Foules Spiel: Ein Nürnberger Fußballkrimi (German Edition)
fügte sie leise hinzu.
»Hat er in einer anderen Klasse Freunde?«, wollte Charlotte wissen. Frau Specht warf ihr einen merkwürdigen Blick zu, den sie nicht deuten konnte. »Was ist?«, fragte sie angstvoll.
»Wie gut ist Ihr Verhältnis zu Ihrem Sohn?«, wollte die Lehrerin wissen.
»Gut, würde ich sagen«, erwiderte Charlotte stirnrunzelnd. Was wurde das – ein Verhör? »Natürlich gibt es immer mal wieder Probleme, wie mit allen Teenagern, vermute ich. Aber im Großen und Ganzen verstehen wir uns gut.«
»Aha«, sagte Frau Specht. »Sie scheinen aber nicht zu wissen, dass Patrick bisher keinen Anschluss in der Schule gefunden hat. Er ist ein richtiger Einzelgänger.«
Charlotte schaute die Lehrerin verblüfft an. Patrick, ein Einzelgänger? Das war doch Blödsinn! »Wir reden schon vom selben Jungen?«, sagte sie irritiert.
Frau Specht nickte. »Patrick Braun, ja«, sagte sie und zählte einige seiner Daten auf.
Charlotte hob abwehrend die Hände. »In Ordnung, ich glaube Ihnen.« Sie mochte es fast nicht aussprechen: »Er hat mich wohl belogen, was das angeht.« In dem kleinen Raum hing die unausgesprochene Frage, was er ihr sonst noch alles aufgetischt hatte.
»Kann ich kurz mit der Klasse sprechen?«, bat sie.
Frau Specht nickte und führte sie zum Klassenzimmer. Sie stellte Charlotte vor und fragte dann, ob jemand wisse, wo Patrick sei.
»Der würde uns das doch nicht sagen«, rief ein Junge aus den hinteren Reihen verächtlich, und ein paar stimmten ihm zu.
Charlotte fragte noch einmal nach, bekam aber dieselbe Antwort. Sie dankte der Klasse und der Lehrerin und verließ frustriert die Schule.
Einer Eingebung folgend rief sie ihre Eltern in Harrow an. Ihre Mutter freute sich, als sie ihre Stimme hörte, nicht jedoch, als Charlotte ihr von Patricks Verschwinden berichtete. Sie hatten nichts von ihm gehört. »Sollte er sich melden, sagen wir dir sofort Bescheid«, sagte ihre Mutter.
Charlotte rief Wallner an und sagte auch ihm, dass Patrick immer noch nicht aufgetaucht sei. Andreas versprach, eine bundesweite Fahndung anzuleiern, und bat sie, alle Freunde und Bekannte zu informieren.
Für einen Moment hegte Charlotte die Hoffnung, Patrick sei inzwischen nach Hause gekommen, denn die Wohnungstür war nicht abgeschlossen. Doch offenbar hatte sie nur vergessen, am Morgen abzusperren, denn die Wohnung war unverändert und leer.
Freunde und Bekannte? Sie hatte keine Freunde. Vielleicht war ja das das Problem? Sie hatten immer nur sich selbst gehabt, seit sie wieder in Deutschland waren. Patricks Freunde waren vor allem in Manchester. In München hatte er kaum Zeit gehabt, sich neue zu suchen; in Nürnberg hatte ihm vermutlich die Lust gefehlt.
Ich habe auf der ganzen Linie versagt , dachte Charlotte verzweifelt. Dabei wollte ich es doch endlich mal gut machen.
Aber natürlich! Patrick hatte sehr wohl einen Freund in Nürnberg! Okay, er selbst hatte ihn als Bekannten bezeichnet, aber das war doch egal. Vielleicht wusste er ja etwas. Schorsch … wie war doch gleich sein Nachname gewesen?
Charlotte rief Eric an, der zum Glück auch sofort an sein Handy ging. »Ja klar, das ist der Schorsch, den kennt jeder beim Club«, sagte Eric. »Warte mal … Er heißt Georg Hasselbacher.«
»Was weißt du sonst über ihn?«
»Na ja, er ist so was wie der Superfan. Er ist jeden Tag da, bei jedem Wetter, selbst wenn kein Training ist oder in den Spielpausen. Der Typ ist schon faszinierend. Für den gibt es nur Fußball und sonst nichts.«
»Weißt du, wo er wohnt?«
»Irgendwo in Zabo, in der Nähe vom Stadion«, erwiderte Eric. »Die Straße weiß ich leider nicht. – Er ist fanatisch«, fügte er noch hinzu. »Aber ich denke, er ist harmlos.«
Das sollte sie offenbar trösten. »Danke«, sagte Charlotte und legte auf.
Georg Hasselbacher. Was hatte Patrick ihr über den Mann erzählt? Verdammt, warum hatte sie nicht besser zugehört? Sie lief in Patricks Zimmer und schaltete den Computer an. Einen Moment lang war sie versucht, seine E-Mails zu überprüfen, öffnete dann energisch die Suchmaschine. So weit war sie noch nicht!
Sie tippte Georg Hasselbacher ein und drückte auf Suchen. Über 20 000 Ergebnisse. Verdammt! Sie tippte Club hinter den Namen und drückte erneut auf den Suchbutton. Nur noch 324 Ergebnisse, das klang schon besser. Charlotte klickte verschiedene Links an und überflog die Seiten.
Richtig, Hasselbacher hatte mal in Jugendjahren für den Club gespielt. Eine Verletzung bedeutete
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