Frag die Karten
die
Lider zusammen.
»Sie haben mir — und der Polizei — gesagt,
Molly hätte die Sachen gegen sieben Uhr bei Ihnen gekauft.«
»Das stimmt.«
»Nein, das stimmt nicht. Ich habe Ihnen
zunächst geglaubt. Es paßte genau mit der vermutlichen Todeszeit zusammen.«
Die Frau kam von den Regalen mit Gemüse
herüber und hatte einen Salatkopf in der Hand. Mr. Moe tippte den Preis ein und
ließ sich dabei Zeit. Als die Frau gegangen war, wandte er sich wieder an mich.
»Dann verstehe ich nicht, was daran falsch sein soll.«
»Molly hätte durchaus um sieben hier
beim Einkaufen gewesen und danach nach Hause gegangen sein können, wo sie ihren
Mörder überraschte — aber etwas stimmt nicht dabei.«
»Und das wäre?«
»Das Paket mit den weißen Bohnen. Sie
wären aufgetaut gewesen, wenn sie seit kurz nach sieben in ihrer Wohnung auf
dem Boden gelegen hätten.«
Er schaute auf seine Armbanduhr. »Also
wirklich, Miss McCone, ich verstehe nicht, was ein Paket Gemüse mit dieser
Tragödie zu tun haben soll.«
»Dann werde ich es Ihnen erklären.« Ich
setzte mich auf den Holzstuhl und lächelte, als sei das ein
Freundschaftsbesuch.
Er richtete den Blick auf die Tür zur
Straße und dann auf die Schwingtür, die zum Lagerraum führte. Offensichtlich
erwartete er jemanden, den ich hier nicht sehen sollte.
»Die weißen Bohnen hätten aufgetaut
sein müssen«, wiederholte ich.
Er runzelte nervös die Stirn. »Warum?«
»Weil ich selbst gestern abend hier ein
Paket gekauft habe und ausprobierte, wie lange es dauert, bis sie aufgetaut
sind. Nach vier Stunden war das Paket durchgeweicht, und die Bohnen waren
ebenfalls weich und nicht mehr fest wie die in Mollys Diele. Also müssen sie
später dorthin gelangt sein, als Sie behauptet haben.«
Wieder schaute er aufgeregt auf seine
Armbanduhr.
Ich hakte nach. »Nun, Mr. Moe?«
»Vielleicht habe ich mich in der Zeit
geirrt. Es war sehr viel los hier bei mir an diesem Abend.« Er ließ eine Pause
entstehen und fügte dann mit wachsender Überzeugung hinzu: »Ja, ich bin sicher,
es muß kurz vor Feierabend gewesen sein, gegen zehn.«
Ein Mann kam herein. Mr. Moe wandte ihm
ruckartig den Kopf zu, dann entspannte er sich wieder. Der Mann suchte in einem
Regal nach Pfeifentabak.
Ich wußte, daß ich jetzt die Oberhand
gewonnen hatte. Der Lebensmittelhändler würde mir die Wahrheit sagen, und sei
es nur, um mich loszuwerden. »Nein, Mr. Moe. Das ist ausgeschlossen. Zu der
Zeit, als Sie den Laden schlossen, war Molly bereits annähernd zwei Stunden
tot. Die Polizei hat das eindeutig nachgewiesen.«
Seine Mundwinkel zuckten. Der Mann kam
mit einem Päckchen Tabak zur Theke, und Mr. Moe tippte den Betrag mit
zitternden Händen in die Kasse.
»Nun?« beharrte ich.
Er blieb an der Kasse stehen, bis der
Mann ging, dann wandte er sich mir zu. Seine Augen waren nur schmale Schlitze,
aber ich sah, daß sie sich heftig in den Höhlen bewegten. »Es stimmt, Miss
McCone. Ich habe gelogen. Vermutlich werden Sie das jetzt der Polizei melden.«
»Nicht, wenn Sie mir diesmal die
Wahrheit sagen.«
Er fummelte an der Kasse herum. »Das
ist ein Angebot. Also schön, ich werde es Ihnen sagen. Mrs. Antonio rief mich
an und gab mir eine Bestellung durch. Ich liefere oft die Sachen an ältere
Frauen, die Angst haben, nachts noch auf die Straße zu gehen.«
»Wann hat sie angerufen?«
»Ziemlich genau um sieben Uhr. Ich habe
nicht gelogen, was die Zeit angeht. Und ich sagte ihr, ich würde die Sachen
liefern, sobald ich hier zugemacht und den Laden aufgeräumt hätte.«
»Wann kamen Sie in ihre Wohnung?«
»Es kann halb elf gewesen sein.«
»Wie sind Sie denn hineingekommen?«
»Jemand hatte die Haustür offen
gelassen, und auch die Tür zu Mrs. Antonios Wohnung stand offen. Zuerst, als
sie auf mein Klopfen nicht reagierte, dachte ich, sie hätte vielleicht gerade
den Müll weggebracht oder irgend jemanden im Haus besucht.«
»Und dann?«
Er breitete die Hände aus, die jetzt
noch mehr zitterten. »Ich ging hinein, und da lag sie auf dem Boden. Ich weiß
nicht, ob ich laut geschrien habe, aber ich stellte die Sachen einfach neben
das Telefon ab. Dabei muß die Tüte umgekippt sein. Und dann weiß ich nichts
mehr, bis ich zu Hause angekommen bin.« Er deutete nach oben. »Die ganze Nacht
habe ich am Fenster gesessen und auf die Straße hinausgestarrt. Ich sah, wie
Gus aus Ellens Kneipe kam. Ich sah, wie die Polizei eintraf. Wie der
Krankenwagen wegfuhr. Ich saß da und beobachtete die
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