Fränkisch Schafkopf
Tatwaffe, die Gardinenstange noch irgendwelche belastenden Unterlagen.«
Auf der Fahrt zu ihrem Zielort hatte sie eine Eingebung. »Rückersdorf und Lauf sind nur zwei Kilometer voneinander entfernt. Das würde doch passen. Bestimmt hat Eigner auch diese Ãberweisungen âºFür treue Diensteâ¹ auf Jakobsohns Girokonto veranlasst.«
Als sie vor Eigners Arbeitsplatz â ein hübsches Einfamilienhaus aus den fünfziger Jahren, tief im Grünen verborgen â stand, regten sich bei ihr Zweifel. War das nicht ein wenig voreilig von ihr gewesen, sich bei dem, was ihnen nun bevorstand, nur auf Frau Brunner zu verlassen?
»Tragen Sie Ihre Dienstwaffe bei sich, Frau Brunner?«
»Bei Hausdurchsuchungen immer.«
»Das ist gut.«
Trotzdem ⦠die Zweifel blieben. Sie entschied sich gegen den Alleingang. Rief in der Zentrale an und orderte Verstärkung.
»Sind schon Kollegen vor Ort?«
»Negativ.«
Sofort erfolgte die Zusage, vier Polizeibeamte auf schnellstem Weg nach Rückersdorf zu entsenden. »Wir empfehlen stille Anfahrt. Der Mann ist wahrscheinlich bewaffnet«, sagte Paula abschlieÃend.
Sie ging auf das Haus zu und betrachtete das Klingelschild. » GTH Otto-Eigner-Stiftung« war darauf eingraviert, sonst nichts. Dann läutete sie. Nichts tat sich, auch nach dem dritten Versuch nicht. Kurzes Kopfnicken in Richtung Eva Brunner, die jetzt neben ihr stand. Zeitgleich zogen beide ihre Waffen und liefen vorsichtig um das Haus.
Im rückwärtigen Teil führte eine kleine Steintreppe ins Kellergeschoss. Sie lugte durch das vergitterte Fenster â und sah Eigner mit dem Rücken zu ihnen gewandt. Er saà gebeugt über einen einfachen Küchentisch, auf dem sich Prospekte, Kuverts und Briefbogen stapelten.
Sie gab Frau Brunner ein Zeichen, sich lautlos zu entfernen. Als sie wieder auf der FahrstraÃe standen, rief sie in der Steuerwald-Landmann-StraÃe an.
»Nein, Frau Steiner, bis jetzt haben wir nichts gefunden. Keine Waffe und auch keine einzige Unterlage über diese Stiftung.«
Schweigend warteten sie auf die Kollegen, die kurz danach eintrafen. Sie erklärte ihnen den Stand der Dinge.
»Ich glaube nicht, dass er zu seiner Waffe greift. Dazu fühlt er sich zu sicher. Aber man weià ja nie. Darum machen wir es jetzt folgendermaÃen: Ich werde mich an der Haustür so lange zu schaffen machen, bis er mich hört und die Tür öffnet; Frau Brunner und einer von Ihnen sichern mich aus kurzer Distanz. Die anderen beziehen unauffällig Position an der Rückseite, in der Nähe des Kellereingangs. Durch das kleine Fenster sehen Sie ja, wenn er den Raum verlässt. Vorher unternehmen Sie nichts. Erst dann, wenn Eigner nach oben geht, erfolgt der Zugriff. Alles klar?«
Sie ging zur Haustür, wartete so lange, bis sich die drei Beamten entfernt hatten, und schlug dann an die Tür. Einmal, zweimal ⦠fünfmal, endlich hörte sie von innen Schritte. Als sich Eigner im Türrahmen zeigte, löste sie sich von der Hauswand und stellte sich schräg vor ihn. Die rechte Hand hatte er in der stark ausgebeulten Seitentasche seiner Bundfaltenhose vergraben.
»Grüà Gott, Herr Eigner. Heben Sie die Hände, aber langsam. Neben mir«, sie deutete mit dem Kopf nach rechts und links, »stehen zwei Kollegen mit entsicherter Schusswaffe.«
In Zeitlupentempo nahm Eigner seine rechte Hand aus der Hose und streckte sie wie auch die linke nach vorne. Er trug keine Waffe in seiner Hosentasche. Wahrscheinlich war es nur ein zerknülltes Papiertaschentuch.
Mit einem schiefen Lächeln fragte er, unaufgeregt, geradezu gelassen: »Dürfte ich erfahren, was dieses ganze Räuber-und-Gendarm-Spiel soll?«
»Sie stehen in dringendem Tatverdacht, sowohl Ulrich Jakobsohn als auch Sebastian Harrer getötet zu haben.«
Da blitzte der fatale Gedanke in ihrem Kopf auf: Und was, wenn er es doch nicht war? War dieser disziplinierte Mensch, dieser sicher besonnene Spieler, Sohn wohlhabender Eltern, Eigentümer zweier Einfamilienhäuser, wirklich zu einer solchen Tat fähig? Und warum sollte er Jakobsohn und Harrer erschossen haben, wo war das Motiv? Mit dieser Hauruck-Aktion heute hatte sie sich sehr weit aus dem Fenster gelehnt. Wenn das hier fehlschlug, wären sie alle drei bis auf die Knochen blamiert â sie, Heinrich und Frau Brunner. Sie hörte schon
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