Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Titel: Fräulein Hallo und der Bauernkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu
Vom Netzwerk:
mich, zog mich an, um auf die Straße hinaus zu gehen, bemerkte dann aber, dass das Eisengittertor verschlossen war. Also nahm ich eine Abkürzung außen herum, entdeckte dabei, dass zwei Freunde noch schliefen, half ihnen auf und wir hampelten am Fuße einer Mauer herum. Dann kam jemand, der uns über eine Versammlung informierte, ich folgte ihm, aber ich wurde nach Hause zurückgeführt. Als mir mein Bett in den Sinn kam, ging nichts mehr, meine Beine verkrampften, und ich konnte die Augen nicht mehr offen halten.«
    LIAO YIWU:
    Das war reichlich gefährlich, und Sie haben ihm nicht erzählt, was passiert war. Hat Guan Dong Ihnen beim Schlafwandeln nie irgendetwas getan?
    LI YING:
    Er hat niemals irgendjemandem Schaden zugefügt. Erst war ich extrem beunruhigt, und ich informierte heimlich unsere Führung, mit ihrer Zustimmung gab ich dann immer ein paar Beruhigungspillen in sein Glas Wasser, das ich ihm, ohne dass er wusste, was es war, vor dem Schlafengehen zu trinken gab. Danach bat ich jemanden, von außen unsere Tür zu verschließen. So konnte Guan Dong, wann immer er schlafwandelte, nur in der Wohnung herumspazieren. Er ist ein sorgloser Mensch, er spürte zwar, dass irgendetwas nicht ganz in Ordnung war, aber er forschte nie genauer nach, was es damit auf sich hatte.
    Mit der Zeit entdeckte ich, dass sein Schlafwandeln situationsabhängig war und gleichzeitig etwas Zyklisches hatte. Jeden Monat gab es ein paar Tage mit Anzeichen der Krankheit, wenn es an den anderen Tagen aber mit seiner Stimmung nicht allzu sehr auf und ab ging, kam es zu keinen größeren Problemen.
    Guan Dong begeisterte sich für Kunst und Literatur, und nachdem die neue Regierung die Kontrolle über die alten Buchdruckereien übernommen hatte, sie umgestaltet und einige zu neuen Verlagshäusern vereinigt hatte, trat er dort als Rückhalt der fortschrittlich denkenden Jugend ein.
    Dann brach aber, wir waren gerade erst aus dem Krankenhaus ausgezogen, plötzlich der Koreakrieg aus, und Guan Dong ließ sich registrieren, ohne mir etwas davon zu sagen. Er wollte als Soldat den Fluss Yalu [129] überqueren und Korea im Widerstand gegen Amerika unterstützen. Kaum hörte ich das, raste ich in die Wohnung, aber ich traute mich noch immer nicht, mit der Wahrheit herauszurücken, das wäre ein zu heftiger Schock für Guan Dong gewesen.
    Mir blieb nichts übrig, als ihm vorzumachen, ich sei schwanger. Doch er grinste nur über das ganze Gesicht, von wegen, in solchen Zeiten zählten nur die Interessen des Landes und des Volkes, eine schwangere Ehefrau dürfe keinesfalls ein Grund sein, dass der Ehemann nicht an die Front gehe.
    Daraufhin suchte ich das Krankenhaus auf, um einen Nachweis über seine Krankengeschichte zu holen, aber der Krankenhausleiter war kurz vorher unter »Spionageverdacht« geraten, er stand unter Arrest und verfasste sein Geständnis. Der Vertreter der Befreiungsarmee kannte sich mit den alten Akten nicht richtig aus. Ich ließ nicht locker; bis ich endlich den damaligen Oberarzt gefunden hatte, damit er die Akte mit der Krankengeschichte heraussuchte, waren schon wieder drei Tage vergangen. Guan Dong war gerade mit dem größeren Teil der Truppe aufgebrochen und hatte zu Hause lediglich eine kurze Notiz zurückgelassen.
    Ich beeilte mich, um noch den Zug nach Shenyang in der Provinz Liaoning zu erreichen, aber bis nach Dandong kam ich nicht, ich hätte einen Sonderausweis gebraucht. Wo aber hätte ich unter den Truppen und Massen auf der Straße suchen sollen. Ich hatte keine andere Wahl, als einem Stabsoffizier im Hauptquartier der Freiwilligenarmee die spezielle Kennnummer der Truppe mitzuteilen, bei der Guan Dong sich aufhielt, draußen waren von weitem schon die Kanonen von der Front zu hören.
    Guan Dong war in Korea drei Monate lang Kriegsberichterstatter, er war außerordentlich gut. Nicht nur waren seine Beiträge glänzend geschrieben, er war auch in der Lage, in kritischen Momenten zur Waffe zu greifen und zu kämpfen, er war ein begnadeter Schütze und erwarb sich große Verdienste.
    Trotzdem wurde er kurz danach als »amerikanischer Tschiang Kai-shek-Spitzel« festgenommen und unter Bewachung ins Land zurückgebracht. Er war nämlich während eines nächtlichen Auftrags plötzlich aus dem Gebüsch gesprungen, hatte sein Gewehr weggeworfen und laut gebrüllt.
    Das war wie ein Alarmsignal für die Feinde! Sofort ging eine heftige Schießerei los, ein Feuerteppich aus mehreren Bunkern blockierte alles und war so

Weitere Kostenlose Bücher