Frag Nicht - Kuess Mich
zwar durchaus berechtigt, doch es hatte ihm keinen Spaß gemacht, Lara zu verletzen. Und irgendwie hatte er den Eindruck, nicht unbedingt als Sieger aus ihrer Auseinandersetzung hervorgegangen zu sein. Es nagte an ihm, dass Lara zugegeben hatte, die Vereinbarung nicht eingehalten zu haben. War es eingebildet, oder hatte er tatsächlich Schmerz in ihren Augen gelesen, als sie das so offen zugab? Noch einmal ging Alessandro alle Möglichkeiten durch, die er schon so oft überlegt hatte, dass er es nicht mehr zählen konnte. Warum war sie nicht erschienen? Und warum hatte sie ihn nicht angerufen, um ihm mitzuteilen, dass sie die Verabredung nicht einhalten konnte? Wieso blieb sie für ihn jahrelang unerreichbar?
Ärgerlich stellte Alessandro die Dusche aus und trocknete sich ab. Es knisterte zwischen Lara und ihm, als er sie vorhin wiedergesehen hatte. Noch immer wirkte sie unglaublich anziehend auf ihn. Dagegen war er machtlos. Energisch rubbelte er sich ab und überlegte, ob es nicht besser gewesen wäre, ihr die Gelegenheit zu geben, ihm zu erklären, was damals geschehen war.
Doch sogleich verwarf er diese Idee wieder. Dann konnte er ja gleich vor ihr auf die Knie gehen und ihr zeigen, was für einen Narren sie aus ihm gemacht hatte.
Sauber, trocken und erfrischt streifte Alessandro sich einen Bademantel über und betrachtete sich prüfend im Spiegel. Musste er sich rasieren? Hätte er heute Abend eine Verabredung, würde er es tun.
Vielleicht wäre es sogar keine schlechte Idee, sich mit einer Frau zu treffen. Möglicherweise könnte ihn das von Lara Meadows ablenken. Allerdings hatte das bisher nie funktioniert.
Ungeduldig wandte Alessandro sich von seinem Spiegelbild ab und marschierte zur Minibar, um sich ein Glas Whisky zu genehmigen.
Nachdenklich stand er dann mit dem Glas in der Hand am Fenster und ließ seinen Blick über Sydney schweifen. Von seiner Suite aus hatte er eine herrliche Aussicht auf den Hafen und die Oper im Hintergrund. Das andere Fenster ging auf die hell erleuchtete George Street hinaus.
Warum sollte er sich nicht ins Nachtleben stürzen, anstatt den Abend alleine und gelangweilt in seiner Suite zu verbringen? Doch mit wem sollte er schon ausgehen? Tuila besuchte Verwandte, und die einzige andere Person, die er in Sydney kannte, würde wohl kaum den Abend mit ihm verbringen wollen.
Gelangweilt wandte Alessandro sich vom Fenster ab. Er hatte im Seasons eingecheckt, weil das Hotel nur zwei Straßenzüge vom Stiletto – Gebäude entfernt lag. In diesem alten, liebevoll restaurierten Stadtviertel befanden sich etliche Restaurants, ganz in der Nähe lag The Rocks and Circular Quay . Doch die Vorstellung, alleine zu essen – möglicherweise umgeben von Liebespaaren – missfiel ihm.
Also blieb ihm nur die Möglichkeit, sich das Abendessen in die Suite bringen zu lassen. Wenigstens konnte er sich dann gleichzeitig der Personalplanung widmen.
Wieder ein einsamer Abend in einem Hotel.
Er könnte natürlich auch Lara anrufen und sie unter dem Vorwand, er müsse mit ihr über die Zukunft des Verlages reden, zum Abendessen einladen.
Verflixt noch mal, wie kam er nur auf solche Ideen? Das kam überhaupt nicht infrage! Erstens würde Lara diese Taktik sofort durchschauen, und zweitens hatte ein Alessandro Vincenti es nicht nötig, sich unter einem fadenscheinigen Vorwand mit einer Frau zu verabreden.
Vermutlich würde sie ihm sowieso einen Korb geben.
Lara war die einzige Frau, die ihn je zurückgewiesen hatte. Und dann auch noch auf so hinterhältige und verlogene Weise. Und trotzdem begehrte er sie noch immer. Vielleicht mehr denn je.
Hätte er sie vorhin im Büro geküsst, wäre auch bei ihr die alte Leidenschaft wieder entflammt. Dessen war er sich ganz sicher, denn die Luft zwischen ihnen hatte regelrecht geknistert.
Ob sie alleine lebte? Vermutlich gab es aber einen Mann in ihrem Leben, sie hatte ja gesagt, sie würde erwartet. Oder war das nur eine Schutzbehauptung, damit Alessandro gar nicht erst auf den Gedanken kam, sie aufzuhalten oder gar einzuladen?
Vielleicht lebte sie doch alleine.
Alessandro kehrte zurück in das Badezimmer und stellte dort das Glas ab.
Dann sah er sich suchend nach seinem Rasierschaum um.
5. KAPITEL
Konnte eine Liebe neu erblühen, nachdem man sie so schändlich behandelt und wegen ihr viele Tränen geweint hatte? Lara bezweifelte das. An der körperlichen Anziehungskraft zu Alessandro hatte sich nichts geändert. Noch immer pochte ihr Herz
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