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Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Titel: Fräulein Hallo und der Bauernkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu
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schneller verheilten. Aber der Mensch denkt, der Himmel lenkt, er ist von der vielen Arbeit krank geworden und hat sich eine Harnvergiftung zugezogen. Für die Behandlung waren die gesamten Ersparnisse der Familie nur ein Tropfen auf den heißen Stein, auch das Geld von Frau Ding, der Lehrerin, und die paar tausend Yuan, die vom Ausland gespendet wurden, brachten keine Besserung.
    Wu Guofeng war die Hoffnung von ein paar Generationen gewesen, als er fort war, war auch die Familie Wu verloren. Erst traf seine Großmutter, die an Bluthochdruck litt, der Schlag, als sie die Todesnachricht erhielt, dazu kam noch Altersdemenz, sie hatte keine Kontrolle mehr über Nahrungsaufnahme und ihre Ausscheidungsorgane. Wu Guofengs Opa und Oma sind beide 2002 gestorben. Sein Opa war eigentlich immer sehr rüstig gewesen, er wäre in neun Monaten neunzig geworden, er hielt sich noch aufrecht und bekam gut Luft, aber dass sein so geliebter Enkel ermordet worden war, das hat er nicht verstanden – und dann, nachdem seine Frau das Zeitliche gesegnet hatte, hat er zweimal versucht, sich das Leben zu nehmen. Zuerst hat er sich mit einem Messer die Pulsadern aufgeschnitten, aber er wurde entdeckt. Dann ist er mit Absicht aus dem Bett gefallen und hat sich auf dem harten Boden ein paar Knochen gebrochen. Er hat über einen halben Monat mit dem Tode gerungen und immer wieder gerufen: »Guofeng! Guofeng! Ich komme, wir lernen wieder Schriftzeichen!«
    2002 hatten wir in einem Jahr drei Trauerfälle in der Familie. Und heute, meine Tochter ist wegen Restrukturierungsmaßnahmen, wie das neuerdings heißt, von ihrer Arbeit freigestellt worden, sie schleppt zwei Mädchen durch, sie hat es nicht leicht; mein Jüngster ist jung gestorben, er hatte eine Braut, sie war vom Land, aber sie ist auf und davon und hat uns die erst ein paar Jahre alte Enkelin hiergelassen. Und die Mutter von Guofeng hat etwas mit dem Kopf, seit sie damals unter der Todesnachricht zusammengebrochen ist, hat sie als Folge ständige Kopfschmerzen und ihre Sehkraft hat sehr nachgelassen, sie kann nur noch einfache Arbeiten im Haushalt verrichten.
    LIAO YIWU:
    Sind Sie der Einzige in der Familie, der noch gesund ist?
    WU DINGFU:
    Ich bin auch krank.
    LIAO YIWU:
    Hoffentlich nichts Ernstes?
    WU DINGFU:
    Nierenkrebs.
    LIAO YIWU:
    Was?!
    WU DINGFU:
    Mein Jüngster hatte seine Harnvergiftung noch nicht lange, als ich feststellte, dass mir an der Hüfte so ein Knoten wuchs, der sehr schmerzte. Aber weil ich für meinen Jüngsten Geld beschaffen musste, habe ich nicht weiter drauf geachtet. Ich habe es über ein Jahr vor mir hergeschoben, mein Jüngster war tot, ich war innerlich völlig leer – erst da ist mir aufgefallen, dass dieser Knoten schon sehr groß geworden war, gute zwei Zentimeter. Vorletztes Jahr kam ich dann um eine Operation nicht mehr herum, mir wurde die linke Niere entfernt.
    LIAO YIWU:
    In welchem Stadium ist der Krebs denn?
    WU DINGFU:
    Ich habe oft Blut im Urin oder kann gar keinen Harn lassen, alles verstopft, meine Gesundheit ist vollständig kollabiert. Von der Operation damals weiß ich nach der Betäubungsspritze nichts mehr. (
Song Xiuling warf ein:
Ich habe die ganze Zeit neben ihm gewacht, als die Operation fertig war, hat mir der Arzt die herausgeschnittene Niere gezeigt, sie hat ausgesehen wie eine Schweineniere. Nur dass eine Schweineniere, wenn sie man sie aufschneidet, glatt ist und die Adern klar erkennbar sind, aber seine war völlig verrottet, da drin sah es aus wie Kraut und Rüben.)
    Als ich unter dem Messer gelegen hatte, ging es mir gleich besser. Jetzt darf ich keine schweren Arbeiten mehr machen und muss mich langsam erholen. Teure Medizin kann ich nicht nehmen, also suche ich chinesische Medizin. Ich habe mir ein bisschen getrockneten Lackporling besorgt, der ist billig, wenn man ihn zerreibt, kann man einen Tee daraus machen – die ganze Sache hat unsere letzten viertausend Yuan verschlungen. Schauen Sie, Herr Liao, hier unter dem Hemd, der Schnitt, ist gut einen Finger lang.
    Wegen so alltäglichem Kram wagen wir die Frau Lehrerin Ding gar nicht anzurufen, sie hat so viel zu tun und ist auch nicht gesund. Wenn sie nur hört, dass wir es sind, da brauchen wir gar nichts mehr zu sagen, sie weiß dann schon, dass wir wieder einmal Hilfe brauchen, es ist nur peinlich.
    LIAO YIWU:
    Wie haben Sie Frau Ding Zilin denn kennengelernt?
    WU DINGFU:
    Nach dem Tod von Wu Guofeng hat seine Mutter ein Radio gekauft, sie wollte vor allem

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