Fragmente des Wahns
geben. Stört es dich?“
„Was?“
„Dass ich mehr über sie erfahren will?“
„Ach was, das ist nur verständlich und ich vertraue dir. Du machst das schon!“
„Danke.“
„Kein Thema. Aber du solltest ihn vorher anrufen. Wer weiß, wo Andreas gerade steckt.“
„Ja, da hast du recht, aber zuerst helfe ich dir beim Aufräumen.“
„Da sag ich bestimmt nicht Nein.“
Nachdem der Esstisch abgeräumt und das Geschirr sauber war, hatte sich Alex in den ersten Stock verzogen, während Lisa mit Lilli den Garten unsicher machte. Er zog sich gerade das T-Shirt über den Kopf, als sein Handy klingelte. „Alex.“
„Morgen. Ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt.“
„Morgen, Ralfie. Nein, hab heute nicht sonderlich gut geschlafen.“
„Schlechte Träume?“
„Kann man so sagen, ja.“
„Sollen wir uns auf einen Guten-Morgen-Kaffee treffen und über alles reden?“
„Eigentlich gerne, nur …“
„Du hast schon was vor?“
„Ja, ich möchte Andreas besuchen.“
„Das kann ich verstehen. Habt ihr seit dem Vorfall schon wieder miteinander geredet?“
„Nein, eben nicht.“
„Dann wird es wirklich Zeit. Ich meine, es ist schon krass, was er mit dir angestellt hat, aber immerhin hat er dir bei der ganzen Sache beigestanden. Er hat nichts Falsches getan.“
„Ja, das weiß ich auch. Vor allem seit heute Nacht.“
„Was war denn?“
„Kurz gesagt, ich habe von diesem Tag geträumt.“
„Scheiße.“
„Das trifft es nicht annähernd.“
„Und? Wie geht es dir jetzt?“
„Keine Ahnung, schwer zu sagen. Diese Gefühlswelle hat mich echt umgehauen, doch andererseits kann ich mein altes Ich und Andreas dadurch mehr als verstehen. Und das nach nur einem so kurzen Traum.“
„Ist schon heftig die ganze Sache.“
„Ja, das kannst du laut sagen. So was hätte ich mir niemals vorstellen können.“
„Wer hätte das schon?“
„Auch wieder wahr. Aber wir sollten uns wirklich auf einen Kaffee treffen. Wie ist es mit heute Nachmittag? Ich denke, länger werde ich bei Andreas nicht brauchen.“
„Gerne, aber nimm dir ruhig Zeit, denn Ihr beide braucht dieses Gespräch.“
„Ja, ich weiß. Und danke noch mal für alles, Ralfie. Ich weiß nicht, was ich ohne dich getan hätte.“
„Hey, dafür sind Freunde doch da. Also, dann bis später?“
„Ja, bis später.“
Alex legte auf, nur um gleich darauf eine neue Nummer zu wählen. Nach dem dritten Klingeln nahm er ab.
„Ja?“
„Morgen, Andreas.“
„Alex?“, er wirkte überrascht. „Morgen.“
„Hab ich dich geweckt?“
„Nein, nein. Schon gut. Was gibt es?“
„Ich wollte mir dir reden. Kann ich vorbeikommen?“
„Ähm …“, kurzes Schweigen. „Können wir uns nicht lieber woanders treffen? Um was geht es überhaupt?“
„Um ehrlich zu sein, möchte ich ganz allgemein über die furchtbare Sache mit dir reden. Wir haben seit Nürnberg nicht mehr miteinander gesprochen und ich weiß nicht, wie du das siehst, aber ich finde, dass wir nicht gut auseinandergegangen sind.“
„Ja, stimmt schon.“
„Außerdem …“
„Ja?“
„Hatte ich heute Nacht einen Traum und … na ja, ich würde gerne mit dir darüber reden. Da gibt es etwas, das ich gesehen habe und nicht ganz verstehe. Aber ich will nicht am Telefon darüber reden.“
Schweigen. Stille.
Eine gute Minute lang.
„Nun, okay. Wann willst du vorbeikommen?“
„Ich dachte, du willst dich woanders treffen?“
„Nein, schon gut. Du kannst gerne vorbeikommen.“
„Okay. Dann so in einer Stunde?“
„Gut, ich bin da.“
„Dann bis später, Andreas.“
„Bis dann.“
Sein Bruder hatte aufgelegt. Irgendwie hatte Alex sich dieses Gespräch anders vorgestellt. Andreas schien nicht ganz bei der Sache zu sein. War er wirklich so angeödet von der Idee, sich mit Alex zu unterhalten? Nun, wer konnte es ihm verdenken.
Doch jetzt brauchte Alex erst mal eine ausgiebige Dusche, die er sich auch gönnte. Daraufhin zog er sich seine Lieblingsjeans und ein weiches, graues Sweatshirt über. Unten verabschiedete er sich noch von seiner Familie.
„Ich fahr dann mal zu Andreas.“
„Gut, dann weiß ich Bescheid und viel Spaß.“
„Danke, Schatz, bis später. Tschüss, Süße.“
„Tschau, tschau, Papa.“
Alex ließ es sich nicht nehmen, seine beiden Frauen zum Abschied zu umarmen. Lisa bekam noch ein Küsschen obendrauf. Dann ging es zum Auto und weiter zu seinem kleinen Bruder. Die Zeit war gekommen, dass sie über alles redeten.
Über
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