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Fräulein Jacobs funktioniert nicht: Als ich aufhörte, gut zu sein (German Edition)

Fräulein Jacobs funktioniert nicht: Als ich aufhörte, gut zu sein (German Edition)

Titel: Fräulein Jacobs funktioniert nicht: Als ich aufhörte, gut zu sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Jacobs
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eine und setze sie auf. Sie ist aus Stinktierfell und sieht mit ihrer schwarz-weißen Zeichnung sehr witzig aus, der plüschige Schwanz liegt auf meinem Rücken. Noch kann ich mich nicht entscheiden, welche ich nehmen soll, ich setze noch zwei andere auf.
    Draußen muss es längst dunkel geworden sein. Pete kommt ins Haus. Er lächelt mich gutmütig an. So gutmütig, wie ein alter Freund, der seit vielen Jahren mit mir durch die Wälder streift. Ich kann dem Blick kaum standhalten. Er schließt einen der Kästen auf und zeigt uns ein großes armdickes Stück Knochen oder Horn, in das das Jahr 1737 eingraviert ist. »Hat man in einem Acker in der Gegend gefunden.« Er legt mir Armreifen aus gehämmertem Kupfer und Silber in die Hand, ich betrachte sie staunend. Dann führt Pete uns eine Treppe hoch auf eine zweite Etage. Hier steht eine große Werkbank, Werkzeuge liegen herum, Fellstücke, Nadeln, Lochzangen, Garnrollen und Papiermuster. Ich probiere die drei Mützen, die ich ausgesucht habe, vor dem Spiegel an und entscheide mich für eine aus dem Fell des Berglöwen und eine aus Biberfell.
    Als wir wieder nach draußen treten, ist es bereits sieben Uhr abends. Die Nacht liegt eiskalt und trocken in der Luft. Pete breitet eines der Büffelfelle auf dem Kies aus und rät mir, mich draufzusetzen. Ich lege mich auf den Rücken und starre in den Himmel. Von dem gefrorenen Erdboden spüre ich nichts. Ich kaufe ihm das Fell ebenfalls ab.
    Wir sind dabei, uns zu verabschieden, als Pete meint: »Jim, du kommst doch zur Bärenfußsuppe, oder?«
    »Klar«, antwortet Jim.
    Hartnäckig setzt sich die Frage in meinem Kopf fest, wie wohl Bärenfußsuppe schmeckt.
    Zu gerne wäre ich auch eingeladen, aber ich traue mich nicht, etwas zu sagen. Pete reicht mir schließlich seine sanfte, warme Hand. Er wirkt wie ein Zauberer und ist dabei doch so menschlich.
    Jim legt das Büffelfell auf die Ladefläche des Trucks. Wir steigen ein und fahren auf den Backroads zurück nach Hartland. Ich frage Jim, ob er im Februar wieder nach Kolumbien zu seiner »Vision Quest« reist – einem Schamanen-Camp für Eingefleischte. Nach Jims Aussage »meditieren« sie hauptsächlich, gehen in Schwitzhütten und wandern durch die Landschaft Kolumbiens. Er nickt und meint, letztes Jahr habe er da sogar zwei Schweizer kennengelernt.
    »Die sind überall«, sage ich.
    Nach einer langen Pause, in der wir nicht reden, erzählt Jim davon, dass Pflanzen unsere Gedanken lesen können, unsere Gefühle wahrnehmen. Ich höre ihm zu und genieße es einfach, mit ihm zusammen zu sein, weil unsere gemeinsame Zeit immer intensiv und echt ist. Wir essen in Stella’s Café noch einen Burger, und dann setzt er mich wieder zu Hause ab.
    Ganz allein stehe ich nun in Biberfellmütze und kariertem Flanellhemd vor dem Spiegel, und für einige Sekunden erkenne ich das eine Ich nicht wieder und sehe, wie ein anderes, echtes Ich zum Vorschein kommt. Ich schaue in den Spiegel und denke: Da, das bin ich!
    Die ganze Nacht gehen mir die Bilder von dem Bären, dem Schmuck und den Geweihen nicht aus dem Kopf. Mit meiner Biberfellmütze fühle ich mich zu allem fähig. Was, außer einer Biberfellmütze, Feuer, Nahrung, einem Dach über dem Kopf und ab und zu ein wenig Gesellschaft braucht der Mensch zum Leben? Was noch?

Vierter Teil AM TEUFELSBERG
    1
    En de April war klar, ich musste zurück in die Schule. Meine Eltern riefen in der Internatsschule Salem an. Es war dies einfach die letzte Anlaufstation für Kinder wie mich. Eine solche Schule hatte ihren Ruf zu verlieren und somit den Auftrag, einfach gut zu sein. Eine solche Schule hatte die Macht, einen dahin zu bewegen, wo man hinbewegt werden musste.
    Mein Vater fuhr mit mir zum Bodensee, um mir, die ich dabei war zu ertrinken, den Strohhalm zu reichen.
    Bei unserem ersten Besuch strahlte dort die Sonne. Mein Vater und ich spazierten an der Uferpromenade entlang. Wir aßen Eis, und ich versuchte mir vorzustellen, ob ich hier zwei Jahre bleiben könnte. Ich ließ alles über mich ergehen – es gab keine andere Wahl.
    Als wir nachmittags zum Gespräch empfangen wurden, glaubte ich, jemand hätte die Zeit zurückgespult. Ich ging über das Schulgelände, schaute in den Esssaal, in die Klassenzimmer, in die Häuser, in die Gesichter glücklicher, hochgescheiter Schüler.
    Ich sollte wie auf der Vermont Academy Biologie, Mathematik, Französisch und Deutsch belegen. Zum Thema Sport konnte ich wenigstens sagen, dass ich einmal

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