Framstag Sam
irgendein Hotel.«
Der Taxifahrer gab Gas.
Es war kurz nach Mitternacht, und der Straßenverkehr hatte etwas nachgelassen. Diejenigen, die außerhalb der Stadt eine Sause gemacht hatten, fuhren auf sie zu, und die, die außerhalb lebten und in der Stadt auf den Putz gehauen hatten, verließen sie (ist ja auch logisch).
Etwa eine Viertelstunde nach Mitternacht sahen sie die erste Straßensperre. Daß sie in aller Eile errichtet worden war, sah man nur allzu deutlich, denn sie bestand lediglich aus hastig umgekippten Ölfässern.
»Sie suchen wieder jemanden«, nuschelte der Taxifahrer. »Wenn sie eine Straßensperre errichten, muß es sich ja um einen gefährlichen Burschen handeln.«
Die Fahrzeugschlangen verlangsamten die Fahrt und hielten an. Polizeibeamte, die mit Waffen bestückt waren, die ein Mittelding zwischen Maschinenpistolen und Büchsenöffnern zu sein schienen, gingen von Wagen zu Wagen, ohne sich auch nur im geringsten um die Verwünschungen der aufgebrachten Verkehrsteilnehmer zu scheren. Am Seitenfenster von Sams Taxi erschien ein blutjunger Uniformierter und brummte etwas von Papieren. Papiere! Alles was Sam besaß, war sein im zwanzigsten Jahrhundert ausgestellter Personalausweis, und der würde ihm hier nicht viel nützen. Trotzdem zeigte er ihn vor.
Der Polizist warf nicht einmal einen Blick hinein. Statt dessen hielt er dem Taxifahrer und Sam das 4-D-Foto eines Burschen unter die Nase, der heftig mit den Augenlidem klapperte und dessen linkes Ohr – das viel größer war als das rechte – nervös zuckte.
»Ham' se den hier schon mal gesehen?«
Das Foto kam Sam irgendwie bekannt vor. Er musterte den Gesuchten angestrengt – aber erfolglos.
»Nein«, sagte der Taxifahrer.
»Nein«, sagte Sam.
»Weiterfahren«, sagte der Polizist. »Dafür blecht ihr ein Bußgeld von je sechzig Dollar.«
Der Taxifahrer seufzte gottergeben und bezahlte die Strafe.
»Darf ich vielleicht fragen, wofür?« fragte Sam aufgebracht.
»Artikel hundertdreiundzwanzig«, schnaubte der Polizist. »Verweigerung einer Zusammenarbeit mit der Polizei.«
»Aber wir kennen den Kerl doch gar nicht!
»Haben Sie die Zusammenarbeit verweigert oder nicht?«
»Aber keinesfalls! Wir…«
»Gut«, sagte der Polizist, »das war ein Geständnis. Und jetzt heißt es bezahlen und weiterfahren, sonst hau' ich euch noch was wegen Verkehrsbehinderung drauf.«
Sam bezahlte murrend. Der Taxifahrer gab Gas. »Kommt so was öfter vor?« fragte Sam.
»Irgendwie muß der Staat ja schließlich an sein Geld kommen, Mann. Aber im Vertrauen: Warum hast du mir nicht gleich gesagt, daß du von der Polizei gesucht wirst?«
» Ich? «
»Na klar! Dann wäre der Abend für mich doch viel spannender gewesen. Es ist kaum zu glauben, daß dieser idiotische Bulle dich nicht erkannt hat.«
Tja… Jetzt, wo Sam darüber nachdachte… Das nervöse Zucken des linken Ohrs und das stetige Augenblinzeln… Plötzlich erinnerte er sich der Beichte, die er dem feinen Herrn im Autobahnrestaurant gegenüber abgelegt hatte.
»Der Jet-Set-Typ!« rief Sam.
»Hast ihn vielleicht um seine Brieftasche erleichtert?«
»Aber nein! Ich sagte doch, daß ich in Geld schwimme.«
»Dann bezahl mich«, sagte der Taxifahrer. »Und zwar auf der Stelle!«
»Vertraust du mir etwa nicht mehr?«
»So lala.«
Sam bezahlte und gab dem Mann dann noch ein dickes Trinkgeld.
»Da kommt die nächste Straßensperre«, sagte der Taxifahrer. »Wenn ich du wäre, würde ich mich stellen. Ein Verbrecher hat in diesen Zeiten keine Chance.«
Sam überdachte diesen Vorschlag. Er wußte schließlich genau, daß er nichts ausgefressen hatte. Vielleicht hatte er unbewußt ein Gesetz übertreten. Der Jet-Set-Typ hatte ihn vielleicht für einen… für einen… na ja, für einen anderen gehalten.
»Du hast recht«, sagte er zu dem Taxifahrer.
»Danke, Kumpel. Du hast doch nichts dagegen, wenn ich sage, daß ich dich gefangen habe? Ich könnte sicherlich eine fette Belohnung kassieren.«
»Na ja, warum nicht«, sagte Sam großzügig. »Wenn ich dir damit einen Gefallen tun kann.« Der Taxifahrer bremste den Wagen ab. Sams Herz begann plötzlich wie panisch zu schlagen. Hatte er wirklich nichts ausgefressen?
Warum hatte der Minister am vergangenen Nachmittag dann auf ihn geschossen? Ob er vielleicht irgendein ungeschriebenes Gesetz übertreten hatte, ohne zu wissen, daß darauf eine hohe Strafe stand? Fröstelnd erinnerte er sich an den Autofahrer, den sie wegen eines Unfalls
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