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Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition)

Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition)

Titel: Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Schnitt
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Marder feuerte auf den Jeep. Und ihr wisst, was die 20-mm-Geschosse anrichten. Der ist nur noch brennend ausgerollt. Erst später haben wir gesehen, dass die Insassen afghanische Soldaten waren. Den Anblick werde ich nie vergessen.«
    Pause. Dann sagt Bachert: »Wir haben uns nichts vorzuwerfen. Wir haben sie gewarnt. Sie haben einfach nicht angehalten. Was hätten wir machen sollen? Trotzdem eine Riesenscheiße.« Und: »Das ist eben Krieg.«
    Nach der Rückkehr von seinem ersten Einsatz, erzählt mir Bachert später, habe er beim Autofahren immer hauptsächlich nach rechts geguckt. Bis seine Freundin ihn irgendwann fragte, was er denn da mache. Bachert: »Ich habe immer unbewusst nach IEDs geguckt! Aber das ist mir vorher gar nicht aufgefallen!«
    Auf meine Frage, ob er als Scharfschütze selbst getötet hat, antwortet Bachert nicht direkt, aber deutlich genug: »Ich habe in einen Busch geschossen, da saß einer drin. Danach kam von dort kein Beschuss mehr.« Bacherts Waffe war das Scharfschützen-Gewehr G82, die Waffe kann Ziele bis auf 1200 Meter bekämpfen. Die 12,7×99-Kaliber-Patronen reißen Löcher groß wie Untertassen in einen menschlichen Körper. »Bilder, die du nie wieder vergisst«, sagt Bachert. Der 27-Jährige hat seinen Einsätzen einige »Bilder, die man nicht mehr vergisst«, zu verdanken. Im Sinne des Tatbestandes hat ihn sein Einsatz für Deutschland auch zum Totschläger gemacht. Natürlich gerechtfertigt, aber dass ich vor mir einen jungen Mann habe, der für Deutschland getötet hat, macht mir ein diffuses Unbehagen. Mein Land schickt seit dem »Afghanistan-Auftrag« wieder junge Männer zum Töten hinaus in die Welt.
    Auch mit Schellenberger spreche ich über den Frust der Scharfschützen. »Klar, die Männer wollen den Feind bekämpfen«, sagt er. »Und hier war die Wahrscheinlichkeit sehr sehr hoch, dass es sich um Aufständische gehandelt hat, die IEDs vergraben haben. Aber wir brauchen eine hundertprozentige Bestätigung. Ein starker Verdacht hilft uns nichts. Was, wenn wir geschossen hätten, und dann waren es doch nur Bauern, die in der Nacht ihre Bewässerungsgräben überprüft haben? Dann würde der Schaden den Nutzen – wären es denn Aufständische gewesen – bei weitem übersteigen. Ein toter Zivilist treibt seine ganze Familie, manchmal das ganze Dorf in die Arme der Aufständischen. Viele Probleme in Afghanistan haben wir, weil wir als ISAF das zu spät begriffen haben. Dass das in einer Situation wie heute für die Männer frustrierend ist, kann ich natürlich auch verstehen.«
    So einiges an der Strategie der Aufstandsbekämpfung ist für die deutschen Soldaten frustrierend und manchmal nur schwer nachzuvollziehen. Eine Strategie, die ehemalige Feinde (die LSF-Kräfte) zu Verbündeten macht. Eine Strategie, die Soldaten dazu zwingt, mehr oder weniger tatenlos dabei zuzusehen, wie der Feind seine Sprengfallen legt.

Kunduz – Hamburg – Kunduz
    Am nächsten Morgen fahre ich mit dem Spieß zurück ins Feldlager Kunduz. Vier Wochen Hamburg stehen für mich an. Vier Wochen zu Hause, während die Jungs in Staub und Schlamm von Kunduz ausharren müssen. Inzwischen weiß auch ich, was das bedeutet. Und weiß: Das Schlimmste daran ist weniger die eigene Sorge als die Sorge der Familie und der Partnerin. Ich weiß – und die Soldaten wissen –, wann Sorge angebracht ist und wann wir in relativer Sicherheit sind. Diejenigen, die zu Hause warten, denken ständig an die Bedrohung. Sie kennen nur die Nachrichten – meistens sind es schlechte – und können nicht einschätzen, was vor Ort passiert. Jeder, der nach Afghanistan geht, mutet denen, die ihn lieben, genauso viel Krieg zu wie sich selbst.
    Diesmal lande ich am Militärflughafen Köln-Wahn. Ich nehme ein Taxi zum Bahnhof, um von dort mit dem Zug nach Hamburg zu fahren. Es ist Freitagabend, der Bahnhof scheint Treffpunkt für die jungen Leute zu sein, die feiern gehen wollen. Die Mädchen haben sich hübsch zurechtgemacht. Schminke, kurze Röcke. Die Jungs haben Bierflaschen oder Alkopops in der Hand. Die Stimmung ist aufgedreht und laut. »Thank God it’s Friday«, sagt einer. Ich sehe die jungen Männer kurz vor ihrer Party-Nacht und denke an die jungen Männer im PHQ Kunduz.
    Meiner Freundin laufen die Tränen, als sich mich zur Begrüßung umarmt. »Abgekämpft siehst du aus«, sagt sie. Ich schiebe es auf den langen Flug. Wieder merke ich, wie viel ich ihr mit meinem Projekt zumute. Jeder kennt die Geschichten von

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