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Frag die Karten

Frag die Karten

Titel: Frag die Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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mich in Richtung Schnellstraße. Danach ging es vorbei am
dichtbebauten Buckel von Bernal Height und unter der Schnellstraße hindurch,
vorbei an den verschiedenen Auffahrten. Ich folgte dem Lieferwagen durch die
Army Street, kam in das ausgedehnte Fabrikgelände am Rand der Stadt und blieb
ein wenig zurück an einer Ampel, die auf Rot zeigte.
    In der Third Street, der letzten Hauptschlagader
des Verkehrs vor der Bay Bridge, bog der Lieferwagen wieder ab. In dieser
Gegend waren nur noch wenige Fahrzeuge auf der Straße, und ich mußte weiter zurückbleiben,
um nicht erkannt zu werden. Wir fuhren in die Gegend des Indienhafens, der
nicht weit entfernt war vom Marinehafen Hunters Point.
    Trotz des Abstands, den ich einhalten
mußte, konnte ich die Rücklichter des Lieferwagens leicht erkennen. Sie
verschwanden nach links, als die primitiven Kasernen aus dem zweiten Weltkrieg
auf dem Hügel über dem Hafen auftauchten. Ich beschleunigte und kam gerade noch
rechtzeitig um die Kurve, als der Lieferwagen in eine Gasse zwischen zwei
Gaskesseln einbog.
    Jetzt fiel ich wieder etwas weiter
zurück und folgte der Gasse zu einem zerfetzten Gitterzaun. Das Licht meiner
Scheinwerfer traf auf ein Pförtnerhaus, einen kleinen Ziegelbau mit
zerbrochenen Fenstern. Brombeerranken und Gras wucherten hier, bedeckten die
Mauern des Wachhäuschens und wanden sich durch die Reste des Zauns. Ein Schild
lehnte am Gitterzaun, als wäre es heruntergefallen.
     
    San Francisco-Eisenwerke
    Zweigstelle Indienhafen
    Privatgelände — Zutritt verboten
     
    Das Tor hing schief in zerbrochenen
Scharnieren. Dahinter führte eine schmale Straße zwischen hohen, dunklen
Fabriksgebäuden hindurch. Nirgends war ein Licht zu sehen. Und auch der
Lieferwagen schien von der Erde verschluckt worden zu sein.
    Ich hielt hinter dem Wachhäuschen und
schaltete den Motor ab. Dann sperrte ich das Handschuhfach auf, nahm meine
Pistole heraus und steckte sie in das Außenfach meiner Handtasche.
    Die Straße hinter dem Zaun war von
Schlaglöchern übersät. Ich ging ganz auf der linken Seite, dicht an der Mauer
der Fabrikgebäude entlang. Die Hallen waren ebenfalls massive Ziegelbauten mit
riesigen Bogenfenstern und Toren. Das Mondlicht, das durch die Öffnungen im
Dach drang, ließ gezackte Löcher in den vielen zersplitterten Fenstern
erkennen. Hier und da trat ich auf Scherben, während ich auf die freie Fläche
am Ende der Lager- und Fabrikgebäude zuging.
    Dort angekommen, blieb ich stehen. Im
Licht des Mondes konnte ich besser sehen. Es fiel auf Berge von Abfall und
verrostetem Eisen, die die freie Fläche bedeckten. Am Ende sah ich das Wasser
der Bay schimmern. Die halbverfallene Ruine eines Gebäudes mit Gußeisenfassade
reckte sich zum Nachthimmel empor. Weit links von mir hörte ich rhythmisches
Klappern.
    Ich schaute um die Ecke des Gebäudes
herum in Richtung auf das Geräusch. Der Lieferwagen fuhr langsam auf einen Pier
hinaus, an dessen Ende sich ein Lagerhaus befand. Das Licht der Scheinwerfer
hob und senkte sich bei jedem Klappern. Es mußte einer der alten Piers sein,
die mit losen Stahlplatten ausgebessert worden waren.
    Ich wollte es nicht riskieren, die
freie Fläche zu überqueren, sondern drückte mich an die Wand der Fabrikshalle,
bis mir keine andere Wahl blieb, als zum Pier hinüberzuspringen. Dort
versteckte ich mich hinter einem hohen Stahlpfosten. Der Lieferwagen hatte
zwischen mir und dem Lagerhaus angehalten.
    Mr. Moes schlanke Gestalt kletterte von
der Beifahrerseite herunter. Danach beugte er sich hinein, sprach offenbar mit
Neverman und ging dann auf das Lagerhaus zu. Die Scheinwerfer des Lieferwagens
wurden ausgeschaltet.
    Ich schlich mich näher bis zum nächsten
Pfosten.
    Eine kleine Tür an der Seite des
Lagerhauses öffnete sich. Einen Moment lang sah man die Silhouette eines
stämmigen Mannes gegen das Licht im Inneren. Er winkte Mr. Moe hinein. Der
Lebensmittelhändler betrat das Lagerhaus, und die Tür wurde wieder geschlossen.
Von draußen war jetzt kein Licht mehr zu erkennen.
    Ich kroch näher hin.
    Im Inneren des Lieferwagens war der
kleine, orangefarbene Lichtpunkt einer Zigarette zu sehen, und Nevermans Kopf
bildete eine deutliche Silhouette gegen das Licht, welches vom Wasser der Bay
reflektiert wurde. Er hatte das Radio eingeschaltet, hörte Country- und
Western-Musik, und das monotone Dröhnen der Gitarre mischte sich mit dem
Klatschen der sanften Wellen unter dem Pier.
    Als ich den Pfosten erreicht hatte, der
dem Pier

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