Frame, Janet
Leben verlangen, als gern gesehen und beliebt zu sein.
Samstag, 23. Februar
Heute Nachmittag waren wir mit dem Auto am Strand. Die Kinder haben sich, wie Kinder so sind, damit vergnügt, Sandburgen zu bauen und Muscheln zu suchen und auf das Rauschen des Meeres in der Muschel zu horchen und zu planschen. Ich setzte Sharon an den Wasserrand, wo nur die ganz kleinen Wellen hinkommen, und sie krabbelte auf dem Sand umher und versuchte, die Schaumflöckchen mit den Fingern zu greifen und in den Mund zu stecken. Sie konnte nicht begreifen, was passiert war, wenn der Schaum zwischen ihren Fingern verschwand und sie nichts mehr in der Hand hatte. Ich gab ihr eine Schaufel von den Jungen zum Spielen, und sie saß neben uns auf der Decke, schlug mit ihrem Schäufelchen um sich, gurrte und machte kleine Luftblasen. Ich glaube, sie ist fast so weit, dass sie läuft, denn sie hangelt sich herum und hält sich nur mit einer Hand fest und ist überraschend geschickt, viel geschickter als die Jungs es im gleichen Alter waren, obwohl Mark sehr früh zu laufen anfing – ich glaube, beim ersten Kind kommt es einem immer so vor. Jedenfalls sind sie jetzt alle artig im Bett und haben ihren Gutenachtkuss bekommen, und Tim hört Radio. Er ist eben mit seiner Verkaufsaufstellung fertig geworden.
Sonntag
Ich habe gestern Abend ganz plötzlich mein Tagebuchschreiben abgebrochen und mich zu Tim gesetzt und mit ihm Radio gehört. Was für eine friedliche Welt, und was für ein Glück ich habe, so geliebt zu werden und in Sicherheit zu sein. Ich habe einen Roman entdeckt, Das Chagrinleder von einem Franzosen namens Balzac. Ich weiß nicht genau, ob er mir gefällt, aber ich traf Mrs Dr. Broadfoot in der Stadt, und sie hat ihn mir empfohlen, und ich musste ihr versprechen, ihn zu lesen. Ich habe die ersten drei Seiten gelesen. Da es mir eben einfällt, muss ich gestehen, dass ich mich vorige Woche in den Film MIT EINEM UNGEHEUER VERHEIRATET geschlichen habe und dass ich ihn teilweise ziemlich anstößig fand. Ich erwähnte Mrs Dr. Broadfoot gegenüber nicht, dass ich ihn gesehen habe, falls es kein Film ist, in den man geht, wenn er auch französisch ist; aber seitdem habe ich festgestellt, dass alle Intellektuellen hingehen, und ich wünschte, ich hätte den Film Mrs Broadfoot gegenüber erwähnt, es wäre ein Ausgleich dafür gewesen, dass ich Balzacs Chagrinleder nicht kannte. Aber jetzt ist es zu spät zum Bedauern.
Montag, 25. Februar
Ein schrecklicher Vormittag in der Stadt. Ich habe ein Paar Schuhe im Ausverkauf gekauft, und als ich nach Hause kam, entdeckte ich, dass sie über dem rechten Spann drücken, und ich kann sie nicht umtauschen. Ach, wie ich diese affektierten Verkäuferinnen manchmal hasse.
Heute kam ein Brief von meiner Mutter, die übliche Geschichte, dass alles gut ist und der Glaube siegt. Ach, ich hasse sie, und ich wünschte, sie würde der ganzen Ungewissheit ein Ende machen und endlich sterben. Ich finde, sie ist lange genug krank gewesen. Sie schreibt, Dad war in der Anstalt und hat wegen Daphne mit dem Arzt gesprochen. Daphne selbst konnte er nicht sehen, da es ihr offensichtlich für Besuche nicht gut genug geht. Er sagt, der Garten ist voller Blumen, mit großen Rasenflächen und gut gepflegten Fußwegen, sodass es wirklich ein Paradies für die armen Verrückten zu sein scheint. Zweifellos sind sie dort glücklicher als in der Außenwelt. Aber wie soll ich den Leuten gegenübertreten, wenn sie herausbekommen, dass ich eine Schwester in der Anstalt habe? Ich bin erstaunt, dass mein Vater den Besuch gewagt hat, er entschließt sich im Allgemeinen so schwer zu Reisen oder Unternehmungen. Er versucht, das Rauchen aufzugeben. Er hat Angst vor Krebs.
Montag, 11. März
Tim hat mich mit meinen Schönheitsmitteln aufgezogen und sagt, ich soll sie doch mal in meinem Tagebuch auflisten. Ich habe seine Herausforderung angenommen und werde nun also eine Aufstellung meiner Puder und Cremes machen. Ich könnte eine ganze Seite füllen mit der Beschreibung meines Make-ups, meiner Nachtcremes und Gesichtswässer und Puderunterlagen (ich benutze flüssige Unterlagen – in letzter Zeit bin ich zu Victoria Pfirsichblüte übergegangen), meiner Lippenstifte (Granatrot ist meine Lieblingsfarbe, außerdem Mohn und Feuerrot), meines Gesichtspuders (in letzter Zeit bin ich von Cake Make-up abgekommen, weil es die Poren verstopft), meines Haarwaschmittels (was für eine hübsche Form die Flasche hat – man bezahlt eigentlich
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