Fragmente des Wahns
Augenblick nicht zerstören.
„Hallo, Mädels“, machte Alex den Anfang. Er wollte wie immer cool sein. Er war es zwar nicht, aber die Frauen waren daran gewöhnt und spielten daher mit. Sie lächelten und gingen abwechselnd auf Alex zu.
Es gab ein Küsschen links, ein Küsschen rechts und ein ernst gemeintes „Hallo“ oder „Schön, das du da bist“. Und ja, Alex war ebenfalls froh, endlich wieder Zuhause zu sein.
„Wo ist Lilli“, wollte Alex wissen.
Er hielt es nicht mehr länger aus.
„Sie ist draußen im Garten“, antwortete Lisa.
Alex nickte und machte sich auf den Weg. Er ließ die Frauen hinter sich und kam zu der gläsernen Schiebetür, welche in den Garten führte. Sie stand offen und Alex konnte bereits die grandiose Unterwasserdekoration betrachten. Lisa und Andreas hatten wirklich tolle Arbeit geleistet. Er war stolz auf sie.
Dann sah er seine Kleine, die nun drei Jahre alt war. Und als hätte sie seine Gegenwart gespürt, blickte Lilli in seine Richtung. Zuerst war sie verwirrt, doch dann kam dieses leuchtende, unvergleichliche Lächeln zum Vorschein, das er so vermisst hatte.
„Papa, Papa!“, schrie Lilli und rannte auf ihn zu, die Arme dabei weit ausgebreitet. Sie konnte es genauso wenig erwarten wie Alex. Sie waren sich einfach zu ähnlich.
Alex kniete sich zu seiner Tochter hinab und streckte auch seine Arme aus, um sie endlich wieder umarmen zu können. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, als hätte die Zeit an Beständigkeit verloren. Alles stand still. Es gab nur noch sie. Mehr war nicht nötig.
„Ich hab dich so vermisst, Süße“, kam es über Alex’ Lippen.
Erst jetzt sah Lilli in das Gesicht ihres Vaters, wodurch sich ihre Blicke trafen.
„Bleibt Papa wieder da?“, fragte sie hoffnungsvoll.
Ihre Frage ließ Alex den Atem stocken.
Oh mein Gott. Was habe ich meiner Tochter nur angetan.
Er hasste sich mehr als er erwartet hatte. Alex hatte seine Tochter verletzt und kein Vater durfte seinem Kind Schmerzen zufügen.
Alex fing an zu weinen. Er konnte sie nicht zurückhalten. Sie waren ihm keine Sekunde peinlich.
„Natürlich, Süße. Natürlich bleibe ich hier. Ich werde dich nie mehr verlassen, Lilli. Versprochen.“
„Schön“, war ihre kurze Antwort. Dann strich sie ihrem Papa mit der Hand über das Gesicht und verwischte dabei die Tränen. „Papa nicht mehr weinen.“
„Okay, Lilli“, gab Alex zur Antwort.
„Torte?“
„Deine Torte?“
Lilli nickte eindeutig.
„Sie erwartet ihre Geburtstagstorte“, gab Lisa die Antwort auf Alex’ ungestellte Frage.
„Warum das?“
„Ich habe ihr gesagt, dass sie ihre Geburtstagstorte gleich am Anfang haben kann, wenn sie will. Aber Lilli war vehement dagegen. Sie wollte ihre Geburtstagstorte unbedingt von ihrem Papa überreicht bekommen. Sie hat keinen Moment daran gezweifelt, dass du kommen würdest.“
„Das war auch nicht nötig. Ich hätte ihren Geburtstag auf gar keinen Fall verpasst.“
Lilli schien es wirklich gewusst zu haben. Sie kannte ihren Papa und wusste, dass er sie über alles liebte und sie nie allein lassen würde.
Und doch lag ein Schatten über diesem freudigen Moment und er breitete sich unaufhaltsam aus.
„Gib mir einen Moment, meine Kleine. Spielt ihr noch ein wenig. Okay?“
Lilli nickte und kehrte zu ihren Freunden zurück, die gerade Unterwasser-Topfschlagen spielten. Lisa hatte hierfür einen alten Kochtopf mit blauem Krepppapier umwickelt und mit Muscheln versehen. Unter dem Topf befanden sich als Belohnung Schokomuscheln. Zudem sah der Stock wie eine lange Koralle aus. Lisa war in dieser Hinsicht schon immer kreativ gewesen.
Währenddessen waren Alex und seine Frau zurück in die Küche gegangen, wo sie es sich zusammen mit Andreas und Sabine bequem machten. Sabine nippte noch immer an ihrem Rotweinglas, während sich Andreas eine Jack-Cola gönnte. Sein absolutes Lieblingsgetränk, was Alkohol betraf. Alex konnte hingegen mit Whiskey nichts anfangen. Wenn es schon Alkohol sein musste, dann entweder Bier oder, wenn er etwas Starkes brauchte, dann ein bisschen Wodka.
„Na, hat sich Lilli gefreut, dich wieder zu sehen?“, fragte Andreas und prostete ihm mit seinem Whiskyglas entgegen.
„Natürlich, was hast du denn gedacht?“
„Nichts anderes.“
„Du siehst richtig gut aus, Alex“, sagte Sabine. „Die kleinen Narben in deinem Gesicht fallen fast nicht auf. Ich musste schon genau hinsehen. Du hattest wirklich Glück.“
„Ja, hatte ich. Andererseits durfte
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