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Fränkisch Schafkopf

Fränkisch Schafkopf

Titel: Fränkisch Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kirsch
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bekommen von Ihnen nähere Informationen dazu als von jemand anderem, der über diese Beziehung vielleicht abfällig und herabsetzend spricht, oder?«
    Aus den Augenwinkeln registrierte sie, wie Eva Brunner ihr bestätigend zunickte. Sie sah Weberknecht direkt in die Augen. Und wartete.
    Schließlich antwortete er mit dieser dünnen Stimme, die jetzt noch brüchiger klang: »Das Verhältnis zu Phinyoyos, übrigens eine Thailänderin, keine Vietnamesin, ist anders, als es vielleicht für Außenstehende aussehen mag. Ulli hatte diese Frau richtig gern, das hat er oft gesagt: ›Mein Schneckala, ich hol dich nach Deutschland, dann brauchst du nicht mehr auf die Straße.‹ Und das hat er ernst gemeint, glauben Sie mir. Kennengelernt hat er sie während eines Urlaubs in Thailand. Das war aber nicht seine Absicht, als er dorthin fuhr, er wollte nicht in erster Linie, na, Sie verstehen schon …«
    Sie deutete ihr Verstehen, nicht ihr Verständnis, mit einem millimeterkurzen Kopfnicken an.
    Â»Er wollte einfach auch mal raus und was anderes sehen als immer nur seine Wohnung. So hat er halt 2007 diese Gruppenreise gebucht, gar nicht so teuer, zwei Wochen Thailand, ein Badeurlaub mit Ausflügen zu den wichtigsten Kulturstätten. Ja, und da hat er sie kurz vor seiner Abreise kennengelernt und sich sofort in sie verliebt.«
    Â»Ist er später noch mal nach Thailand geflogen?«
    Â»Ja, jedes Jahr. Und jedes Mal hat er sich wie ein kleines Kind auf sie gefreut. Sechs Wochen war er dann fort. Immer zu Anfang Februar bis Anfang März. Wenn er wieder hier war, brauchte er lange, um sich wieder in sein Singledasein einzufinden.«
    Hatte Weberknecht nicht soeben behauptet, »fürs Verreisen war Ulli eh keiner«? Das wäre eine Strafe für ihn gewesen? Also hatte er sie angelogen. Oder er sah diese Fernreisen nicht als solche, sondern unter dem Aspekt der Zusammenkunft, als Stippvisiten mit Besuchscharakter. Sie ließ diesen Widerspruch auf sich beruhen; er spielte momentan keine Rolle.
    Â»Dann habe ich nur mehr eine Frage: Hatte Herr Jakobsohn mit jemandem Streit?«
    Â»Nein«, kam es wie aus der Pistole geschossen und damit zu schnell, um Paula zu überzeugen.
    Â»Aber vielleicht fällt Ihnen ja ein Grund ein für den Mord an Ihrem Freund? Wer könnte denn ein Motiv gehabt haben, Herrn Jakobsohn zu töten? Bitte überlegen Sie genau, lassen Sie sich Zeit für diese Antwort.«
    Doch Weberknecht hatte bereits, während sie ihre Frage stellte, den Kopf geschüttelt. »Nein, da gibt es keinen Grund, wirklich nicht. Außerdem war der Ulli jemand, der jedem Streit, ach was Streit, jeder kleinsten Unstimmigkeit beharrlich aus dem Weg ging. Das hab ich ihm auch manchmal vorgeworfen. Dass er so wetterwendisch sei. Bei Differenzen ist er sofort eingeknickt. Und Menschen, die er nicht mochte oder umgekehrt: die ihm einmal blöd kamen, hat er rigoros aus seinem Bekanntenkreis gestrichen. Er war halt sehr auf Harmonie bedacht, schon immer.«
    Kurze Pause, dann der Nachsatz: »Eben darum kann ich es fast gar nicht glauben, dass ihn jemand umgebracht hat. Und vor allem auch: warum? Er hatte doch nichts, bis auf seine Wohnung und seine Plattensammlung. Selbst die Stereoanlage war höchstens Mittelmaß.«
    Â»Wie war eigentlich sein Verhältnis zu seinem Nachbarn, diesem …«
    Â»Zu Julian Lustig? Ach, anfangs sehr gut. Dann nicht mehr. Nach diesem Vorfall.«
    Â»Nach welchem Vorfall?«
    Â»Ich glaube nicht, dass das hierhergehört«, versuchte Weberknecht, sich einer Antwort zu entziehen.
    Â»Das gehört mit Sicherheit hierher! Also, was hat es mit dieser Sache auf sich?«
    Â»Na ja, Lustig raucht halt gern ab und zu einen Joint. Das ist ja nicht weiter schlimm, finde ich. Aber er hatte oder hat, das weiß ich jetzt nicht, auf seinem Balkon etliche Cannabispflanzen stehen, natürlich versteckt, sodass sie niemand sieht. Und auf diese Pflanzen sollte der Ulli im letzten Sommer, als Lustig für zwei Wochen nicht da war, aufpassen, das heißt: sie regelmäßig gießen. Das hat er bewusst nicht gemacht. Ulrich war nämlich der Meinung, solches Zeug braucht kein Mensch, da sei der Einstieg in härtere Drogen schon vorprogrammiert. Er hat das als reine Erziehungsmaßnahme gesehen. Die ist aber nicht gut angekommen bei Herrn Lustig. Seitdem war ihr Verhältnis auf jeden Fall merklich

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