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Frag die Karten

Frag die Karten

Titel: Frag die Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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zu
Hilfe gerufen. Außerdem bin ich sicher, daß es jemand gewesen sein muß, den sie
kannte.«
    »Wieso?«
    »Weil Anya die Gewohnheit hatte, mit
dem Revolver in der Hand die Tür zu öffnen. Sie muß den Revolver weggelegt und
den betreffenden eingelassen haben. Dann, nachdem er sie erdrosselt hatte, nahm
er den Revolver aus der Schublade des Tischchens, in der Anya die Waffe
aufbewahrte.«
    »Das klingt so, als glaubtest du nicht,
es sei ihr Mann gewesen.«
    »Ich bin mir nicht sicher. Klar, alles
deutet auf ihn. Obwohl ich sah, wie er Mr. Moe abholte, gleich nachdem ich die
Polizei verständigt hatte, wäre für ihn genügend Zeit gewesen, um
zurückzulaufen zum Blindenzentrum und den Wagen zu holen. Ich nehme an, ich
habe mich mit meiner Suche etwa eine Viertelstunde in Anyas Wohnung
aufgehalten, bevor ich zum Telefon ging.«
    »Und was hast du gefunden? Nylonstrümpfe?«
    »Ja. Warte einen Augenblick.« Ich lief
zurück in mein Büro und holte die Schachtel aus meiner Handtasche. In der Küche
angekommen, warf ich sie auf den Tisch.
    »Kniestrümpfe«, las Hank vom Aufkleber
ab. »Was soll das bedeuten?«
    »Du hast recht, auf den ersten Blick
ergibt es keinen Sinn. Aber das muß es gewesen sein, was Molly Madame Anya in
Verwahrung gegeben hat. Ich habe sie im Tiefkühlfach gefunden.«
    »Das erklärt noch immer nicht, wie du
dir die Hose zerrissen hast.«
    »Darauf komme ich gleich.« Und ich fuhr
fort in meinem Bericht.
    »Du hast einen ereignisreichen Abend
hinter dir«, bemerkte Hank, als ich zu Ende erzählt hatte. Er schenkte uns
Kaffee und Brandy ein. »Und was bedeutet das alles?«
    »Ich weiß es noch nicht genau.« Jetzt
nahm ich die Schachtel mit den Nylons, drehte sie in den Händen, öffnete sie
und ließ die Plastikpakete auf den Tisch gleiten.
    »Was ist denn das?« Hank hielt zwei
IBM-Computerkarten hoch, die mit den Strümpfen herausgefallen waren.
    »Laß sehen!« Ich riß ihm eine aus den
Fingern.
    »Mein Gott, bist du gierig. Sagen dir
diese Karten etwas?«
    »So ungefähr. Das, mein lieber Hank,
ist eine Lagerkontrollkarte. Ich kenne sie gut aus der Zeit, als ich in dem
Warenhaus gearbeitet habe.« Dann las ich laut: »›System A-Tron, das System für den
Wiederverkäufer.‹«
    »Ich verstehe«, sagte Hank. »Diese
Kärtchen befinden sich bei der Ware. Wenn die Verkäuferin die Ware aus dem
Regal holt, wandern die Kärtchen in den Hauscomputer, so daß die
Geschäftsführung weiß, wann sie die Ware nachbestellen muß.«
    »Außerdem führt der Computer eine
Statistik über Warenumschlag und Umsatz.« Ich betrachtete die Zahlen- und
Buchstabenkombinationen auf der Karte. »Diese Nylons werden unter der
Warennummer vierzig/KB zwölfsechzehn bei der Abteilung CN dreiundvierzig in
Knudsens Warenhaus geführt...«
    »Was ist?«
    »Still!« Ich hielt abwehrend eine Hand
hoch. »Jetzt wird mir einiges klar.«
    Hank trank den Kaffee mit Brandy aus
und beobachtete mich schweigend.
    »Okay«, sagte ich nach einiger Zeit.
»Ich glaube, ich hab’s. Also noch einmal, langsam von Anfang an.«
    »Ich lausche.«
    »Beginnen wir mit dem Blindenzentrum.
Sebastian hat mir neulich Schnürsenkel angeboten. Er erklärte, das Zentrum habe
den Handel auf Produkte erweitert, die sie nicht selbst herstellen, sondern
billig einkaufen. Aber als ich es gegenüber Herb Clemente erwähnte, ist er
wütend und nervös geworden. Er deutete an, Sebastian habe nicht das Recht,
diese Sachen zu verkaufen. Ich dachte, Sebastian hätte sich die Sachen einfach
angeeignet und den Erlös in die eigene Tasche wandern lassen.«
    »Wo soll er sie sich angeeignet haben?«
    »Aus dem Keller unter der Kirche im
Blindenzentrum. Dort gibt es einen Lagerraum mit Schnürsenkeln,
Gummihandschuhen, Holzlöffeln und anderem Küchengerät. Weiß der Teufel, was
dort noch alles liegt — ich habe mir nicht die Zeit genommen, alles genau
durchzusehen.«
    »Und was sollte damit geschehen?«
    »Clemente meinte, sie würden die Sachen
verkaufen, sobald sie dafür geeignete Aufsteller und Regale zur Verfügung
hätten.«
    »Und das findest du seltsam?«
    »Warte — ich bin noch nicht fertig.
Dieser Jeffrey Neverman ist früher Lastwagenfahrer gewesen. Wie ich dir sagte,
landete er im Gefängnis, weil er seine Firma beklaut hatte. Es ist eine
weitverbreitete Straftat — ich erinnere mich noch gut, wie die Lastwagenfahrer
zu der Zeit, als ich beim Sicherheitspersonal des Warenhauses arbeitete, ein
paar Kisten mehr von der Laderampe genommen haben

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