Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frame, Janet

Frame, Janet

Titel: Frame, Janet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wenn Eulen schrein
Vom Netzwerk:
für die Flasche). Ach, und meines Körperpuders, Parfums, Badesalzes, Deos und des grässlichen Zeugs, mit dem ich die Haare unter dem Arm und den leichten Schatten auf meiner Oberlippe wegmache. Ich glaube, mein Enthaarungsmittel wird aus Kalk hergestellt, es soll die Haare fortbrennen, und auf der Packung stehen in großen Buchstaben furchterregende Anweisungen.
    ACHTUNG: AUGENKONTAKT VERMEIDEN.
    Das macht mir Angst, ich fürchte immer, ich könnte blind werden. Wie schrecklich es wäre, blind zu sein.
    Wie man sieht, habe ich fast eine Seite gebraucht, um meine Schönheitsmittel zu beschreiben, und Tim lacht mich aus. Der gute Tim! Vielleicht ziehen wir schneller in den Süden, als ich dachte.
    Ich kann mich nicht gut weigern, hinzuziehen. Aber Waimaru! Die tote Stadt, wo niemand lächelt und sich die alten Weiber aufregen, wenn man einen Sonnenanzug oder einen zweiteiligen Badeanzug trägt. Sie werden mich wahrscheinlich wie eine verlorene Tochter behandeln, die zurückkehrt, als hätte ich kein gesellschaftliches Ansehen, weil sie mich nur als das kleine Mädchen erinnern, das in der Stadt wohnte und dort zur Schule ging. Und sie werden meinen Kindern über den Kopf streichen und sie bestaunen und Ähnlichkeiten mit mir feststellen, die ich selbst nicht sehen kann, sodass ich ganz verwirrt bin und mich unfähig fühle. Und wenn mein Vater uns besucht, wird er die Kinder genauso anbrüllen, wie er uns immer angebrüllt hat. Er wird den Herrn im Haus spielen, und wenn er Mark um etwas bittet, wird er zu ihm sagen: Spring, mein Bürschchen, schnell, mach flink.
    Er wird sie ohrfeigen und ihnen erklären, dass man Kinder sehen, aber nicht hören darf, und meine ganze Kinderpsychologie durcheinanderbringen. Und meine Mutter wird sich einmischen und es bei den Kindern wiedergutmachen wollen und ihnen Bonbons geben, obwohl sie genau weiß, dass sie keine haben sollen, und mit Geschenken ankommen und Geschichten erzählen: «Es war einmal vor langer, langer Zeit –»
    «Vor langer, langer Zeit, weißt du, was vor langer, langer Zeit passiert ist?» – «Nei-ei-ein.» – «Nun, es ist eine Geschichte, und ich werde sie dir erzählen.»
    Meine Mutter wird wieder jung und glücklich werden und sich einbilden, meine Kinder wären ihre eigenen, und sie wäre für sie der hundertjährige Schatz voll Weisheit und Märchen, den Kinder Großmutter nennen.
    Und ob mein Vater wohl Süßigkeiten bei sich haben wird, um sie seinen Enkelsöhnen in den Mund zu stecken?
    Das ist alles ein Traum und wird nicht so sein. Mein Vater ist nervös und reizbar, meine Mutter verwelkt und dem Tode nahe. Ach, ich sehne mich plötzlich nach meiner alten, schwarzhaarigen Großmutter, von der wir immer träumten, sie sei eine Schwarze gewesen; die in einem langen schwarzen Kleid mitten zwischen den Korn- und Kartoffelfeldern Virginias saß wie ein Vulkan; meine Großmutter, die weise und von der Sonne verbrannt war, sodass ihre Haut nach Essen roch, und ich auf ihren Schoß kletterte und wie ein Kannibale Nase und Mund in ihrem dampfenden Fleisch vergrub.
    Ich darf nicht so träumen. Mir graut davor, nach Waimaru zu ziehen. Für ein Kind weitet sich mit jedem Wunsch die Welt der Kindheit, sodass es sie wie einen Zaubermantel um die Schultern tragen kann. Ich werde nach Waimaru zurückkehren und feststellen, dass es wie das Chagrinleder bei jedem meiner Wünsche zusammenschrumpft, bis es nur noch ein verschrumpelter Fetzen zwischen Daumen und Zeigefinger ist.
    Und dazu noch – Toby und die Müllgrube, auf der unser Haus steht. Daran wage ich gar nicht zu denken.
    Morgens
    Ich habe Tim gestern Abend im Bett meine Befürchtungen gebeichtet. Er ist ein Engel, er hat mich in jeder Hinsicht beruhigt, sodass alles, was ich gestern Abend in mein Tagebuch geschrieben habe, bei Tageslicht wie Unsinn erscheint. Es sieht mir nicht ähnlich, mich so anzustellen, aber manchmal überkommt mich einfach der Trübsinn. Tim ist ein Engel, abgesehen davon, dass er seinen Tee über das saubere Bettlaken verschüttet hat.
    Ich glaube, es wird nie Herbst. Peter hat zu mir gesagt, er glaubt, die Welt ist im Sommer stehen geblieben. Ich glaube fast, er hat recht. Vielleicht bleibt es jetzt ewig Sommer.
    Montag, 18. März
    Die Verhandlung gegen Bessick hat heute begonnen, und einer der Zeugen ist ausgerechnet der Mann vom Elektrizitätswerk, der den Strom ablesen wollte. Anscheinend hat er gehört, wie Bessick seine Frau bedrohte. Und eine Nachbarin, die das Kätzchen

Weitere Kostenlose Bücher