Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition)

Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition)

Titel: Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Schnitt
Vom Netzwerk:
große Gruppe schwarzer Vögel auf einem Feld niedergelassen.
    Schröder bekommt einen Funkspruch. Ich höre den Funk nicht, sehe nur, wie Schröders Miene sich verfinstert. Dann gibt er die Lageinformation an uns weiter: »Schwerer IED-Anschlag im Baghlan-Verantwortungsbereich der Task Force Mazar-i Sharif. Vermutlich mehrere Verwundete und auch gefallene Kameraden. Das wird aber weiter geprüft. Habt ihr mich?«
    Zur Task Force Mazar-i Sharif gehört auch ein Zug aus Munster. Man kennt sich. Alle sind jetzt angespannt, machen sich Sorgen. Schröder zu Wild: »Wollen wir mal hoffen, dass es keine von uns sind, ey. So eine Scheiße.« Alle rauchen nervös. Schröder nicht, er kaut auf seiner Lippe. Dreht am Ehering.
    Nach ein paar langen Minuten rauscht erneut der Funk: »Hier Golf 2, ergänzende Lageinformation für Foxtrott: Betreff IED-Anschlag Raum Baghlan. 3 Tote, 2 Verwundete KAT Alpha (Kategorie A – Schwerstverletzt) . Diese werden vermutlich ausgeflogen in das PRT Kunduz. Dies hat eventuelle Konsequenzen für die Operationsführung wegen Verfügbarkeit Rett-Zentrum.«
    Die Soldaten hören angespannt zu. Pause.
    Dann: »Es betrifft keine ISAF-Soldaten, sondern ANCOP (Spezialeinheit der afghanischen Polizei). Kommen.«
    Die Soldaten wissen, dass ihre Reaktion – ein erlösendes Puuhh! – bei drei Toten nicht korrekt ist. Das sagen sie auch. Aber sie sind nun mal erleichtert, dass es nicht ihre Kameraden aus Munster getroffen hat.
    Jetzt befiehlt Zugführer Andi Isensee über Funk: »Geordnet aufsitzen. 360 Grad Ende.«
    Wie im Funkspruch vorausgesagt, kann die Operation wegen der Auslastung des Rettungszentrums in Kunduz nicht weiter fortgeführt werden.
    Schröder: »Das war leider der Befehl. Abmarschbereitschaft herstellen!« Schröder und Wild stehen auf. Wild stöhnt laut und genervt. Allen ist klar: Wir werden ein sehr provisorisches Lager für die Nacht beziehen müssen. Der Zug darf sich nur so weit bewegen wie unbedingt nötig. Eine Fahrt zum Safe House kommt nicht in Frage. Ohne die Möglichkeit medizinischer Versorgung dürfen die Soldaten sich nirgendwo hinbewegen.
    Auf einem abgeernteten Acker sammeln sich die Fahrzeuge. Schröder weist Chill im Dingo den Platz auf dem Acker zu. Die Fahrzeuge bilden eine Wagenburg: ein Kreis auf dem Acker. Die anderen Fahrzeuge des Zuges rumpeln in ihre Positionen. Ein ungemütlicher Ort hier – und ungeschützt. Für heute Nacht unser provisorisches Lager.
    Ein Marder-Schützenpanzer rollt dicht an Schröder vorbei, während er Chill die letzten Anweisungen gibt. Die Jungs holen ihr Gepäck aus dem Laderaum. Solche Situationen sind nicht beliebt, aber die Soldaten sind darauf vorbereitet. Jeder hat sein Day-Pack dabei – einen Rucksack, mit dem man 24 Stunden überleben kann. Die Feldbetten und die Plane sind eh immer im Kofferraum verstaut.
    Wild weist mich kurz ein: »Wenn wir auf so einem Acker ankommen, da ist man in allererster Linie ausgeliefert. Der Feind braucht bloß ranzukommen, mit der RPG (Rocket Propelled Grenade, russische Panzerfaust) loszufeuern, und irgendeinen trifft es sowieso. Deshalb die Wagenburg und 360 Grad Sicherung aus den Fahrzeugen heraus.«
    Ich hoffe ja nur, dass bei der Wache keiner einschläft.
    Wild kommt zum praktischen Teil: »Wir müssen jetzt alles aufbauen, TARP, Schlafsäcke, Feldbetten, so dass man die Nacht halbwegs überleben kann.«
    Die Männer bauen das Lager auf. Alle haben einen Hals, sind genervt und gereizt.
    Schröder: »Gina! Pi-Schnur!« Gina/Wild: »Ist im Fahrzeug.«
    Schröder: »Wo im Fahrzeug?« Gina: »Im Mittelfach.«
    Schröder: »Hol sie her, Mann!«
    Später erklärt mir Chill: »Man merkt jetzt schon: Wir sind im fünften Monat. Ich merke es an mir selber. Ich bin leicht reizbar. Ich fahr mal schneller hoch. Aber das ist auch bei Totti so, bei Gina so. Bei uns ist so langsam das Maß voll. Wir wollen eigentlich nur noch nach Hause.«
    Nach ein paar Problemen und noch mehr Pöbeleien steht das Lager für die Nacht, kurz bevor die Sonne untergeht.
    19:00 Uhr I 1 Grad
    Schröder sitzt mit seinen Jungs unter der Plastikplane, die vom Dingo runter zum Boden gespannt ist. »Kurze Befehlsausgabe. Wir machen eine Patrouille vor Mitternacht …«
    Die Männer tragen dicke Pullover unter ihrer Uniform. Alle haben Mützen auf dem Kopf.
    »… im Zeitraum von 22:00 bis 24:00 Uhr wird das ganze Ding starten. Ich denk mal, maximal zwei Stunden.«
    Bis dahin wird noch ein Pulver-Cappuccino auf dem Gaskocher

Weitere Kostenlose Bücher