sicher da, aber er sitzt woanders«, sagte Patrick noch.
Charlotte war froh darüber. Sie genoss die Zeit mit ihrem Sohn und zu ihrer Überraschung stellte sie fest, dass sie auch das Fußballspiel genoss. Der Club verlor zwar, aber es war schon etwas anderes, inmitten schreiender Fans zu sitzen und mitzufiebern, statt ein Spiel im Fernseher zu sehen. Am Ende des Spiels war sie heiser.
»Jetzt bist du ein echter Fußballfan«, hatte Patrick sie ausgelacht, weil sie sich ständig räuspern musste.
»Fehlt nur noch, dass ich mir ein Trikot kaufe«, hatte sie gespottet, aber Patrick hatte nur gemeint, das komme sicher noch.
Auch ihre Beziehung mit Andreas Wallner hatte eine neue Stufe erreicht. Wobei das Wort Beziehung viel zu viel bedeutete. Er hatte ihr wie beiläufig mitgeteilt, dass er getrennt von seiner Frau lebte. Immerhin hatte er auch gesagt, dass er auf eine Versöhnung hoffte.
Sie trafen sich vor allem, um über die Fälle zu reden. Aber fast immer trafen sie sich abends in kleinen Restaurants, aßen eine Kleinigkeit und tranken eine Flasche Wein dazu. Sie hatte vor einer Woche vorgeschlagen, doch Du zueinander zu sagen, schließlich seien sie ja so etwas wie Kollegen. Er schien genauso unsicher zu sein, was sie beide anging, und Charlotte war das mehr als recht. Sie hatte sich nach Franz’ Tod geschworen, nie mehr etwas mit einem Polizisten anzufangen. Und keinesfalls wollte sie einen neuen Fall Jacob erleben. Nein, so wie es im Moment war, war es gut.
Der Anschlag auf Dana war vier Wochen her und es gab noch immer keinen Hinweis auf den Täter. Alle Spuren waren im Sande verlaufen. Auch zu dem Mord an dem Schiedsrichter und
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