Frag Nicht - Kuess Mich
ins Gesicht geschrieben. Besorgt sah er Lara an und strich ihr tröstend über die Wange.
Die Erinnerung an die Katastrophe und Alessandros zärtliche Berührung brachten Lara an den Rand der Verzweiflung. Sie war den Tränen nahe und wandte sich schnell ab. Am liebsten hätte sie ihm jetzt doch auf der Stelle alles erzählt. Sie atmete tief durch und setzte zum Sprechen an. Aber dann überlegte sie es sich in letzter Sekunde anders, als ihr einfiel, wie kühl und abweisend Alessandro noch vor einigen Stunden zu ihr gewesen war.
Immerhin hatte er eine andere geheiratet! Warum sollte sie ihm jetzt noch erzählen, dass diese Familientragödie ihren Plan, mit ihm nach Europa zu gehen, zunichte gemacht hatte? Nein, diese Blöße wollte sie sich nicht geben.
Und Lara hatte ja noch etwas Kostbareres zu verlieren als nur ihren Stolz.
Alessandro missdeutete ihren inneren Kampf. Mitfühlend zog er sie an sich. „Es tut mir so leid, dass dein Vater umgekommen ist, Larissa.“
Laras Sinne gerieten in Aufruhr. Wie gerne hätte sie dem Impuls nachgegeben, an seine Brust zu sinken und sich trösten zu lassen. Larissa hatte er sie genannt – wie damals, als sie sich in ihn verliebt hatte. Ja, das war fast wieder der aufrichtige, einfühlsame Mann, den sie einst gekannt hatte.
Es war so leicht gewesen, sich in ihn zu verlieben. Bei ihm fühlte sie sich sicher, außerdem hatte er wunderbare Umgangsformen. Doch da war noch so viel mehr! Lara fühlte sich von seinen heißen, feurigen Blicken angezogen – und von dem, was sie darin las.
Ihr Herz pochte schneller. Gleich küsst er mich, dachte Lara sehnsüchtig …
Doch dann riss sie sich zusammen. „Es war eine Tragödie. Aber Mum und ich haben sie überstanden. Wir haben uns gegenseitig Mut zugesprochen. Wir … wir hatten ja auch einen guten Grund weiterzuleben“, erklärte sie mit rauer Stimme.
Ob Alessandro ihre Erregung spürte? Schweigend gingen sie einige Schritte weiter, dann bedachte er sie mit einem verlangenden Blick, der ihr die Knie weich werden ließ. Auf seinem Mund zeichnete sich ein wissendes Lächeln ab.
Natürlich wusste er, was in Lara vorging.
Sie bogen um die Straßenecke und erreichten ein Einkaufszentrum. In Newton war dort Tag und Nacht Betrieb. Die Menschen drängten in Bars und Theater, verließen Cafés, während andere Leute zu fortgeschrittener Stunde in aller Ruhe ihre Einkäufe erledigten. Am Eingang zur Friends’ Design Gallery spielte ein Jamaikaner mit Rastazöpfen auf dem Saxofon ‚Unchained Melody‘. Die Musik mischte sich mit Busuki-Klängen, die aus einem griechischen Restaurant in der Nähe drangen.
Lara schob die Hände in die Taschen und kuschelte sich in ihre Jacke. Nicht die nächtliche Kälte, sondern die Aufregung, auszugehen, ließ sie erschauern. Vielleicht lag es aber auch an dem, was sie Alessandro in Kürze mitteilen würde.
Hoffentlich war er in der richtigen Stimmung für Enthüllungen.
Das Restaurant mit den Markisen vor den Fenstern verfügte über eine dämmrig beleuchtete Bar mit Barhockern und mehreren intimen Ecken mit Tischen und Bänken. Ein riesiger Kamin, in dem ein Feuer loderte, befand sich in der Mitte des Raumes und trennte die Bar von dem Restaurant ab. An einem Tisch hatte bereits eine kleine Gruppe von Leuten Platz genommen und ließ sich den abendlichen Aperitif schmecken.
Alessandro steuerte auf einen anderen Tisch zu. Lara schlüpfte aus der Jacke und setzte sich, während er auf der Bank Platz nahm und nach der Weinkarte griff. Er rückte näher an Lara heran, damit sie auch einen Blick auf die Karte werfen konnte. Beim Überfliegen der Liste war sie sich seiner Nähe nur zu bewusst. Der Barmann arbeitete gleichzeitig als Kellner im Restaurant, und so hatten sie und Alessandro reichlich Zeit, ihre Wahl zu treffen. Während Alessandro Getränkevorschläge machte, schwang unterschwellig eine andere, körperliche Kommunikation zwischen ihnen mit, die Laras Herz aufgeregt pochen ließ. Sorgfältig mied sie jeden Blickkontakt.
Als der Barmann schließlich Zeit für sie hatte, bestellte Alessandro einen Merlot und lehnte sich entspannt zurück. Hin und wieder betrachtete er Lara von der Seite, ließ den Blick über ihr Gesicht und die Hände gleiten, die sie an die Kehle gelegt hatte. Ihr ganzer Körper befand sich in Aufruhr. War das normal, wenn man seinen Ex-Geliebten traf? Die tiefen Gefühle, die so lange verschüttet gewesen waren, drangen nun wieder an die Oberfläche.
Als die Gläser mit
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