Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
werden.«
Junz starrte den Mann an. »Und dort hat man sie nicht weiter behelligt?«
»Hatten Sie in jüngster Zeit engeren Kontakt zu Seiner Exzellenz Ludigan Abel?«
»Was hat das mit…«
»Uns ist bekannt, daß Sie häufig in der trantoranischen Botschaft gesehen wurden.«
»Ich habe den Botschafter seit einer Woche nicht mehr gesprochen.«
»Dann kann ich Ihnen nur empfehlen, ihn aufzusuchen. Wir haben die Verbrecher in Chorows Laden in Frieden gelassen, um das doch recht empfindliche, interstellare Verhältnis zu Trantor nicht zu belasten. Es wurde in mein Ermessen gestellt, Ihnen mitzuteilen, daß Chorow, was Sie wahrscheinlich nicht überraschen wird…« – hier erschien auf dem bleichen Gesicht ein Lächeln, das man nur als hämisch bezeichnen konnte –, »unserer Sicherheitspolizei als trantoranischer Agent bestens bekannt ist.«
6
DER BOTSCHAFTER
Zehn Stunden vor Junz’ Unterredung mit dem Referenten hatte Terens Chorows Bäckerladen verlassen.
Terens tastete sich mit einer Hand an den rauhen Wänden der armseligen Arbeiterhütten entlang durch die Gassen der Stadt. Bis auf die fahlen Lichtstreifen, die in periodischen Abständen von der Oberen Stadt herabfielen, lag alles im Dunkeln. In der Unteren Stadt gab es außer den perlmuttfarbenen Kegeln aus den Taschenlampen der zu zweit und zu dritt durch die Straßen patrouillierenden Gendarmen keinerlei Straßenbeleuchtung.
Die Untere Stadt hatte sich wie ein schlafendes Ungeheuer zusammengerollt und verbarg ihren schleimigen Leib unter der Glitzerdecke der Oberen Stadt. Nur in den Vierteln, wo Agrarprodukte aus dem Umland angeliefert und eingelagert wurden, um den Bedarf des kommenden Tages zu decken, herrschte wohl weiterhin schattenhafte Betriebsamkeit, doch das war anderswo, nicht hier in den Slums.
Terens flüchtete in eine staubige Gasse (in das Schattenreich unter der Deckenplatte drangen selbst Florinas heftige nächtliche Regenschauer kaum vor), als er in der Ferne dröhnende Schritte vernahm. Mehrere Lichter tauchten auf, zogen vorüber und waren nach hundert Metern wieder verschwunden.
Die Gendarmen marschierten die ganze Nacht durch die Stadt. Viel mehr war auch nicht nötig. Die Patrouillen verbreiteten so viel Angst und Schrecken, daß sie kaum je Gewalt anzuwenden brauchten, um Ordnung zu halten.
Eine Stadt ohne Straßenbeleuchtung wäre theoretisch ein idealer Schlupfwinkel für lichtscheue Elemente gewesen, doch die hätten auch ohne die Gendarmen im Hintergrund nicht allzuviel Unheil anrichten können. Lebensmittelgeschäfte und Werkstätten wurden gut bewacht; die Obere Stadt mit ihren Luxusgütern war unerreichbar; und sich gegenseitig zu bestehlen, am Elend seiner Schicksalsgenossen zu schmarotzen, war natürlich sinnlos.
Auf anderen Welten mochte die Finsternis einen Anreiz zum Verbrechen bieten, doch auf Florina war davon kaum etwas zu spüren. Hier unten bei den Armen gab es nichts zu holen, und die Reichen waren außer Reichweite.
Terens huschte weiter. Wenn er unter einer der Deckenöffnungen hindurchging, fiel das Licht auf sein Gesicht. Dann schaute er unwillkürlich empor.
Außer Reichweite!
Waren sie das wirklich? Wie oft hatte seine Einstellung zu den ›Herren‹ von Sark in seinem Leben nun schon gewechselt? Als Kind war er eben ein Kind gewesen. Gendarmen waren Bestien in schwarzsilberner Uniform, vor denen man ganz automatisch Reißaus nahm, ob man etwas verbrochen hatte oder nicht. Die ›Herren‹ waren schemenhafte, mystische Überwesen von unendlicher Güte, sie lebten in einem Paradies namens Sark und wachten aufmerksam und mit viel Geduld über das Wohl der einfältigen Menschen auf Florina.
Jeden Tag sprach er in der Schule das gleiche Gebet: Möge der Geist der Galaxis über die ›Herren‹ wachen wie sie über uns.
Ja, dachte er jetzt. Ganz genau! Der Geist soll so mit ihnen umgehen wie sie mit uns. Nicht mehr und nicht weniger. Er ballte im Dunkeln so fest die Fäuste, daß es schmerzte.
Als Zehnjähriger hatte er in einem Schulaufsatz beschrieben, wie er sich das Leben auf Sark vorstellte. Es war ein sehr poetisches Machwerk geworden, eine Demonstration seiner schriftstellerischen Fähigkeiten. Viel war ihm davon nicht in Erinnerung geblieben, eigentlich nur ein Absatz. Darin schilderte er, wie sich die ›Herren‹ jeden Morgen in einer großen, in den Farben der Kyrtblüten gehaltenen Halle versammelten, wie sie, lauter erhabene, sechs Meter große Gestalten, mit ernsten
Weitere Kostenlose Bücher