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Fraeulein Jensen und die Liebe

Fraeulein Jensen und die Liebe

Titel: Fraeulein Jensen und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hansen
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in den meisten Fällen daneben, um das mal vorsichtig auszudrücken.
    »Wissen Sie«, sagt Patrick Winczewski und sieht mich lange an. »Am Anfang des Weges, also des Lebens, beherrscht man die Intuition, dann vergisst man, wie es geht, und irgendwann später lernt man es wieder.«
    Ich schmelze dahin. Ich meine, dieser Mensch könnte mir auch aus einem Telefonbuch vorlesen und ich wäre begeistert. Und nun sagt er auch noch so wunderbare Dinge! Das ist der Gipfel der Zumutbarkeit.
    Ich bin sprachlos. Und so langsam kommen mir Zweifel. Warum habe ich in der letzten Stunde vor allem darüber nachgedacht, wie ich am besten nichts sagen kann. Ich befürchte, dass diese kleine, aber feine Tatsache eine Beziehung zu Patrick Winczewski undenkbar macht. Ich würde wahrscheinlich auch nach Jahren noch gerührt sein, wenn er fragt: »Gibst du mir mal die Butter?« oder wenn er sagt: »Ich bring dann mal den Müll runter.« Jedes Mal würde ich andächtig schweigen und in Gebärdensprache zurückkommunizieren. (Ob das schwer zu lernen ist?) Und dann gibt er auch noch scheinbar nebensächlich Lebensweisheiten von sich.
    Sorry, ich steige aus. Ich habe keine Altstimme und komme noch nicht einmal aus Leipzig. Das hätte die Sache vielleicht noch retten können.
    Ich bedanke mich für das tolle Gespräch und versuche, zumindest das »Haben Sie einen schönen Tag in Hamburg« so tief wie möglich zu sagen. Halt, noch eine Frage. Ich habe ohnehin schon kapituliert, da kann man ruhig mit offenen Karten spielen.
    »Darf ich Sie noch kurz etwas fragen? Wie finden Sie eigentlich meine Stimme? Ich meine, auf wie alt würden Sie mich schätzen?« Wehe, wenn er jetzt achtzehn sagt.
    »Ende zwanzig, Anfang dreißig?«, fragt Patrick Winczewski.
    »EHRLICH?«, rufe ich erleichtert und strahle, wie ich befürchte, über das ganze Gesicht.
    »Ja, klar. Warum fragen Sie?«
    »Ich, äh, also manchmal, da werde ich für jünger gehalten wegen meiner Stimme, also, äh, kommt nicht oft vor, natürlich nicht, aber eben ganz selten schon.«
    Ich versuche, so souverän wie eine Anfang-dreißig-Jährige zu klingen. Anfang dreißig, juchuh! Ich strahle.
    »Da freut sich aber jemand«, sagt Patrick Winczewski und lacht.
    »Ja, diese Aussage wird mein Leben verändern.«
    Ich lache nervös und hoffe, dass er das für einen Scherz hält. (Natürlich ist es kein Scherz, ich werde mich ja jetzt mit einem ganz neuen Selbstbewusstsein durchs Leben sprechen!)
    »Das ist aber leicht, Sie glücklich zu machen.« Er lacht.
    »Würden Sie es noch einmal sagen?«, frage ich vorsichtig. »Dass ich eine ältere Stimme habe?« Er runzelt die Stirn.
    »Nein, nein, war nur ein kleiner Scherz«, schiebe ich schnell hinerher.
    Wir lachen und verabschieden uns.
    Ich winke ihm zu und rufe fröhlich (in Originaltonhöhe!): »Haben Sie noch einen schönen Tag in Hamburg!«
    Pah, Susanne Daubner kann mich mal. Ich werde ab sofort zu meiner Stimme stehen. Ich klinge schließlich wie Anfang dreißig. Da habe ich so etwas nicht mehr nötig!
     

9. Steffen Henssler und eine Sauce Carbonara für die Liebe
     
    Ich versteh das einfach nicht. Als Pia und ich uns am Anfang auf die Zahl Zehn einigten, war ich mir sicher, dass ich spätestens nach der Nummer fünf glücklich verliebt sein und in den starken Armen eines Traummannes leise vor mich hin murmeln würde: »Ich wusste doch, dass ich nicht die volle Zahl ausschöpfen muss.«
    »Was hast du gesagt, Schatz?«, fragt mein Traummann und streicht mir zärtlich über den Rücken.
    »Ach nichts, Liebling.« Ich seufze glücklich. »Nicht so wichtig. Wir haben uns ja jetzt gefunden. Das ist die Hauptsache.« (Komisch, wenn ich vor meinem geistigen Auge Szenen mit mir und meinem Liebsten sehe, kommen immer Kosenamen drin vor. In Wirklichkeit hasse ich Kosenamen! Den Tiefpunkt meiner Kosenamen-Erfahrung hatte ich, als Jens und ich einmal in einem super teuren Möbelladen waren. Ich sah mir gerade ein Sofa für 5000 Euro an und ließ mir vom Verkäufer die Vorteile von Kalbsleder erklären, das aus einer kleinen Provinz in Bahrain stammte. Plötzlich rief Jens durch den ganzen Laden: »Guck mal hier, Schnurzelchen, dieser Tisch ist auch toll.« Zugegeben, er hätte mich nicht siezen müssen, aber »Schnurzelchen« und ein 5000 Euro teures Sofa passten leider überhaupt nicht zusammen.)
    Wo war ich stehen geblieben? Richtig, beim nicht existierenden Arm, der sich sanft um meinen Körper schmiegt. Doch halt, ich fühle da etwas. Ach ja, es

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