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Frag die Toten

Frag die Toten

Titel: Frag die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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geerbt, als ihre Eltern starben. Und wenn sie mit Bill Gates verheiratet wäre, mehr als die fünf Riesen werde ich nicht aus ihr herausleiern.«
    Kirk sah sie missbilligend an.
    »Und du«, sagte sie, »fährst noch mal da raus und kümmerst dich um den Müllsack.«
    »Ja, ja, schon klar.«
    Keisha sah auf die Uhr an der Wand. »Ich weiß nicht, wie lang das mit ihr dauert. Wenn Matthew kommt, musst du wieder da sein.«
    »Warum? Der hat doch seinen eigenen Schlüssel.«
    »Was ist, wenn die Polizei vor der Tür steht? Ich will nicht, dass er nach Hause kommt, und ein Polizist wartet auf ihn. Er würde sich zu Tode erschrecken und glauben, mir wäre was passiert.«
    Kirk seufzte. »Gut, ich werde da sein. Aber du machst eine richtige Memme aus ihm.«
     
    Keisha stieg zu Gail in den Jaguar. Auf dem Weg zur Bank in der Innenstadt von Milford redete Gail ununterbrochen.
    »Ich weiß nicht, warum sie Melissa in Haft genommen haben oder wie sie überhaupt auf die Idee kommen, sie hätte was mit der Sache zu tun. Sie sagen, sie hat ein Geständnis abgelegt, aber das ist absurd. Warum sollte eine junge Frau ihre Mutter umbringen? Das ist doch völlig undenkbar. Ich verstehe nicht, wie so etwas passieren kann. Ja, wenn es ein Unfall gewesen wäre, wenn sie sie zum Beispiel beim Rückwärtsfahren mit dem Wagen überrollt hätte, weil sie sie nicht gesehen hat, aber absichtlich? Das glaube ich nie und nimmer. Ich weiß, das Mädchen hat ihrer Mutter unendlich viel Kummer gemacht, aber im Grunde ihres Herzens hat sie sie sehr liebgehabt. Das weiß ich einfach.«
    Keisha war schlecht. Würde sie sich wieder übergeben müssen? Lange konnte es nicht mehr dauern, dann würde sie Gail bitten müssen, an den Straßenrand zu fahren.
    Seit sie Garfield getötet hatte, hatte sie all ihre Energie darauf verwendet, ihre Spuren zu verwischen. Zuerst musste sie umkehren und ihren Ohrring suchen, dann das mit ihren Kleidern erledigen (die hoffentlich bald für immer im Müll verschwanden), duschen, bis das Wasser nur mehr kalt aus der Leitung lief, Kirk dazu bringen, ihren Wagen zu putzen. Und nach einem Moment der Panik wegen ihrer Visitenkarte hatte sie auch dafür eine kreative Lösung gefunden, die, mit Gails Unterstützung, wahrscheinlich auch einer genaueren Überprüfung standhalten konnte.
    Doch trotz aller Bemühungen, diesen Vorfall hinter sich zu lassen, saß sie jetzt hier, in diesem Auto, und fuhr zum Tatort zurück.
    »Ich wette, was du willst, dass die Polizisten Melissa in einen Raum gebracht und mit ihren Fragen so unter Druck gesetzt haben, dass sie schließlich etwas gestanden hat, das sie gar nicht getan hat«, fuhr Gail fort. »Das machen die so. Wir glauben, so was passiert nur in Russland oder in China oder in lateinamerikanischen Ländern, aber es passiert hier, vor unserer Nase, in den guten alten USA, mach dir da bloß keine Illusionen. Die Polizisten wollen einfach nur ihre Fälle zu den Akten legen. Denen ist es völlig egal, ob sie den Richtigen erwischt haben oder nicht. Und ich weiß noch nicht mal, was mit Ellie passiert ist. Wenn sie Melissa beschuldigen, was glauben die eigentlich, was sie mit ihrer Mutter gemacht hat? Und was hat das mit Wendell zu tun? Ich sage dir –«
    »Bitte halt an«, sagte Keisha.
    »Was?«
    »Ich … ich muss mich konzentrieren.«
    »Ja, sicher, selbstverständlich. Es tut mir leid. Wir sind ohnehin schon da. Ich hole schnell dein Geld.« Gail stieg aus und betrat die Bank. Den Motor ließ sie laufen.
    Schnapp dir den Wagen und hau ab,
dachte Keisha.
Oder lass den Wagen stehen. Aber hau ab.
    Aber wo sollte sie hin? Wie weit würde sie kommen? Wie lange würde die Polizei brauchen, um sie zu finden? Und wenn sie noch gar nicht verdächtigt wurde? Wenn sie abhaute, würde sich das wohl rasch ändern. Und wie konnte sie auch nur daran denken, Matthew zurückzulassen?
    Das würde sie niemals tun. Keisha war vieles – und sich dessen auch bewusst –, aber eines war sie nicht: eine Mutter, die ihr Kind im Stich ließ.
    Ich könnte ihn mitnehmen
.
    Ja, klar. Toller Plan. Auf der Flucht. Mit einem Kind. Schluss damit. Sie steckte da jetzt bis zum Hals drin und musste es nehmen, wie es kam.
    Fünf Minuten später war Gail zurück, in der Hand einen einfachen weißen Bankumschlag, wie man ihn für Einzahlungen am Geldautomaten verwendete. Sie stieg ein und reichte Keisha den Umschlag.
    »Bitte schön«, sagte sie und schnallte sich an. »Wie gut, dass ich mein eigenes Konto habe. Jerry

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