Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
ich schon gehört«, sagte Arvardan.
»Ach, tatsächlich? Der Name Strahlenfieber geht auf die irrige Annahme zurück, die Krankheit sei auf den Kontakt mit Radioaktivität zurückzuführen. Tatsächlich erkranken Personen, die sich in radioaktiv verseuchten Gebieten aufgehalten haben, häufig daran, weil in diesen Gebieten die Wahrscheinlichkeit am größten ist, daß ein Virus mutiert und gefährliche Unterarten bildet. Auslöser der Krankheit ist und bleibt jedoch das Virus und nicht die Strahlung. Bei Strahlenfieber entwickeln sich die Symptome innerhalb von zwei Stunden. Die Lippen sind so stark betroffen, daß der Patient kaum sprechen kann, und oft tritt binnen weniger Tage der Tod ein.
Und das, Dr. Arvardan, ist nun der kritische Punkt. Der Erdenmensch hat Abwehrkräfte gegen das Gemeine Fieber entwickelt, der Außerweltler aber nicht. Gelegentlich wird ein Angehöriger der Kaiserlichen Garnison davon befallen, und dann reagiert er genauso wie ein Erdenmensch auf Strahlenfieber. Zumeist stirbt er innerhalb von zwölf Stunden. Dann wird er verbrannt – von Erdenmenschen – denn jeder andere Soldat, der ihm zu nahe kommt, ist ebenfalls dem Tod geweiht.
Das Virus wurde, wie gesagt, vor zehn Jahren isoliert. Wie die meisten filtrierbaren Viren ist es ein Nukleoproteid, allerdings besitzt es die bemerkenswerte Eigenschaft, radioaktiven Kohlenstoff, Schwefel und Phosphor in ungewöhnlich hohen Konzentrationen an sich zu binden. Wobei ungewöhnlich hoch bedeutet, daß fünfzig Prozent des Kohlenstoff-, Schwefel- und Phosphorgehalts aus radioaktiven Isotopen besteht. Man nimmt an, daß der Organismus seinen Wirt in erster Linie auf Grund der Strahlung und nicht mittels der Toxine besonders stark schädigt. Daß Erdenmenschen, die ständig der Gammastrahlung ausgesetzt sind, weniger stark darauf reagieren, leuchtet wohl ein. Ursprünglich interessierte man sich bei der Erforschung dieses Virus vor allem dafür, wie es zu der hohen Konzentration radioaktiver Isotope kam. Wie Sie wissen, lassen sich Isotope auf chemischem Wege nur mit äußerst mühsamen und langwierigen Verfahren isolieren. Auch ist außer diesem Virus kein Organismus bekannt, der dazu imstande wäre. Doch dann änderten die Forscher ihre Zielsetzung.
Ich will mich kurz fassen, Dr. Arvardan, Sie wissen wohl ohnehin schon, was nun kommt. Es wäre vielleicht möglich gewesen, sich von den Außerwelten Tiere zu Versuchszwecken zu besorgen, aber keine Menschen. Auf der Erde hielten sich zu wenige Außerweltler auf, als daß man einige davon unbemerkt hätte verschwinden lassen können. Auch durften die Pläne nicht vorzeitig bekannt werden. Also schickte man eine Gruppe von Bakteriologen unter den Synapsifikator. Durch die Behandlung wurde ihre geistige Kapazität enorm erweitert. Sie rückten der Proteinchemie und der Immunologie mit einem neuen, mathematischen Verfahren zu Leibe und entwickelten schließlich einen künstlichen Virenstamm, der so spezialisiert ist, daß er ausschließlich Menschen aus der Galaxis – Außerweltler – befällt. Inzwischen existieren von diesem Virus in kristalliner Form viele Tonnen.«
Arvardan wirkte um Jahre gealtert. Er spürte, wie ihm der Schweiß in trägen Tropfen über Schläfen und Wangen rann.
»Das heißt also«, keuchte er, »die Erde hat die Absicht, dieses Virus auf die Galaxis loszulassen, sie will einen bakteriologischen Krieg gigantischen Ausmaßes entfesseln…«
»Den wir nicht verlieren und Sie nicht gewinnen können. So ist es. Wenn die Seuche erst um sich greift, rafft sie tagtäglich Millionen dahin, und nichts kann sie mehr aufhalten. Die Menschen werden in Panik durch das All flüchten und das Virus überall verbreiten, und sollten Sie versuchen, einen ganzen Planeten zu sprengen, so kann die Krankheit jederzeit anderswo erneut zum Ausbruch gebracht werden. Zunächst wird es keinen Anlaß geben, die Katastrophe mit der Erde in Zusammenhang zu bringen. Und bis die Tatsache, daß wir allein am Leben bleiben, Verdacht erregt, sind die Verwüstungen so weit fortgeschritten und die Außerweltler so verzweifelt, daß ihnen alles egal ist.«
»Und alle werden sterben?« Die Vorstellung war so entsetzlich, daß sein Verstand sich weigerte, sie zu akzeptieren.
»Nicht unbedingt. Die neue Bakteriologie hat zwei Seiten. Es gibt auch ein Antitoxin, und wir sind imstande, es herzustellen. Bei einer frühzeitigen Kapitulation könnte es zum Einsatz kommen. Vielleicht bleiben auch ein paar entlegene
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