Frag Nicht - Kuess Mich
aufgeregt in seiner Gegenwart, die Knie wurden weich und Wellen der Lust durchfluteten ihren Körper. Doch das waren nur Echos der Vergangenheit, die im harschen Licht der Gegenwart bald verstummen würden.
Und trotzdem hatte Lara das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Die Straßenlaternen im lebhaften Stadtteil Newton beleuchteten ihr den Weg zu dem Reihenhaus, das sie mit Vivi und ihrer Mutter bewohnte. Eigentlich war alles wie immer. Trotzdem erschien Lara das Leben seit Alessandros Rückkehr plötzlich strahlender und aufregender.
Das Gespräch mit ihm war anders verlaufen, als sie erhofft hatte. Als die Sprache auf den Pakt gekommen war, hatte Alessandro mit beißendem Sarkasmus reagiert. Wahrscheinlich hatte er nie vorgehabt, die Abmachung einzuhalten, und wurde nun von Schuldgefühlen geplagt. Warum sonst hatte er sie so kühl und abweisend behandelt?
Lara stellte die mit griechischen Köstlichkeiten vollgestopfte Einkaufstasche auf der Treppe ab und drückte auf die Türklingel.
Greta öffnete sofort. Zwei Katzen und ein kleines Mädchen namens Vivi schauten neugierig, wer denn da geklingelt hatte. Sofort warf sich die Kleine so stürmisch in Laras Arme, dass sie fast die Treppe hinunterfiel.
„Nanna und ich haben Pikelets-Teekuchen gebacken, aber ich habe mir nicht den Appetit aufs Abendessen verdorben“, plapperte Vivi aufgeregt drauflos.
„Das will ich stark hoffen.“ Lara lachte und bahnte sich ihren Weg ins Haus. Dann gab sie erst ihrer Tochter, anschließend ihrer Mutter einen Begrüßungskuss. „Entschuldige die Verspätung, Mum, aber ich hatte noch eine Besprechung. Du weißt ja, ein neues Team hat den Verlag übernommen.“
„Schon gut.“ Gretas blaue Augen leuchteten. „Haben die es drauf?“, fragte sie. Aber als sie Laras Miene sah, winkte sie sofort ab. „Ach, weißt du was? Das kannst du mir später alles berichten. Jetzt muss ich zur Probe.“
Greta verschwand in ihrer Wohnung, um sich noch etwas zurechtzumachen, während Lara und Vivi die Treppe zu ihrem eigenen Apartment hinaufstiegen.
Wie ähnlich Vivi ihrem Vater sieht, dachte Lara. Erst jetzt, nachdem sie Alessandro wiedergesehen hatte, wurde ihr die Ähnlichkeit bewusst.
Und jeder Blick auf ihre Tochter machte ihr nur noch deutlicher, in welchem Dilemma sich Lara befand.
Während der Schwangerschaft hatte sie vergeblich versucht, Alessandro zu erreichen. Sie war damals fest entschlossen gewesen, ihn über seine Vaterschaft in Kenntnis zu setzen, sobald sie ihm wieder begegnen würde. Schließlich hatte er ein Recht darauf und natürlich auch Verpflichtungen. Allerdings fiel es ihr jetzt schwer, diesen Entschluss nach all den Jahren auch in die Tat umzusetzen. Alessandro hatte sich sehr verändert. Der Vater ihres Kindes war ein Fremder, der am anderen Ende der Welt lebte.
Außerdem wusste sie nicht, wie Vivi auf die Nachricht reagieren würde, dass sie plötzlich einen Vater hatte.
Während die lebhafte Fünfjährige beim allabendlichen Bad erzählte, welche Abenteuer sie heute bestanden hatte, überlegte Lara, wie weit sie Greta ins Vertrauen ziehen sollte. Natürlich kannte ihre Mutter den Namen von Vivis Vater, doch sie wusste noch nicht, dass Alessandro wieder in Sydney weilte.
Beim Abendessen beobachtete Lara amüsiert, wie die Kleine unauffällig versuchte, die Erbsen auf ihrem Teller unter ein Salatblatt zu schieben, um sie dann nach und nach unter dem Teller zu verstecken. Was würde Greta mir raten?, überlegte Lara. Schenk ihm reinen Wein ein, würde ihre Mutter vermutlich sagen. Alessandro hatte ein Recht auf die Wahrheit. Und Vivi ebenso.
Außerdem war es nur eine Frage der Zeit, bevor jemand im Verlag erwähnte, dass Lara eine fünfjährige Tochter hatte. Spätestens dann würde Alessandro beginnen, Fragen zu stellen.
Dem musste sie zuvorkommen. Alessandro sollte nicht von Dritten erfahren, dass er eine Tochter hatte. Wäre er vorhin nicht so schwierig gewesen, wüsste er bereits die Wahrheit.
Bei der Gutenachtgeschichte von der kleinen Meerjungfrau kuschelte sich Vivi an Lara – ihre Kylie-Minogue-Puppe immer fest im Arm, damit auch sie die Bilder in dem Buch betrachten konnte.
Vivi war Alessandro wirklich wie aus dem Gesicht geschnitten. Sie hatte nicht nur die dunklen Samtaugen von ihm, sondern auch das dichte Haar und den Schalk im Nacken.
Ich muss es ihm sagen, dachte Lara erneut. Er möchte sicher an Vivis Leben teilhaben. Aber wie sollte das gehen, wenn er am anderen Ende
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