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Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition)

Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition)

Titel: Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Schnitt
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gemacht. Als wir alle mit dem heißen Getränk und, außer Schröder, mit einer Zigarette in der Hand unter der Plane hocken, frage ich nach dem härtesten Moment im Einsatz.
    Wild: »Fünf Monate … da nervt es nur noch. Man will nur noch nach Hause. Ist klar …«
    Chill: »Also, ich hatte hier jetzt noch nicht den übelsten Tiefpunkt.«
    Schröder: »Bei mir gab es den. Und zwar habe ich die Einladung zum Geburtstag von meiner Tochter gekriegt. Das war schwierig … ja.«
    Um 23:30 Uhr machen sich die Männer von Fox 4 fertig für die Nachtpatrouille. Schröder setzt sich seine Mütze auf. Schnürt die Stiefel fest. Alle montieren die Nachsichtgeräte an ihre Helme. Dann verschwinden sie in der Finsternis.

Ehrungen zur Heiligen Nacht
    PRT KUNDUZ – Feldlager der Bundeswehr,
    24. Dezember 2011
    Die Soldaten der 3. Kompanie stehen angetreten in Reih und Glied vor Hauptmann Schellenberger: »Guten Tag, 3. Kompanie!«
    »Guten Tag, Herr Hauptmann!«, brüllt es aus 180 Kehlen.
    Schellenberger: »Kompanie, rührt euch!«
    Chill guckt ernst geradeaus. Lockert seine Haltung.
    Schellenberger: »Es tritt zunächst vor der Stabsgefreite Chill.« Der Hauptmann ruft weitere Namen auf, dann: »Der Hauptgefreite Wild.«
    Schröder und Körner stehen noch in Reih und Glied. Während Kompanie-Chef Schellenberger fortfährt: »Ich habe jetzt die Ehre, eine Auszeichnung des Präsidenten des Landtages Sachsen-Anhalt zu überreichen. Ich persönlich mache das sehr gerne, ich überreiche sehr gerne diese Medaille, weil das für mich in der Tat ein anfassbares Zeichen der Wertschätzung aus Deutschland für den Beitrag, den wir hier leisten, und für unsere Leute ist.«
    Schellenberger überreicht die Medaillen an seine beiden Soldaten aus Sachsen-Anhalt, und ich erinnere mich an das, was Wild zum Thema Wertschätzung gesagt hat: »Da muss ich sagen: Die Bürger sollen wirklich mal darüber nachdenken, was der heutige Soldat macht. Ich weiß, woran ich glaube, ich weiß, was ich tue. Und darauf bin ich stolz.«
    Schellenberger steht vor seiner angetretenen Kompanie. Seit 176 Tagen sind die Soldaten im Einsatz:
    »Weihnachten 2011 in Afghanistan. Ich denke mal, dass sich in der Tat die große Masse von uns durchaus einen schöneren Ort vorstellen könnte, wo das Weihnachtsfest gefeiert werden könnte …«
    Schröder schaut ernst geradeaus. Auch die anderen Soldaten wirken starr und unberührt. Perfekt angetreten.
    »… für mich selber kann ich sagen, es war uns allen bewusst, dass wir Weihnachten und Silvester hier sein würden. Man konnte sich auch gedanklich drauf einstellen. Allerdings habe ich heute Morgen schon die Gelegenheit genutzt, mit meiner Frau und meiner Tochter zu skypen. Und dann merkt man eben doch, was man vermisst.«
    Am frühen Abend skypen auch Chill und Schröder im Internet-Café des Feldlagers mit ihren Familien.
    Chill sitzt vor einem Computer, es tutet, dann ist die Verbindung da: Auf dem Bildschirm erscheinen seine Verlobte und ihre Mutter. Freudiges »Hallo!«. Chill strahlt: »Fröhliche Weihnachten! Habt ihr schön abgesahnt?«
    Chills Verlobte: »Ja, wir hatten grad Bescherung. Guck mal, mein neuer Pullover!« Sie präsentiert ein schwarz-weiß gestreiftes Teil. Man merkt dem Paar an, wie sehr sie sich freuen, miteinander zu sprechen.
    Bei Schröder ist die Stimmung etwas gedrückter. Hier überwiegt das Vermissen. Seine kleine Tochter erscheint immer wieder im Bild, und man merkt dem jungen Vater an, wie sehr es ihn quält, das erste Weihnachten in ihrem Leben nicht bei ihr und seiner Frau zu sein.
    In einem ruhigen Moment hatte er mir von seiner Tochter erzählt: »Als ich weggeflogen bin, war sie noch ein kleiner Wurm, der am liebsten auf dem Arm lag. Und jetzt kann sie schon krabbeln, kann sitzen und isst teilweise schon alleine mit dem Löffel. Ich weiß nicht, wie sie reagieren wird, wenn sie mich wiedersieht. Das ist so ein Grundangst-Gedanke, den ich habe, dass meine Tochter an mir vorbeiläuft und zum Falschen rennt. Hört sich blöd an, aber das sind so Gedanken.«
    Im Hintergrund der Tannenbaum, davor Schröders Frau, immer wieder schaut Tochter Lotta in die Kamera. Das Gespräch ist liebevoll, aber nicht fröhlich. »Ich meld mich dann per SMS die nächsten Tage, ruf auf jeden Fall noch mal durch.« Schröders Tochter kommt ins Bild. »Tschüss Lottchen«.
    Bei Chill sitzt nun auch der zukünftige Schwiegervater vor der Kamera. Die Schwiegermutter fragt, wie denn das Weihnachtsessen in

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