Francisco Pizarro - Der Eroberer Von Peru
den Feldern baut man hauptsächlich Kartoffeln. Sie ist hier die Hauptnahrung der Eingeborenen. Männer wie Frauen tragen Wollkleider; die Männer als Schmuck eine mörserartige Wollmütze, Tschuko genannt, die Frauen Kapuzen wie unsere Mönche. Sie haben uralte Gebräuche. Die Toten ehren sie mehr als die Lebenden, wiewohl sie ihren Vornehmen mit sklavischer Unterwürfigkeit begegnen. Edelleute und Würdenträger erscheinen niemals ohne Leibwache und werden stets auf Tragsesseln getragen; zu Fuß gehen sie grundsätzlich nicht. Viele der Vornehmen sind kluge und erfahrene Leute, was aus ihrer Rede und Antwort hervorgeht. Man hat eine eigene Zeitrechnung und gewisse Kenntnisse vom Umlauf der Himmelskörper, besonders der Sonne und des Mondes. Hiernach berechnet man das Jahr, das zehn Monate zählt. Wichtige Begebenheiten erben sich in Volksliedern und Romanzen von Geschlecht zu Geschlecht fort. So wird nichts Erinnerungswertes vergessen, obgleich man keine Schriftzeichen hat. Gemäß der allgemeinen Weltanschauung widmet man den Wohnungen der Lebendigen geringe Sorgfalt, während die Ruhestätten der Verstorbenen kostbar ausgestattet werden, als ob das höchste Glück auf Erden ein schönes Grabmal sei. Nahe den Dörfern sieht man allerorts kleine viereckige, aus Stein und Erde errichtete Türme, meist mit Steinplatten, selten mit Stroh gedeckt, mit Türen dem Sonnenaufgang zu; das sind die Grabstätten. Die Begräbnisfeiern sind umständlich. Die Verwandten und Freunde des Gestorbenen weinen und jammern tagelang. Man schleppt allerlei Totengaben herbei, besonders junge Lamas und Mais. Zu Ehren des Toten werden Zechgelage veranstaltet; an Tschitscha wird dabei nicht gespart. War der Dahingegangene ein Vornehmer, so folgt seinem letzten Gange die gesamte Dorfgemeinde. Man verbrennt an seinem Grabe zehn bis zwanzig Lamas, tötet wohl auch einige seiner Frauen und Kinder, im Wahne, daß sie ihm in die andere Welt begleiten, daß er ihrer daselbst bedarf. Die Hinterbliebenen, zumal die Diener, schneiden sich zum Zeichen ihrer Trauer das Haupthaar kurz. Die Priester stehen in hohem Ansehen.«
In Kuzko fand ein feierlicher Empfang durch die Behörden und das Volk statt. Die den Spaniern angewiesenen Quartiere ließen nichts zu wünschen übrig. In der Hauptstadt war es besonders »die große Moschee«, die ihre höchste Bewunderung erregte.
Dieser Sonnentempel hatte den Namen Korikancha (Goldhag). Er bestand aus einem Hauptbau nebst mehreren Kapellen und Nebengebäuden. Eine Steinmauer umschloß das Ganze, das beträchtlichen Umfang hatte. Der Tempel war so imposant, daß einer der Eroberer (Sarmiento), der ihn im vollen Glanze gesehen, versichert, in ganz Spanien ließen sich nur zwei Bauten mit ihm vergleichen. Das Innere war buchstäblich mit Gold bedeckt. Dem Eingang gegenüber hing eine ungeheure Sonnenscheibe mit einem Menschengesichte und zahllosen, die Wand füllenden Strahlen, alles aus purem Gold mit tausend und abertausend funkelnden Smaragden. In der Frühe ward das Haupttor weit geöffnet, so daß die Morgensonne den hohen weiten Raum des Heiligtums mit ihrem Licht erfüllte und an ihrem goldnen Ebenbilde und von allen den Goldplatten der andern Wände in wunderbaren Flammenfluten zurückstrahlte. Das Gold hieß im Volksmunde der Peruaner »Sonnentränen«.
Die Nebenkapellen waren dem Monde, den Planeten, dem Siebengestirn geweiht. Das polierte Silber, das hier vorherrschte, glänzte und gleißte mit wundersamem Reiz. Mit Hilfe von Spiegelungen in den Regenbogenfarben verstanden die Priester märchenhafte Stimmungen zu erzeugen. Die heiligen Geräte im Tempel, die Räucherpfannen, die symbolischen Tier- und Pflanzenfiguren, riesig in ihren Maßen, grotesk in ihren Formen, alles aus Gold, Silber und Smaragd, erhöhte das Geheimnisvolle.
Der Tempel von Kuzko war das Nationalheiligtum. Die ganze Stadt und ihre Umgegend waren heilig. »Jede Quelle, jeder Pfad, jeder Stein,« sagt ein alter Chronist, »war den Pilgern, die von nah und fern kamen, ein Mysterium«. Zumal die Inka-Edelleute wähnten nicht glückselig sterben zu können, wenn sie nicht noch einmal die Sonnenstadt besucht hatten.
Von dem Goldschmuck des Tempels wurden im Beisein der drei Spanier siebenhundert Platten abgerissen. Als die habgierige Gesandtschaft sich damit nicht zufrieden erklärte, brachte man Gold von andern Stellen her. Schließlich zog man mit 200 Lasten Gold ab, jede von vier Indianern getragen.
Die drei Spanier hatten sich in
Weitere Kostenlose Bücher