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Fraeulein Jensen und die Liebe

Fraeulein Jensen und die Liebe

Titel: Fraeulein Jensen und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hansen
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sage wieder meinen Journalistenspruch auf, obwohl ich viel lieber gesagt hätte: »Hi Gereon, hier ist Hannah. Die Neue vom Rocko. Gibst du mir noch mal seine Nummer? Ich hab die irgendwie verlegt.«
    Mit Gereon läuft es leider nicht so gut wie mit dem Mann mit der verrauchten Stimme. Genau genommen bremst dieser Gereon mich total aus. Er redet was von einem »Anliegen«, das ich noch einmal »schriftlich per Mail einreichen« soll. Er würde das dann »abklären« und sich »gegebenenfalls« bei mir melden.
    Ich stottere ein gestelztes »Vielen Dank für Ihre Mühe« und lege enttäuscht auf. Hätte er mich nicht einfach duzen können?
     

     
    Ich, Hannah Jensen, treffe Rocko Schamoni. Rocko Schamoni trifft Hannah Jensen. Rocko Schamoni gibt seiner Angetrauten Hannah Jensen das Ja-Wort. Klingt genauso. Es ist Samstagabend und in ein paar Stunden treffe ich Rocko Schamoni.
    Oh. Mein. Gott.
    Was ist passiert?
    Nun, nach der Enttäuschung mit Gereon formulierte ich desillusioniert mein »Interview-Anliegen« und schickte die E-Mail ab. Frei von allen Hoffnungen und Erwartungen. Ich dachte schon gar nicht mehr daran, als zwei Wochen später plötzlich eine E-mail in meinem Postfach war. Von Rocko Schamoni höchstpersönlich. Er würde am Samstag (das ist heute!!!) noch auf die Piste gehen, und wenn ich wollte, könnte ich ja dazukommen, damit wir uns ein wenig unterhalten.
    Pia und ich hatten sofort jedes Wort der E-Mail analysiert. Rocko hatte zwar nur »Hallo Hannah« und nicht »Liebe Hannah« geschrieben und auch zu einem »LG« am Ende hatte er sich nicht hinreißen lassen. Aber: Die Formulierungen »auf die Piste gehen« und »noch dazukommen« machten alles wieder gut. Überglücklich leiteten Pia und ich daraus meine Zukunft ab. Nun, zumindest die folgenden Stunden.
    Messerscharf folgerten wir, dass Rocko mit seinen Jungs irgendwo feiern wird. Es wird eine Gruppe von sechs bis sieben Männern sein. Alle sehen furchtbar gut aus, trinken nichtjugendfreie Getränke, lachen laut und haben tiefe Stimmen. Sie werden in einer angesagten Bar stehen, sich immer mal kräftig auf die Schultern schlagen und über Frauen und Autos sprechen. Irgendwann werde ich mich dann dazuschleichen und Rocko sachte am Arm berühren. Er wird mit mir zur Bar gehen, damit wir uns ungestört unterhalten können. Ein Freund von ihm pfeift uns dreckig hinterher und lacht.
    Dann stehe ich mit Rocko an der Bar. Er wird uns einen Cocktail bestellen, dessen Name ich noch nie gehört habe. Da es in der Bar so laut ist, müssen wir ganz eng beieinander stehen und unsere Wangen berühren sich sanft, wenn wir uns unterhalten. »Meine Jungs und ich wollen gleich noch um die Häuser ziehen, bist du dabei?«, raunt Rocko mir ins Ohr und ich bekomme Gänsehaut. Ehe ich michs versehen kann, bin ich Teil der Gruppe, und wir ziehen von Bar zu Bar. Es wird eine lange Nacht. Irgendwann sitze ich erschöpft im Taxi. Während der Wagen bereits rollt, sehe ich durch die Heckscheibe, dass Rocko hinterherrennt. Ich kurbele das Fenster runter und er ruft: »Bis morgen, Baby. Ich hol dich zum Essen ab, zieh dir was Schickes an.«
     
    Ich bin so aufgeregt, dass meine Beine schon ganz wacklig sind beim Gehen. Noch ein paar hundert Meter, dann müsste ich am Treffpunkt sein. Rocko hat das Café Oriental vorgeschlagen. Ich habe noch nie von dieser Bar gehört, aber ich bin mir sicher, dass sie großartig sein wird. Angesagt, exklusiv, ein wenig abgeranzt. Wahrscheinlich muss ich sogar ein Kennwort sagen, um reingelassen zu werden. Darum habe ich in den letzten Tagen den Satz »Lassen Sie mich durch, ich bin mit Rocko verabredet. Mit Rocko Schamoni« mehrfach geübt. Inzwischen geht er so lässig über meine Lippen (ich werde etwas nuscheln, wirkt cool), als würde ich nie etwas anderes von mir geben. Auch was die Klamottenfrage betrifft, bin ich ausgesprochen gut vorbereitet. Ich trage ein Jeanskleid mit einem breiten Gürtel um die Taille. Es sieht aus, als hätte ich zehn Minuten vor dem Treffen gedacht »Ach ja, ich habe ja gleich eine Verabredung« und mir dann im Rausgehen irgendetwas drübergeworfen. Zugegeben, Pia und ich haben geschlagene zwei Stunden die Vor-und Nachteile dieses Stück Stoffes erörtert. Aber: Das muss Rocko ja nicht wissen (und man würde auch nie auf die Idee kommen, wenn man mich sehen würde).
    Um für alle weiteren Verläufe des Abends gewappnet zu sein, habe ich noch ein dünnes Top in meiner Tasche (Disco), eine abgewetzte Strickjacke

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