Foundation Trilogie 1 - Der Tausend-Jahres-Plan
sich, einzugestehen, daß wir überhaupt bedroht werden. Dann setzten sie in blindem Glauben auf den Kaiser. Jetzt haben Sie diesen Glauben auf Hari Seldon übertragen. Immerzu haben Sie sich auf eine Autorität oder die Vergangenheit verlassen - niemals auf sich selbst.«
Seine Hände ballten sich zu Fäusten. »Es läuft auf eine krankhafte Haltung hinaus - auf einen anerzogenen Reflex, der Sie immer, wenn es notwendig wäre, sich einer Autorität entgegenzustellen, am selbständigen Denken hindert. Sie zweifeln niemals daran, daß der Kaiser mächtiger und daß Hari Seldon klüger ist als Sie. Und das ist falsch, begreifen Sie das nicht?«
Aus irgendeinem Grund lag niemandem daran, ihm zu antworten.
Hardin fuhr fort: »Sie sind nicht allein so. Die ganze Galaxis ist es. Pirenne hat gehört, was sich Lord Dorwin unter wissenschaftlicher Forschung vorstellt. Lord Dorwin meinte, ein guter Archäologe sei man, wenn man alle Bücher über das Thema lese - geschrieben von Männern, die seit Jahrhunderten tot sind. Er meinte, archäologische Rätsel löse man, indem man sich widersprechende Urteile der Fachleute gegeneinander abwägt. Und Pirenne hörte dem zu und hatte nichts dagegen einzuwenden. Sehen Sie nicht, daß da etwas nicht stimmt?«
Wieder klang seine Stimme beinahe bittend. Wieder erhielt er keine Antwort.
»Und Sie und mit Ihnen halb Terminus sind genauso schlimm. Wir sitzen hier und haben nichts als die Enzyklopädie im Kopf. Wir meinen, das höchste Ziel der Wissenschaft sei die Klassifizierung von Daten aus der Vergangenheit. Sicher ist das wichtig, aber gibt es sonst keine Arbeit zu tun? Wir machen Rückschritte und vergessen, sehen Sie das nicht? Hier an der Peripherie ist der Menschheit die Atomenergie verlorengegangen. Auf Gamma Andromeda ist ein Kraftwerk explodiert, weil es nicht richtig gewartet wurde, und der Kanzler des Reichs klagt, Nukleartechniker seien rar. Und die Lösung? Werden neue ausgebildet? Nein! Statt dessen wird die Atomenergie beschränkt.«
Und zum drittenmal: »Sehen Sie das nicht? Es zieht sich über die ganze Galaxis hin. Es ist die Anbetung der Vergangenheit. Es ist Stagnation!«
Er blickte von einem zum anderen, und sie starrten wie gebannt zurück.
Fara erholte sich als erster. »Nun, mystische Philosophie hilft uns nicht weiter. Kommen wir zur Sache! Leugnen Sie, daß Hari Seldon mittels einfacher psychologischer Techniken historische Entwicklungen mühelos in die Zukunft hätte extrapolieren können?«
»Das leugne ich natürlich nicht!«, rief Hardin. »Wir dürfen uns nur nicht darauf verlassen, daß er uns eine Lösung präsentiert. Bestenfalls bezeichnet er das Problem, aber wenn es jemals eine Lösung geben soll, müssen wir sie selbst ausarbeiten. Er kann das nicht für uns tun.«
Fulham fragte plötzlich: »Was meinen Sie damit, er werde das Problem >bezeichnen Wir kennen das Problem.«
Hardin fuhr zu ihm herum. »Sie glauben, Sie kennen es? Sie glauben, Hari Seldon brauchte sich um nichts anderes als Anakreon Sorgen zu machen? Da bin ich anderer Meinung! Ich sage Ihnen, Gentlemen, bisher hat noch keiner von Ihnen die leiseste Ahnung, was in Wirklichkeit vor sich geht.«
»Und Sie wissen es?« fragte Pirenne feindselig.
»Ich denke doch!« Hardin sprang von neuem auf und schob seinen Sessel zurück. Seine Augen waren kalt und hart. »Eins steht fest: Die ganze Situation stinkt. Dahinter steckt etwas, das größer ist als alles, worüber wir hier geredet haben. Stellen Sie sich selbst diese Frage: Warum gehörte zu den ursprünglichen Mitgliedern der Foundation kein einziger erstklassiger Psychologe, abgesehen von Bor Alurin? Und der hütete sich sorgfältig davor, seinen Schülern mehr als die Grundbegriffe beizubringen.« Nach kurzem Schweigen sagte Fara: »Na schön. Warum?«
»Vielleicht weil ein Psychologe erkannt hätte, um was das alles geht - und eher, als es Hari Seldon paßte. Wie die Dinge lagen, sind wir herumgestolpert, haben undeutliche Blicke auf die Wahrheit erhascht und sonst nichts. Und das ist es, was Hari Seldon wollte.«
Er lachte hart auf. »Guten Tag, Gentlemen!« Er stolzierte aus dem Raum.
14
Ein Coup d’etat
Bürgermeister Hardin kaute am Ende seiner Zigarre. Sie war ausgegangen, aber er war darüber hinaus, so etwas zu bemerken. In der vergangenen Nacht hatte er nicht geschlafen, und er hegte den begründeten Verdacht, daß er auch in der kommenden Nacht nicht schlafen würde. Man sah es an seinen Augen.
Müde
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