Foundation 03: Der Aufbruch zu den Sternen
was
mein Recht gewesen wäre.
Wenn ich jetzt darauf zurückblicke, sehe ich, daß das
sexuelle Erleben oberflächlich und mechanisch war. Ich hatte nie
einen Orgasmus. Kein einziges Mal. Daß es so etwas gab, entnahm
ich meiner Lektüre. Aber die Beschreibungen verwirrten mich nur,
und da man sie nur in importierten Büchern finden konnte –
solarianische Bücher befassen sich nie mit Sex –, konnte
ich ihnen nicht vertrauen. Ich dachte, es handle sich nur um
exotische Metaphern.
Ebensowenig konnte ich autoerotische Experimente anstellen –
zumindest keine erfolgreichen. Man nennt das, glaube ich,
Masturbation. Zumindest habe ich das Wort auf Aurora gehört. Auf
Solaria gibt es natürlich überhaupt keine Diskussionen
über Sex noch gebraucht man in der gebildeten Gesellschaft
irgendwelche auf Sex bezogene Wörter. Nicht daß es
irgendeine andere Art von Gesellschaft auf Solaria gibt.
Etwas, was ich einmal gelesen hatte, hat mir die Vorstellung
vermittelt, wie man masturbiert, und ich habe verschiedentlich
halbherzige Versuche unternommen, das dort Beschriebene zu tun. Aber
ich habe es nicht fertiggebracht. Das Tabu gegen das Berühren
menschlichen Fleisches ließ mir selbst mein eigenes verboten
und unangenehm erscheinen. Ich konnte mir mit der Hand über die
Seite streichen, ein Bein über das andere schlagen, den Druck
eines Schenkels am anderen spüren, aber das waren
beiläufige Berührungen, solche, die man nicht beachtete.
Aus dem Vorgang der Berührung ein Instrument bewußten
Vergnügens zu machen, war etwas anderes, jede Faser in mir
wußte, daß so etwas nicht sein durfte, und weil ich das
wußte, stellte sich das Vergnügen auch nicht ein. Und
daß es vielleicht ein Vergnügen bereiten könnte, wenn
es unter anderen Umständen zu einer solchen Berührung kam,
kam mir überhaupt nie in den Sinn, niemals. Warum sollte es
auch? Wie könnte es mir in den Sinn kommen?
Bis ich damals Sie berührte. Ich weiß nicht, warum ich
das getan habe. Ich empfand eine Aufwallung von Zuneigung für
Sie, weil Sie mich davor gerettet hatten, eine Mörderin zu sein.
Und außerdem waren Sie nicht ganz verboten. Sie waren kein
Solarianer. Sie waren – verzeihen Sie mir – überhaupt
nicht ganz ein Mann. Sie waren ein Geschöpf der Erde. Ihr
Aussehen war menschlich, aber Sie waren kurzlebig und
ansteckungsgefährdet, etwas, das man bestenfalls als
halbmenschlich abtun konnte.
Und deshalb konnte ich, weil Sie mich gerettet hatten und
eigentlich gar kein Mann waren, deshalb konnte ich Sie berühren.
Und, was noch mehr ist, Sie betrachteten mich nicht mit der
Feindseligkeit und dem Abscheu meines Mannes – oder mit der
sorgfältig geschulten Gleichgültigkeit von Leuten, die mich
im Trimensic betrachteten. Sie waren da, greifbar, und Ihre Augen
waren warm und besorgt. Tatsächlich zitterten Sie sogar, als
meine Hand sich Ihrer Wange näherte. Das habe ich gesehen.
Warum das so war, weiß ich nicht. Die Berührung war so
flüchtig, und die physische Empfindung unterschied sich in
keiner Weise von der, die ich wahrgenommen hätte, wenn ich
meinen Mann oder irgendeinen anderen Mann berührt hätte
– oder vielleicht sogar irgendeine Frau. Und trotzdem war daran
mehr als nur die bloße physische Empfindung. Sie waren da, Sie
begrüßten die Berührung, zeigten mir jedes Anzeichen
von dem, was ich als – als Zuneigung akzeptierte. Und als unsere
Haut – meine Hand, Ihre Wange – sich berührte, war es,
als hätte ich ein sanftes Feuer berührt, das sich im
gleichen Augenblick über meine Hand und meinen Arm ausbreitete
und mich auflodern ließ.
Ich weiß nicht, wie lange es gedauert hat – es kann ja
nur ein oder zwei Augenblicke lang gewesen sein –, aber für
mich stand die Zeit still. Mir widerfuhr etwas, das mir noch nie
zuvor widerfahren war, und bei der Erinnerung daran, viel
später, als ich gelernt hatte, was das war, wurde mir klar,
daß ich fast einen Orgasmus erlebt hatte.
Ich versuchte, es nicht zu zeigen…«
Baley, der nicht wagte, sie anzusehen, schüttelte den
Kopf.
»Nun, ich zeigte es also nicht. Ich sagte: ›Danke,
Elijah.‹ Ich sagte es für das, was Sie für mich im
Zusammenhang mit dem Tod meines Mannes getan hatten, aber ich sagte
es viel mehr dafür, daß Sie mein Leben mit Licht
erfüllt hatten, und daß Sie mir, ohne es überhaupt zu
wissen, gezeigt hatten, was es im Leben gab; dafür, daß
Sie mir eine Tür geöffnet hatten; daß Sie mir einen
Weg offenbart hatten; daß Sie mir einen
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