Frag Nicht - Kuess Mich
Lara sein, dachte er unruhig. Gerade wollte er aus seinem Leihwagen steigen, als ein Taxi näher kam und direkt vor dem Haus hielt.
Eine Frau stieg aus. Sie war in einen dicken Mantel gehüllt und schien nicht mehr ganz jung zu sein. In einer Hand hielt sie einen länglichen Kasten. Alessandro vermutete ein Musikinstrument darin. Nachdem die Frau den Fahrer bezahlt hatte, ging sie zu der Haustür von Nummer 37, suchte in ihrer Handtasche nach etwas und schloss dann mit dem gefundenen Schlüssel die Tür auf. In der unteren Etage ging das Licht an.
Alessandro ließ zwei, drei Minuten verstreichen, dann stieg er aus, überquerte die Straße und klingelte.
Die Frau öffnete ihm nach einigen Augenblicken. Das weizenblonde Haar trug sie zu einem eleganten Dutt gesteckt. Das freundliche, hübsche Gesicht ähnelte dem Laras – es war ebenso fein geschnitten. Zudem war das energische Kinn unverkennbar. Mit wachen, humorvollen blauen Augen musterte die Frau Alessandro von Kopf bis Fuß.
Doch genau diese Begutachtung ließ Alessandro triumphierend erkennen, dass in diesem Haus ganz offensichtlich kein Mann wohnte.
„Mein Name ist Alessandro Vincenti“, stellte er sich höflich vor. „Wohnt Lara Meadows hier?“
Einen Moment lang schien die ältere Dame zu erstarren, dann lächelte sie strahlend. „Ja, das tut sie. Wenn Sie bitte einen Augenblick hier warten würden, ich hole sie.“ Sie wandte sich um. „Ach, da ist sie ja schon. Lara, du hast Besuch. Wie war doch gleich der Name? Alessandro Vincenti?“
„Richtig.“
Nervös kam Lara näher. Hier vor ihrer Tür wirkte Alessandro noch anziehender, größer, weltgewandter, erregender und sehr italienisch. Als sich ihre Blicke begegneten, prickelte es an ihrem ganzen Körper.
Den eleganten Anzug hatte er gegen ein Freizeitsakko, eine schwarze Hose und einen dazu passenden schwarzen Kaschmirpullover getauscht. Die dunkle Farbe betonte seine südländische Hautfarbe und verlieh seinen Augen ein geheimnisvolles Schimmern. Als er seinen Blick über sie gleiten ließ, spürte Lara ein süßes Kribbeln der Erregung.
„Hallo, Alessandro“, sagte sie ruhig. Dabei hoffte sie, er würde nicht bemerken, wie sehr sie sich tatsächlich nach ihm sehnte. Sie wagte es nicht einmal, ihre Mutter anzusehen. Sie würde sofort wissen, wie es um ihre Tochter stand. „Wie geht es dir?“
„Danke, mir geht es gut. Und dir?“
„Prima. War es schwierig, herzufinden?“
„Ganz im Gegenteil. Aber ich habe auch ein Navigationsgerät im Wagen.“
Lara bemerkte, wie er Greta mit einem Blick bedachte. „Das ist meine Mutter“, sagte sie deshalb erklärend. Dann wandte sie sich ihr zu und sagte: „Alessandro ist nach Sydney gekommen, um die Geschäftsführung von Stiletto zu übernehmen. Er möchte mir einige Fragen über den Verlag stellen.“ Würde Greta ihr wirklich abnehmen, dass der Firmenchef an seinem ersten Arbeitstag nichts Wichtigeres zu tun hatte, als ausgerechnet Lara in ihrem Haus aufzusuchen?
Lara errötete, von ihrer eigenen Lüge verlegen, und beobachtete mit gemischten Gefühlen, wie Alessandro ihrer Mutter die Hand gab.
„Ich freue mich sehr, Ihre charmante Bekanntschaft zu machen, Signora Meadows“, sagte er mit seinem hinreißenden Akzent.
Greta gab sich zurückhaltend, doch insgeheim war sie hingerissen von Alessandros Charme, das konnte Lara in ihrem Gesicht lesen. Und natürlich hatte sie längst durchschaut, was sich hier gerade tatsächlich abspielte.
Zweifellos war sich Alessandro der Wirkung seiner höflichen Umgangsformen bewusst. Nun musterte er Lara mit undurchdringlicher Miene. Bevor ihre Mutter ihn zum Abendessen einladen konnte, schaltete Lara sich geistesgegenwärtig ein, um das zu verhindern. „Oh, Mum, mir ist gerade etwas eingefallen. Ich glaube, ich habe das Bügeleisen angelassen. Könntest du kurz nach oben gehen und den Stecker herausziehen?“
Greta wirkte überrascht, doch Lara zog sie am Ärmel und bat eindringlich: „Bitte, schau nach, ob oben alles in Ordnung ist, ja?“
Jetzt begriff auch Greta. „Selbstverständlich, Liebes. Wir wollen ja nicht, dass es brennt. Bitte Alessandro doch herein. Du kannst ihn schließlich nicht draußen in der Kälte stehen lassen.“
Lara wartete, bis ihre Mutter außer Hörweite war. Erst dann raunte sie Alessandro zu: „Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht herkommen sollst. Aber da du nun schon einmal da bist, kannst du mir ja sagen, worum es geht.“
Sein verlangender Blick sagte
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