Foundation 02: Die Stahlhöhlen
verbeugte sich und blieb zurück.
Im Bett liegend, unter dem leuchtenden Kopfbrett, bedauerte Baley seine Entscheidung beinahe. Das Lesegerät war völlig anders konstruiert als jedes Modell, das er bisher benutzt hatte, und er hatte wirklich keine Ahnung, wie er den Film einlegen sollte. Aber er arbeitete hartnäckig und schaffte es schließlich, indem er das Gerät zerlegte und wieder zusammenbaute.
Wenigstens konnte er jetzt den Film betrachten, und wenn das Bild etwas unscharf blieb, so war dies ein bescheidener Preis für einen Augenblick der Unabhängigkeit von den Robotern.
In den nächsten anderthalb Stunden hatte er sich vier der sechs Filme betrachtet und war enttäuscht.
Er hatte sich eine Theorie aufgebaut. Er hatte geglaubt, es gäbe keinen besseren Weg, Einblick in die solarianische Lebensweise zu bekommen, als ihre Romane zu lesen. Und wenn er seine Ermittlungen vernünftig führen sollte, brauchte er diesen Einblick.
Aber diese Theorie mußte er jetzt aufgeben. Er hatte sich Romane angesehen, und es dabei nur geschafft, etwas über Leute mit lächerlichen Problemen zu erfahren, die sich albern benahmen und geradezu mysteriös reagierten. Wie kam eine Frau dazu, ihre berufliche Tätigkeit aufzugeben, als sie feststellte, daß ihr Kind denselben Beruf ergriffen hatte? Wie konnte sie sich weigern, ihre Gründe dafür zu erklären, bis es zu unerträglichen und gleichzeitig lächerlichen Komplikationen gekommen war? Und weshalb bedeutete es eine Erniedrigung für eine Ärztin und einen Künstler, einander zugeteilt zu werden, und was war so edelmütig an der Entscheidung der Ärztin, sich mit Robot-Forschung zu befassen?
Er fädelte den fünften Roman in das Lesegerät ein und schob sich das Okular vor die Augen. Er war bis auf die Knochen müde.
So müde, daß er sich nachher überhaupt nicht an den fünften Roman erinnern konnte (bei dem es sich, wie er vermutete, um eine Art Thriller handelte), mit Ausnahme der Einleitung, in der der neue Besitzer eines Anwesens seine Villa betrat und sich die Kontenfilme ansah, die ihm ein respektvoller Roboter vorlegte.
Vermutlich war er dann mit dem Lesegerät auf der Stirn und bei heller Beleuchtung eingeschlafen. Vermutlich hatte ihm später ein respektvoll eintretender Roboter vorsichtig das Lesegerät abgenommen und das Licht ausgeschaltet.
Jedenfalls schlief er und träumte von Jessie. Alles war so, wie es gewesen war. Er hatte die Erde nie verlassen. Sie würden sich jetzt gleich auf den Weg zur Gemeinschaftsküche machen und sich anschließend mit Freunden eine Subäther-Show ansehen. Sie würden die Expreßways benutzen und Leute sehen, und weder er noch Jessie hatten irgendwelche Sorgen. Er war glücklich.
Und Jessie war schön. Irgendwie hatte sie abgenommen. Warum war sie so schlank? Und so schön?
Und noch etwas stimmte nicht: Irgendwie schien die Sonne auf sie. Er blickte auf, aber da waren nur die oberen Etagen zu sehen; und doch schien die Sonne auf sie herab, brannte hell auf alles rings um sie, und niemand hatte Angst davor.
Baley wachte verstört auf. Er ließ sich von den Robotern Frühstück servieren und sagte kein Wort zu Daneel. Er sagte nichts, fragte nichts, schüttete den ausgezeichneten Kaffee in sich hinein, ohne seinen Geschmack wahrzunehmen.
Warum hatte er von der sichtbar-unsichtbaren Sonne geträumt? Er konnte verstehen, daß er von der Erde und von Jessie geträumt hatte; aber was hatte die Sonne damit zu tun? Und warum beunruhigte ihn dieser Gedanke eigentlich so?
»Partner Elijah«, sagte Daneel mit sanfter Stimme.
»Was?«
»Corwin Attlebish wird in einer halben Stunde mit Ihnen in Sichtkontakt sein. Das habe ich veranlaßt.«
»Wer, zum Teufel, ist Corwin Weißnichtwas?« fragte Baley scharf und goß sich Kaffee nach.
»Er war Agent Gruers erster Mitarbeiter, Partner Elijah, und leitet im Augenblick die Sicherheitsabteilung.«
»Dann holen Sie ihn mir jetzt!«
»Die Verabredung ist, wie ich erklärte, für etwas später getroffen worden. In einer halben Stunde.«
»Das ist mir gleichgültig. Holen Sie ihn jetzt! Das ist ein Befehl.«
»Ich werde es versuchen, Partner Elijah. Möglicherweise ist er aber nicht einverstanden, das Gespräch schon anzunehmen.«
»Dann versuchen wir es eben. Los jetzt, Daneel!«
Der kommissarische Leiter des Sicherheitsbüros nahm das Gespräch an, und Baley sah zum ersten Mal auf Solaria einen Spacer, der der üblichen irdischen Vorstellung eines solchen entsprach.
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