Fragmente des Wahns
vorbei Richtung Garten. Dabei wäre sie fast gestolpert, so groß war das Geburtstagsgeschenk in ihren kleinen Armen.
Jetzt erst kam Sabine auf ihre Freundin zu und umarmte sie. Wie bei Emilia und Sybille hatten sich auch Sabine und Katie vor gut einem Jahr in der Mutter-Kind-Gruppe kennengelernt.
„Katie hat fast die ganze Nacht wach gelegen“, erzählte Sabine, „so aufgeregt war sie. Ich konnte sie kaum dazu bewegen, überhaupt ins Bett zu gehen.“
„Was glaubst du, wie es mir mit Lilli ergangen ist. Gerade jetzt, wo Alex auch noch im Krankenhaus ist. Lilli vermisst ihn sehr und will einfach nicht ohne seine Gutenacht-Geschichte einschlafen. Und dann kommt auch noch ihr Geburtstag dazu. Eine Tortur, das sag ich dir.“
„Ich kann es mir vorstellen. Wie geht es Alex überhaupt?“
„Gut. Er hat den Unfall scheinbar ohne größere Verletzungen überstanden. Sein Bruder holt ihn gerade ab. Er wollte den Geburtstag auf keinen Fall verpassen.“
„Sollte er sich nicht lieber noch schonen?“
„Sicher. Doch sag das mal Alex. Wenn es um Lilli geht, ist er wie eine dieser Osterinselstatuen. Da kann man so viel reden, wie man will, da rührt sich rein gar nichts.“
„Männer eben.“
„Da sagst du was.“
Sie mussten lachen.
„Entschuldige. Möchtest du etwas trinken“, fragte Lisa verlegen. Sie hatte ganz vergessen, ihrer Freundin etwas anzubieten.
„Ein Saft wäre großartig.“
„Emilia, Kathrin und Simone sind auch schon da“, sagte Lisa, während sie gemeinsam durch das Wohnzimmer in die Küche gingen.
Sabine sah aus dem Augenwinkel, dass Katie bereits im Garten war und Lilli das Geschenk überreichte. Sie war beruhigt, als sie Emilia erkannte, die auf die Kinder aufpasste.
Kathrin und Simone standen in der Küche und unterhielten sich. Beide hatten ein Glas Rotwein in der Hand. Irgendwie bekam auch Sabine Lust auf ein Gläschen, aber sie wollte nicht mehr danach fragen.
„Nicht doch lieber Lust auf ein Glas Rotwein?“, fragte Lisa, die den Blick ihrer Freundin erkannt und richtig gedeutet hatte. „Ich nehme auch eines.“
„Gerne“, antwortete Sabine erfreut.
Lisa schenkte den Wein in zwei frische Gläser, während sich die anderen Frauen begrüßten.
„Dann lasst uns mal anstoßen“, sagte Lisa und reichte Sabine ein Glas. Dann stießen sie auch schon an.
„Wirklich eine schöne Geburtstagsfeier“, sagte Kathrin. „Hast du das alles selbst gemacht?“
„Andreas hat mir geholfen“, antwortete sie.
„Alex’ Bruder, nicht wahr?“, fragte Simone, die ihn noch nicht kennengelernt hatte und nur vom Hörensagen kannte.
„Ja, so ist es. Ohne ihn hätte ich bis in die Nacht gearbeitet. Sonst hilft mir ja Alex immer.“
„Und es geht ihm wirklich wieder gut?“, wollte Sabine wissen. Auch die anderen schienen besorgt.
„Die Ärzte behaupten es zumindest, aber bei Alex kann man ja nie wissen. Bei dem waren schon immer ein paar Schrauben locker“, versuchte Lisa die Stimmung zu retten.
„Na, vielleicht sind sie jetzt wieder festgezogen“, stieg Simone auf den Zug auf.
„Dann hätte die Sache wenigstens etwas Gutes“, warf Kathrin ein.
Sabine sagte dazu lieber nichts.
„Nein. Spaß beiseite. Es geht ihm gut und ich bin auch froh darum. Er müsste bald auftauchen.“
„Schön“, sagte Sabine.
Lisa verabschiedete sich nickend und ging zurück ins Wohnzimmer. Sie sah hinaus in den Garten und betrachtete Lilli, wie sie zusammen mit ihren Freunden spielte. Sie lachte so warmherzig und ehrlich, dass es Lisas Herz mit Stolz füllte. Sie liebte ihre Tochter so sehr.
Lisa hörte die Tür, als sie zurück ins Schloss fiel, erblickte ihren Mann und gleich dahinter Andreas, der die Reisetasche trug.
„Schatz, ich bin zuhause“, sagte Alex zögerlich und nicht ganz so euphorisch, wie er es sonst immer tat. Etwas bedrückte ihn.
Doch im Moment war es Lisa egal, sie war einfach nur froh, ihren Mann zurückzuhaben. Sie stellte das Weinglas ab, ging auf ihren Mann zu und umarmte ihn lang, intensiv und sehnsüchtig. Endlich hatte sie ihn zurück.
„Ich hab dich vermisst“, flüsterte sie.
„Glaubst du, ich nicht?“ Alex sah ihr in die wunderschönen, wenn auch traurigen Augen. „Und jetzt lach wieder. Heute ist schließlich Lillis Geburtstag.“
„Ja, du hast ja recht.“
Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und entließ ihren Mann aus der Umarmung. Dann wandte sie sich wieder ihren Gästen zu. Niemand hatte etwas gesagt. Sie wollten den
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