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Fraeulein Jensen und die Liebe

Fraeulein Jensen und die Liebe

Titel: Fraeulein Jensen und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hansen
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bleiben gute Vorsätze.)
    »Frau Jensen? Ja, hallo. Setzen Sie sich doch.«
    Setzen Sie sich doch. Mit der richtigen Stimme wird auch so ein einfacher Satz zum Erlebnis. Ob er das bitte noch mal sagen könnte? Oder irgendetwas anderes? Gott, er wird gleich noch eine Menge sagen, weil wir uns ja unterhalten. Ganz vergessen. Vielleicht könnten wir ja auch eine Szene nachspielen aus einem HughGrant-Film. Vielleicht die aus »Notting Hill«, in der Julia Roberts fragt: »Darf ich noch etwas länger bei dir bleiben?« und Hugh Grant antwortet: »Bleib für immer.« Ob ich ihn jetzt gleich frage? Nein, das kann ich ja später immer noch machen. Durchatmen. Ruhig bleiben. Ich versuche, ihm gelassen in die Augen zu sehen. Der sieht aber auch gut aus! Vielleicht hätte ich doch ein wenig recherchieren sollen, dann wäre ich jetzt nicht so geschockt.
    Ich muss erst einmal alleine sein und einen klaren Kopf bekommen.
    »Würden Sie mich kurz entschuldigen? Ich bin gleich wieder da.« Ich finde immer, dass es irgendwie souverän wirkt, wenn man sich zu Beginn eines Treffens diskret auf die Toilette verzieht. Wahrscheinlich denkt Patrick Winczewski, ich will mir mit ein paar gekonnten Handgriffen den Eyeliner nachziehen oder so etwas (ich glaube, das macht die Frau von Welt in solch einer Situation). Hah, wenn der wüsste, dass ich nur heimlich Pia anrufen will. Ich verschwinde erhobenen Hauptes im Inneren des Restaurants und frage mich zu den Toiletten durch. Dort tippe ich mit zitternden Fingern sofort Pias Nummer auf meinem Handy. Gott sei Dank, sie geht ran.
    »Pia, bist du zufällig gerade im Internet?«, flüstere ich. Pias Eltern haben vor zwei Wochen einen Internetanschluss bekommen und weil Pia diese Tatsache als achtes Weltwunder bezeichnet, ist sie Tag und Nacht im Internet, wenn sie zu Hause ist. »Ich benötige das Internet gar nicht«, hat sie erst neulich erzählt. »Ich surfe nur die ganze Zeit herum, weil ich es nicht glauben kann, dass so etwas bei meinen Eltern möglich ist.«
    Bitte, bitte, lass es auch jetzt der Fall sein.
    »Ja, warum?« Danke, ich schicke ein Stoßgebet an die Toilettendecke!
    »Okay, guck mal bitte schnell nach, ob Patrick Winczewski einen Eintrag bei Wikipedia hat. Ich muss schnellstens wissen, was er sonst so macht außer Synchronsprechen.«
    Ich höre, wie Pia auf die Tastatur einhackt. Sie hat den Ernst der Lage wohl an meinem Tonfall erkannt.
    »Ich hab was: Er ist selbst Schauspieler und Filmregisseur. »Tatort« und Serien und Spielfilme. Mannomann, was für ein Kaliber. Und außerdem, hallo, hallo, sieht er verdammt gut aus. Wow, sieht er in echt auch so aus?«
    »Ja«, druckse ich. Genau das ist ja das Problem. »Danke, Pia, du bist ein Schatz, ich melde mich später.«
    Ich lasse das Telefon in meine Tasche plumpsen und sehe ratlos an mir herunter. Himmel, wenn ich das Altpapier wegbringe, mache ich mir mehr Gedanken um mein Outfit. Aber das konnte ja keiner ahnen, dass der nicht nur eine fantastische Stimme hat, sondern auch noch so aussieht. Ob ich mit der Kellnerin einen Klamottentausch machen könnte? Die hatte einen verdammt schönen schwarzen Bleistiftrock an und eine weiße Bluse dazu. Wirkt klassisch und edel. Und nicht so ... nichtssagend wie meine Montur. Na ja, dann muss ich mich eben auf meine Primärtugend besinnen und durch eine zauberhafte Stimme überzeugen. Oh Gott.
    »Danke, dass Sie gewartet haben«, sage ich und setze mich. Hoffentlich sieht er nicht, dass meine Beine zittern. Ich lächle tapfer.
    »Werden Sie eigentlich oft auf Ihre Stimme angesprochen?«, frage ich.
    »Nie.« Was redet er da?
    »Wie meinen Sie das: Nie?«
    »Na ja, ich habe eine ziemlich unscheinbare Stimme, finde ich«, sagt er und lächelt. »Die erkennt man eigentlich kaum wieder.« Ist er wahnsinnig? Er hat eine atemberaubende Stimme. Ich habe Pia bestimmt geschlagene 100 Mal vorgemacht, wie seine Stimme am Telefon klang, als wir uns für heute verabredet haben. Außerdem hört er sich viel toller an als Hugh Grant! Ich finde, er hat ein Recht darauf, das zu wissen.
    »Soll ich Ihnen was sagen?« Ich senke verschwörerisch die Stimme. »Ich finde Ihre Stimme viel besser als die von Hugh Grant. Aber bitte sagen Sie ihm das nicht.« Ich zwinkere ihm zu, jetzt teilen wir beide ein Geheimnis, so etwas verbindet ja. Aber oh Gott, habe ich gerade gesagt, er soll Hugh Grant nichts davon erzählen? Als wenn den das interessieren würde. Ich stelle mir vor, wie Patrick Winczewski heute Abend

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