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Fragmente: Partials 2 (German Edition)

Fragmente: Partials 2 (German Edition)

Titel: Fragmente: Partials 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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welche Rolle Heron spielte – dieses große, langbeinige Supermodel, das Kira für Dr.   Morgan eingefangen hatte –, aber anscheinend passte keine einzige Gussform auf diesen Mann. Eine Art Supersoldat unter den Supersoldaten? Ein Spezialist für schwere Waffen oder ein Nahkampfexperte? Samm hatte so etwas nie erwähnt, aber es gab sicher vieles, worüber er nicht gesprochen hatte. Kira konzentrierte sich mit allen Kräften und bemühte sich, den Riesen über den Link aufzuspüren, soweit sie überhaupt darauf zugreifen konnte. Sie empfing jedoch nicht das Geringste.
    Abgesehen von der Körpergröße war auch die Tatsache aufschlussreich, dass er außer Atem war. Er war nur ein paar Häuserblocks weit gelaufen und keuchte bereits, als hätte er einen Marathonlauf absolviert. Das sah nicht nach einem körperlich vollkommenen Supersoldaten aus, sondern eher nach einem übergewichtigen Menschen.
    Dank des großen Monds und des wolkenlosen Himmels war er recht gut zu erkennen. Kira zückte leise das Fernglas, um ihn genauer zu betrachten. Sie hockte kaum dreißig Meter entfernt hinter einem verrosteten Auto. Es war Zeit, sich Gewissheit über seine Bewaffnung zu verschaffen. An den Beinen oder an den Hüften trug er nichts, keine Halfter und keine Messerscheiden, und auch in dem Einkaufswagen schien sich nichts außer den Plastikbehältern zu befinden. Gerade hatte er wieder einen Kanister abgefüllt und drehte sich zu ihr um, als er ihn in den Karren stellen wollte. Dabei öffnete sich der Mantel ein wenig, und sie sah seinen Oberkörper und die Seiten des Rumpfs. Auch dort war keine Waffe untergebracht, er trug weder ein Schulterhalfter noch ein Bandelier. Kira runzelte die Stirn. Unbewaffnet überlebte in dieser Wildnis keiner lange, also hatte er seine Waffe versteckt. Aber warum verbarg er sie, wenn er sich allein wähnte?
    Plötzlich wurde Kira bewusst, dass sie in eine Falle getappt war. Dieser große, langsame und unbewaffnete Mann war als Köder vorgeschickt worden, während die anderen sie einkreisten, um ihr den Fluchtweg abzuschneiden. Sie ließ sich zu Boden sinken und machte sich flach, falls jemand auf sie zielte, und sah sich in Panik nach den Angreifern um. Die Stadt war zu dunkel, in hundert Fenstern, Türen und Schatten konnten Heckenschützen lauern. Andererseits konnte sie selbst nicht weit genug blicken, um auch nur einen von ihnen zu erkennen. Als einzige Hoffnung blieb ihr die Flucht, genau wie bei dem Ungeheuer auf dem Platz. In dem Gebäude hinter ihr gab es eine Schaufensterfront, vielleicht eine ehemalige Pizzeria. Sicherlich gab es dort auch einen rückwärtigen Raum und womöglich sogar einen Keller. Wenn sie Glück hatte, fand sie eine Treppe, die tiefer in das Gebäude hinabführte. Sie konnte hineinhuschen, einen anderen Ausgang suchen und verschwinden, bevor die Falle der Gegner zuschnappte.
    Der Mann an der Treppe der U -Bahn-Station streckte sich. Sein Rucksack lag neben ihm auf dem Boden. Bereitete er sich auf einen Angriff vor? Sie musste etwas unternehmen. Kira sprang auf, rannte zum Restaurant hinüber und machte sich innerlich schon auf einen Einschuss im Rücken gefasst. Hinter sich hörte sie einen Ruf oder eher einen Angstschrei, doch sie drehte sich nicht um. Im hinteren Teil der Pizzeria befand sich eine dünne Holztür, dahinter lag ein Büro. Kira stürmte hindurch und warf die Tür hinter sich zu. Dann schaltete sie die Lampe ein, um nach dem Hinterausgang zu suchen. Es gab keinen.
    Sie saß in der Falle.

9
    Mit gestrecktem Arm fegte Kira das Gerümpel von dem Metallschreibtisch, der mitten im Raum stand, und wirbelte den jahrzehntealten Staub und die hohen Papierstapel durcheinander. Der letzte Gegenstand war ein Flachbildschirm, den sie zur Seite warf, bevor sie den Schreibtisch umkippte und dahinter abtauchte, um zusätzliche Deckung zu gewinnen. Schließlich hockte sie mit angelegtem Gewehr hinter der Barriere und zielte mitten auf die Tür. Wenn der Knopf auch nur einen Millimeter ruckte, würde sie das ganze Magazin in den Eindringling jagen. Sie wartete und wagte kaum zu atmen.
    Sie wartete.
    Eine Minute verging. Fünf Minuten. Zehn Minuten. Sie stellte sich vor, wie jenseits der Tür ein anderer Schütze ebenso vorsichtig wie sie selbst auf der Lauer lag. Wer verlor als Erster die Geduld? Die anderen waren in der Überzahl, sie waren im Vorteil und konnten sich außerdem dort draußen frei bewegen. So leicht wollte sie allerdings nicht aufgeben. Wenn die

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