Foules Spiel: Ein Nürnberger Fußballkrimi (German Edition)
Elke fächelte sich Luft zu. »Ich sollte mal wieder Sport betreiben«, sagte sie und grinste. Dann wurde sie jedoch sofort wieder ernst. »Ich habe gerade erst von Dr. Schuster erfahren, dass Sie hier sind. Gut, dass ich Sie noch erwischt habe.«
Wallner zwang sich, geduldig zu bleiben. Sie wollte sich sicher nur wichtigmachen. Er lächelte die Krankenschwester freundlich an.
»Wir bekommen Anrufe«, sagte sie und schaute ihn erwartungsvoll an.
Wallner wartete ein paar Sekunden, ob noch etwas kommen würde, doch sie schwieg.
»Anrufe«, sagte er langsam. »Von wem?«
Die Schwester zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung«, sagte sie. »Er ruft zwei- bis dreimal täglich an und fragt nach Harry Mägerleins Zustand.«
Wallner hatte plötzlich ein gutes Gefühl. Jetzt kommen wir der Sache näher! »Er?«
»Ja, ein Mann. Er sagt keinen Namen, sagt nur: ›Ich bin’s, wie geht es Harry Mägerlein heute?‹, dann legt er auf.«
»Sie sagen nichts zu ihm?«, bohrte Wallner nach.
Die Schwester wand sich etwas, blickte sich vorsichtig um, flüsterte dann: »Na ja, eigentlich dürfen wir‘s ja nicht, aber wir sagen zumindest, dass sein Zustand unverändert ist.«
»Verstehe«, murmelte Wallner. »Sie haben keine Ahnung, wer der Mann ist?«
Schwester Elke schüttelte den Rotschopf. »Nein. Ich hatte ihn auch erst einmal am Telefon. Es ist reiner Zufall, dass wir herausgefunden haben, dass er mehrmals täglich anruft. Melli, eine meiner Kolleginnen, war länger geblieben und hatte ihn zweimal am Tag dran. Sie hat uns dann von ihm erzählt und so kam raus, dass er mehrmals täglich anruft. Meistens morgens, so gegen zehn, dann am frühen Nachmittag noch mal. Und manchmal auch abends.« Sie sah Wallner ängstlich an. »Werden Sie uns verpfeifen?«
Wallner musste wider Willen lachen. »Wir verpfeifen grundsätzlich niemanden«, sagte er. »Wir müssen der Sache allerdings nachgehen.« Er tätschelte ihr beruhigend den Arm. »Ich versuche, Sie da rauszuhalten, okay?«
»Okay«, sagte Elke und strahlte ihn an. »Danke.« Sie rannte zurück zur Station.
Marius steckte den Autoschlüssel, den er bereits in der Hand gehalten hatte, wieder ein. »Dann statten wir jetzt der Verwaltung einen Besuch ab.«
Wallner ging das Herz auf, als sie auf die Pforte zugingen, um nach dem richtigen Ansprechpartner zu fragen. An der Wand hing das Foto eines Fußballspielers, mit Signatur. Wallner versuchte verzweifelt, die Unterschrift zu entziffern. Mo … Ma … doch Mo? Beide Namen begannen zumindest mit einem M. Max Morlock? Sogar er kannte diesen Spieler. Es war einen Versuch wert.
»Toll«, sagte er ehrfürchtig und zeigte auf das Foto.
Der Pförtner, sicher in seinen Siebzigern, drehte sich um und nickte stolz. »Ja, das ist mein größter Schatz«, sagte er. »Hat mich ein großes Stück Arbeit gekostet, dass ich es hier aufhängen darf.«
»Kann ich mir vorstellen«, sagte Wallner mitfühlend. »Es ist ja nicht jeder ein Fußballfan.«
Der Pförtner verzog das Gesicht. »Nicht nur das«, jammerte er. »Es kommt noch schlimmer: Mein Kollege von der Nachtschicht ist Bayernfan. Können Sie sich das vorstellen?«
»Lieber nicht«, gab Wallner zurück und zog ein Gesicht, als habe er Zahnschmerzen.
»Genau«, pflichtete der Pförtner ihm bei. »Es geht nichts über unseren Club, nicht wahr?«
Wallner nickte und murmelte: »Toller Verein.«
»Der beste!«, stimmte der Pförtner aus tiefstem Herzen zu. »Was kann ich für Sie tun?«
Wallner zückte den Ausweis und stellte Marius vor. »Wo kommen hier die Anrufe rein?«, fragte er dann.
»Sie meinen die Zentrale?«, fragte der Pförtner zurück.
Wallner nickte.
Der alte Mann grinste. »Da haben Sie Glück, heute sitzt dort nämlich der Sepp. Der ist fast so ein großer Club-Fan wie ich. Sagen Sie ihm einen schönen Gruß von mir und er wird Ihnen alles verraten.« Er gab ihnen eine kurze Wegbeschreibung.
Wallner lachte und bedankte sich. »Ich hoffe, sie bleiben oben«, sagte er noch und zeigte noch einmal auf das Foto.
»Ach was, das schaffen die schon«, sagte der Pförtner im Brustton der Überzeugung.
Auf dem Weg zur Telefonzentrale sagte Marius erstaunt zu Wallner: »Ich wusste gar nicht, dass du Fußballfan bist.«
»Bin ich auch nicht«, gab Wallner zu. »Aber manchmal muss man eben so tun als ob.«
XVIII
A lles neu macht der Mai! Noch nie traf dieser Spruch so zu wie in diesem Jahr. Charlotte hätte am liebsten die ganze Welt umarmt. Sie saß auf ihrem
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