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Frag die Toten

Frag die Toten

Titel: Frag die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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Sie Melissa immer noch fest?«
    »Ja.«
    »Das ist absurd. Sie sollten sie freilassen. Überlegen Sie doch mal, was sie alles verkraften muss. Zuerst verliert sie die Mutter und dann auch noch den Vater, und das innerhalb weniger Tage.«
    »Ja«, bestätigte Wedmore. »Sie muss viel verkraften. Wie ich Ihnen schon sagte, Mrs. Beaudry, Melissa hat ganz offen mit uns gesprochen. Sie wollte keinen Rechtsbeistand.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht. Was soll sie denn getan haben?«
    Wedmore schien zu überlegen, wie viel sie der Frau sagen sollte. »Sie sagt, nachdem sie ihre Mutter getötet habe, habe sie ihren Vater angerufen, der ihr geholfen hat, alles zu vertuschen. Sie seien mit dem Auto auf einen See hinausgefahren und hätten gewartet, bis es im Eis einbricht.«
    Mensch,
dachte Keisha.
Vielleicht hab ich’s ja doch drauf
.
    »Aber wo ist da der Zusammenhang mit dem, was mit Wendell passiert ist?«
    »Das versuchen wir ja gerade herauszufinden. Was Melissa angeht, sie will zwar keinen Anwalt, dennoch würde ich Ihnen raten, ihr einen zu besorgen.«
    »Ist die Leiche meines Bruders noch im Haus?«
    »Nein. Er wird gerade obduziert.«
    »Ms. Ceylon möchte ins Haus.«
    »Wie bitte?«, fragte Wedmore.
    »Nein«, widersprach Keisha. »Das ist nicht not–«
    »Sie muss hineingehen, um festzustellen, ob sie etwas erspüren kann«, sagte Gail. Sie sah Keisha an. »Je früher du hineinkommst, desto besser ist es, oder? Weil dann die Schwingungen, oder was du sonst spürst, noch frisch genug sind.«
    »Kann sein, dass es schon zu spät ist«, sagte Keisha.
    Gail nahm Keishas Arm und sah sie beschwörend an. »Ich weiß, es ist viel verlangt, aber ich kann das nicht. Ich kann da nicht reingehen. Deine Augen sollen meine Augen sein. Du sollst sehen, wo es passiert ist. Würde dir das nicht helfen? Würde dir das nicht helfen, dir ein Bild zu machen, Verbindung aufzunehmen, zu spüren, was geschehen ist?«
    »Wenn du mir vielleicht etwas geben könntest, das von deinem Bruder stammt. Einen Brief von ihm vielleicht, den du noch zu Hause hast.«
    Gail drückte noch immer ihren Arm. »Du musst das für mich tun.« Bittend wandte sie sich an Wedmore. »Sie werden ihr doch gestatten, sich anzusehen, wo es passiert ist?«
    Wedmore überlegte »Normalerweise würde ich nein sagen, aber es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn Ms. Ceylon sich umsieht.«
    Keisha war wie vor den Kopf geschlagen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Wedmore das ohne Hintergedanken sagte. »Ich kann schon verstehen, dass Sie nicht möchten, dass ich hineingehe und –«
    »Kommen Sie«, sagte Wedmore zu Keisha. »Mrs. Beaudry, setzen Sie sich doch in der Zwischenzeit in Ihren Wagen, wo Sie’s warm haben.«
    »Na gut«, sagte Gail. Wedmore schob Keisha sachte in Richtung des Hauses.
    Unterwegs nahm sie die Hand von Keishas Rücken und fragte: »In welchem Verhältnis stehen Sie zu Mrs. Beaudry?«
    »Sie ist eine meiner Klientinnen«, sagte Keisha. »Ich berate sie schon seit ein paar Jahren.«
    »In welcher Angelegenheit?«
    »Das müssen Sie sie fragen.«
    »Oh. Berufsgeheimnis zwischen Medium und Klientin?«
    Keisha sah Wedmore an. »Deshalb wende ich mich mit Informationen über ein Verbrechen nicht an die Polizei.«
    »Informationen? Was meinen Sie mit Informationen?«
    »Dinge, die zu meiner Kenntnis gelangen, Detective. Visionen, Bilder, wie die Teile eines Puzzles. Aber ich erwarte nicht, dass Sie mir glauben. Auch die Archers haben mir nicht geglaubt.«
    »Wenn wir jetzt ins Haus gehen, dürfen Sie nichts berühren. Und wir werden den Eingangsbereich nicht verlassen. Sie können von da ins Wohnzimmer sehen.«
    »Ist es da passiert? Im Wohnzimmer?«
    Wedmore sah sie an und lächelte. »Ja, da ist es passiert.« Die uniformierte Polizistin, mit der Keisha und Gail vorhin gesprochen hatten, stand an der Haustür Wache. Sie machte Platz und ließ sie eintreten.
    In Gedanken übte Keisha bereits ihre Reaktion, ihre Überraschung. Wie sich zeigte, wäre das gar nicht nötig gewesen.
    Was sie sah, als sie ins Wohnzimmer spähte, war erschreckend genug.
    An einer Stelle des Teppichbodens war ein riesiger dunkelroter Fleck zu sehen. Dort musste die Leiche gelegen haben. Doch zwischen dieser Stelle und der Tür gab es noch mehrere kleinere Kleckse.
    »Lieber Gott«, sagte Keisha. Sekundenlang starrte sie auf den Boden, dann wandte sie sich ab. »Das ist ja grauenhaft.«
    »Ja«, bestätigte Wedmore. »Sieht ziemlich schlimm aus.«
    »Können wir jetzt

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