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Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition)

Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition)

Titel: Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Schnitt
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Alters, im Hintergrund die Lüneburger Heide. »Und meine Tochter ist auch am Start.« Voller Stolz zeigt er das Foto eines pausbäckigen kleinen Mädchens herum, das etwas verwirrt in die Kamera blickt.
    In Schröders Paket: »Deutscher Schinken. Und Wurst. Und ’ne Sport-BILD und eine Autozeitung. Kann ich alles sehr gut gebrauchen.«
    Dann liest er den Brief seiner Eltern.
    Mir fällt wieder ein, was Schröder mir einmal über seine Kindheit gesagt hat: »Ich bin ein typisches Kind vom Lande. Ich war teilweise schüchtern, aber wenn ich dann etwas aufgetaut bin, forsch.«
    Jetzt schaut er auf das Bild seiner Eltern. »Ich hatte eine sorgenfreie Jugend, muss ich gestehen.«
    Spieß Icks kommt mit einem Blechkuchen und Berlinern in den Besprechungsraum. »So, mein lieber Oberfeldwebel. Was die Familie heute nicht kann, wollen wir dir ersetzen. Geld und gute Kameraden hast du ja. Also, alles Gute zum Geburtstag. Bleib gesund!«
    Am Abend laufen Schröders Jungs – Körner, Chill und Wild – den Gang hinunter zu Schröders Bude. Chill trägt ein Stoffbündel: eine sehr spezielle Überraschung von Foxtrott 4 für ihren Gruppenführer.
    Die Jungs klopfen an Schröders Tür. Als der öffnet, überreicht Chill ihm das Bündel: »Stellvertretend nochmal von deinem Trupp alles Gute zum Geburtstag!«
    Schröder packt das Geschenk aus. Inhalt: alles, was man für den lokalen Look braucht. Afghanisches Gewand, traditionelle Mütze und natürlich Sandalen.
    Schröder lacht: »Ihr Atzen! Ich geh mir das jetzt für euch anziehen.«
    Die anderen drei stehen feixend vor der Tür und warten, bis sich Schröder die afghanische Kluft – die Soldaten nennen es »Kuddl-Kostüm« – übergeworfen hat.
    »Die Stimmung bei uns in der Gruppe verbessert sich eigentlich immer mehr«, sagt mir Wild. »Je länger wir hier sind. Wir wissen, wie wir zusammenarbeiten und wie der andere denkt. Wir sind ein richtig eingespieltes Team.«
    Die Tür öffnet sich. Schröder kommt im »Kuddl-Kostüm« aus der Stube. Es steht ihm fantastisch. Wir grölen vor Lachen. Auf den ersten Blick – ein Afghane! Schröder stolziert auf dem Gang auf und ab.
    »Fühlt sich gar nicht schlecht an! Ich geh jetzt noch mal ein paar Kameraden besuchen.«

Heimweh-Skizzen
    Eine Nachtfahrt im Dingo. Alles ist ruhig. Der Mond hängt riesig über uns. Plötzlich bricht es aus Totti Körner raus: »Machen wir hier überhaupt mal irgendwas Spannendes oder so!? Nur so’n Kram. Scheiß! Piss!«
    Dann wieder Schweigen. Fahren. In die Dunkelheit starren.
    Ein paar Nächte später im PHQ Chahar Darreh.
    Chill und Körner hocken, oben ohne, auf ihren Feldbetten, trinken Kaffee, rauchen, tippen SMS in ihre Handys. Seit drei Monaten sind sie jetzt in Afghanistan.
    Chill: »Dieser ganz normale, alltägliche Trott. Was zu Hause eigentlich so alltäglich und normal war, das vermisst man hier sehr stark …«
    Wild schnürt an seinen Stiefeln. Zu oder auf? Sieht aus, als könnte er sich nicht entscheiden. Schließlich schnürt er sie zu und geht nach draußen. Wacheschieben.
    Chill: »… und meine Kleine vermisse ich. Das Auto, solche Sachen. Einfach mal wieder morgens früh zum Bäcker fahren. Mit der Familie zusammensitzen – grillen. Halt was anderes machen als das hier.«
    Fragt Totti sich auch manchmal, was sie hier machen?
    »Die Frage stelle ich mir total oft. Gerade, wenn wir so sinnloses Zeug machen. Zum Beispiel ewig lang draußen rumsitzen und rumstehen für nichts und wieder nichts.«
    Wild auf dem Wachturm, Kaffee trinkend: »Das ganze Land nervt. Das ist wie ein Pickel, der stört. Am Anfang war es ja noch ein bisschen spannend, war interessant …«
    Unten geht ein Soldat vorbei. Auf seinem T-Shirt steht: »Afghanistan – wenn du nie da warst, dann halt den Mund.«

Matthias Chill – Interview
    nach drei Monaten im Einsatz
    26 Jahre
    Stabsgefreiter
    Verlobt
    Merseburg, Sachsen-Anhalt
    ◆ Wie läuft es so bei dir?
    Wir sind seit Wochen nur in Action: Nachbereitung, Vorbereitung – und wieder raus. Und bei all dem ist es extrem schlammig und kalt. Dazu der Gestank, der hier überall herrscht. Typischer Geruch, den kenne ich nur von hier. Wie soll ich das beschreiben? Die leben hier wie vor hundert Jahren. Du siehst Kinder barfuß im Schlamm rumrennen. Das ist ein komisches Volk. Man ist dauernd damit beschäftigt, den Typen auf die Hände zu gucken. Irgendwelche Leute, die sich abseits halten – sofort schaut man genau hin, ob die nicht ein Telefon in der Hand

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