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Frag die Toten

Frag die Toten

Titel: Frag die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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bei Burger King spendiert. Und der kleinen Sackratte auch noch einen Nachtisch.«
    Das war das erste Mal, dass er ihren Sohn so nannte.
    Vier Monate nach Kirks Einzug, in denen er nicht einen einzigen Dollar zur Miete beigesteuert hatte, kam Keisha eines Tages nach Hause und stand – sie traute ihren Augen kaum – mitten in ihrem Wohnzimmer vor einem Satz Magnesiumreifen für Kirks Ford F-150. »Der Winter kommt«, erklärte er. »Sinnlos, die jetzt noch zu montieren, und du hast keine Garage. Bis zum Frühjahr können die ruhig hier stehen bleiben. Ich besorge ein Regal bei Ikea in New Haven und stell sie hier neben dem Fernseher aus.«
    Kurz darauf verletzte er sich den Fuß.
    Er hatte zwar Arbeitsschuhe getragen, trotzdem brach er sich ein paar Knochen, als ihm der Schalstein auf den rechten Fuß fiel. Kirk musste zu arbeiten aufhören und durfte den Fuß nicht mehr belasten, solange er nicht verheilt war. Bis dahin war er nur knickrig und primitiv gewesen, doch in den letzten Monaten hatte er sich zu einem raffgierigen Tyrannen entwickelt. Keisha kaufe ihm nicht genug Bier, beschwerte er sich. Wie konnte sie nur seine Oreos vergessen? Wie viel hatte sie diese Woche mit Handlesen und Wahrsagen verdient, er wolle seinen Anteil. Und der Junge? Konnte der vielleicht einen Gang zurückschalten? Ständig rannte er rum und machte Krach und weckte ihn auf, wenn er gerade ein Nickerchen halten wollte. Und wenn er noch einmal die Reifen anrührte, dann gnade ihm Gott …
    Das hatte Keisha, die Hellseherin, nicht kommen sehen. Die Meisterin der Augenwischerei hatte sich Sand in die Augen streuen lassen. Die Schaumschlägerin hatte sich einseifen lassen. Ihr Märchenprinz hatte sich als Kröte entpuppt, an der sie jetzt schwer zu schlucken hatte.
    Der langen Rede kurzer Sinn: Keisha brauchte Geld. Wenn sie Kirk nicht irgendwie in die Flucht schlagen konnte, musste sie genügend Geld zusammenbekommen, um selbst die Flucht zu ergreifen. Mit Matthew. Justin Wilcox’ Plan bot ihr eine Gelegenheit, die zu nutzen sie gewillt war, auch wenn der Typ ihr nicht geheuer war.
    »Und du bist sicher, dass du das hinkriegst?«, fragte sie Justin.
    »Ich war in der Theatergruppe«, sagte er. »Ein Kinderspiel. Ich hab mir alles genau überlegt. Ich hab mir gedacht, wenn das hinhaut, dann könnten wir auch andere Dinger zusammen drehen. Ich wette, du brauchst immer wieder jemanden im Hintergrund. Stimmt’s? Jemanden, der dir hilft, den Kunden über den Tisch zu ziehen. Die Zielperson. Sagt man doch so, oder?«
    »Was du da mit deinen Eltern abziehen willst, das klappt nur einmal«, warnte Keisha ihn. »Wenn du dieses Geld verbraten hast, dann musst du dir für deinen nächsten Fischzug was Neues ausdenken, auf mich brauchst du nicht zu zählen.«
    »Wie du meinst«, sagte Justin. »Aber eins würde ich gern noch wissen.«
    »Was?«
    »Wenn du sonst zu Leuten gehst und ihnen weismachst, du hättest eine Vision gehabt und gesehen, was mit ihren Lieben ist, sind die dann nicht total sauer, wenn sich rausstellt, dass du dich geirrt hast?«
    »Wer sagt, dass ich mich irre?«
    »Komm schon. Uns hört doch niemand.«
    »Wenn ich meinen Klienten etwas erzähle, dann ist da immer was dabei, von dem sie sich ganz persönlich angesprochen fühlen. Ich rühre oft an etwas, worin ein wahrer Kern steckt.«
    »Nur hilft ihnen das kein bisschen, die Person zu finden, die sie suchen«, erwiderte er grinsend.
    »Es gibt etwas, das ich allen geben kann, manchmal für länger, manchmal für weniger lang: Hoffnung«, wandte Keisha ein.
    »Wenn du meinst.« Justin grinste. »Weißt du, was das wirklich Gute an dem Ding ist, das wir da drehen werden? Diesmal wirst du recht haben. Du wirst genau wissen, wo ich bin. Wird sich gut in deinem Lebenslauf machen. Du kannst mich als Referenz angeben.«
     
    Das hatte sie jetzt hinter sich.
    Eine Woche war vergangen, seit sie Marcia und Dwayne Taggart zu Justins Versteck in diese leerstehenden Büros geführt hatte. Dwayne hatte sie noch am selben Tag bezahlt, in bar, wie sie es gewünscht hatte. Sie hatte Justins Anteil in einen Frischhaltebeutel und diesen in eine kleine Tupperware-Dose gesteckt, Spaghettisoße darübergegossen und die Dose ins Gefrierfach gestellt, damit Kirk sie nicht fand. Er kochte nie, sie ging also kein Risiko ein. Was ihren eigenen Anteil betraf, hatte sie Kirk vorgelogen, dieser Auftrag habe ihr nur einen Tausender eingebracht. Kirk verlangte die Hälfte davon. Die beiden anderen Tausender

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