Foundation 03: Der Aufbruch zu den Sternen
Sie und ich haben beide
unnötig gelitten, und der Fehler liegt ganz und gar bei
mir.«
Fastolfe wirkte tief in Gedanken versunken, und Baley sagte mit
sanfter Stimme: »Und was hat das alles mit Gladia zu
tun?«
Fastolfe zuckte zusammen. »Oh! Das hatte ich ganz vergessen.
Nun, das ist recht einfach. Alles, was ich über Gladia gesagt
habe, ist wahr. Ich habe sie gemocht. Ich habe Mitgefühl mit ihr
empfunden. Ihr Talent bewundert. Aber darüber hinaus ähnelt
sie Vasilia. Die Ähnlichkeit fiel mir auf, als ich den ersten
Hyperwellenbericht von ihrer Ankunft von Solaria sah. Das war ganz
überraschend und erregte das erste Interesse in mir.« Er
seufzte. »Als mir klar wurde, daß sie ebenso wie Vasilia
im Sexualbereich Narben davongetragen hatte, war das mehr, als ich
ertragen konnte. Ich veranlaßte, daß sie in meiner
Nähe unterkam, wie sie ja sehen. Ich war immer ihr Freund und
habe mein Bestes getan, um ihr die Schwierigkeiten der Anpassung an
eine neue, fremde Welt leichter zu machen.«
»Sie ist also so etwas wie ein Tochterersatz für
Sie.«
»In gewisser Weise, ja, ich glaube, so könnten Sie es
nennen, Mr. Baley. – Sie können sich nicht vorstellen, wie
froh ich bin, daß sie nie auf den Gedanken kam, sich mir
anzubieten. Sie abzulehnen hätte bedeutet, daß ich meine
Ablehnung Vasilias noch einmal durchleben mußte. Sie aus der
Unfähigkeit heraus zu akzeptieren, diese Ablehnung zu
wiederholen, hätte mir mein Leben verbittert, denn dann
hätte ich das Gefühl gehabt, für diese Fremde –
diesen schwachen Widerschein meiner Tochter – etwas zu tun, was
ich für meine Tochter selbst nicht hatte tun können. Wie
auch immer – aber lassen wir das, Sie können jetzt wohl
begreifen, weshalb ich ursprünglich mit einer Antwort
zögerte. Irgendwie führte der Gedanke daran mein
Bewußtsein zu dieser Tragödie in meinem Leben
zurück.«
»Und Ihre andere Tochter?«
»Lumen?« sagte Fastolfe gleichgültig. »Ich
hatte nie engeren Kontakt zu ihr, obwohl ich hin und wieder von ihr
höre.«
»Soweit ich weiß, bewirbt sie sich um ein politisches
Amt.«
»Eines von lokaler Bedeutung. Bei den Globalisten.«
»Was ist das?«
»Die Globalisten? Sie bevorzugen ganz allein Aurora –
einfach unseren eigenen Globus, verstehen Sie? Die Auroraner sollen
die Führung bei der Besiedlung der Galaxis übernehmen.
Andere sollen davon abgehalten werden, soweit das möglich ist,
ganz besonders Erdenmenschen. ›Aufgeklärtes
Selbstinteresse‹ nennen sie das.«
»Das ist natürlich nicht Ihre Ansicht.«
»Natürlich nicht. Ich stehe an der Spitze der
Humanistenpartei, die daran glaubt, daß alle menschlichen Wesen
ein Recht darauf haben, ihren Anteil an der Galaxis zu bekommen. Wenn
ich von ›meinen Gegnern‹ spreche, meine ich die
Globalisten.«
»Dann ist Lumen einer Ihrer Gegner.«
»Vasilia auch. Sie gehört dem Robotikinstitut von Aurora
an – dem RIA –, das vor ein paar Jahren gegründet
wurde und von Robotikern geleitet wird, die in mir einen Dämon
sehen, der um jeden Preis besiegt werden muß. Soweit mir
freilich bekannt ist, sind meine Exehefrauen unpolitisch, vielleicht
sogar Humanisten.« Er lächelte und meinte: »Nun, Mr.
Baley, haben Sie jetzt all die Fragen gestellt, die Sie mir stellen
wollten?«
Baleys Hände suchten ziellos in seinen lose anliegenden
auroranischen Hosen nach Taschen – etwas, womit er schon
begonnen hatte, als er sie das erste Mal auf dem Schiff getragen
hatte –, fand aber keine. Sein Kompromiß war, daß er
die Arme verschränkte. »Tatsächlich, Dr. Fastolfe, bin
ich nicht einmal sicher, ob Sie mir meine erste Frage schon
beantwortet haben. Mir scheint, daß Sie nie müde werden,
der Frage auszuweichen: Warum haben Sie Jander Gladia gegeben? Wollen wir das doch auf den Tisch bringen, damit wir in etwas,
das mir jetzt wie Dunkelheit vorkommt, endlich Licht sehen
können.«
29
Wieder wurde Fastolfe rot. Diesmal hätte es Zorn sein
können, aber er fuhr fort, mit leiser Stimme zu sprechen.
»Setzen Sie mich nicht unter Druck, Mr. Baley«, sagte
er. »Ich habe Ihnen Ihre Antwort gegeben. Gladia hat mir leid
getan, und ich dachte, Jander könnte ihr Gesellschaft leisten.
Ich habe zu Ihnen offener gesprochen, als ich das mit irgendeinem
anderen tun würde, teils wegen der Lage, in der ich mich
befinde, und teils, weil Sie kein Auroraner sind. Dafür erwarte
ich ein vernünftiges Maß an Respekt von Ihnen.«
Baley biß sich auf die Unterlippe. Er war nicht
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