Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)

Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)

Titel: Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Welke , Dietmar Wischmeyer
Vom Netzwerk:
mehreren prüfenden Blicken wählt er vierzig davon aus – neununddreißig für sich und eins für Hansi Flick. Bis zum Anpfiff wird er noch einige aus der Verpackung reißen und über den nackten Oberkörper streifen. Joachim Löw liebt das Gefühl von chemiegetränkter Baumwolle auf nackter Haut, Hansi Flick hasst es. Hansi würde lieber in Grünzeug und Stahlhelm in der Coaching-Zone auf und ab marschieren, aber das ist nicht das Deutschland, für das Joachim Löw stehen möchte.
    Alle zwei Wochen ermittelt Joachim Löw seine aktuelle Bauch- und Schulterweite und mailt die Daten an eine kleine Oberhemden-Manufaktur im Kraichgau. Die stellt dann jeweils sechzig neue, auf den Millimeter exakt abgenähte Hemden für die nächste Periode her: mindestens drei für jeden Tag für ihn und eins für Hansi, wobei nur die Löw’schen Hemden exakt genäht sind, Hansi muss sich in die jeweilige Wochengröße reinfressen oder reinhungern. Nicht nur deswegen ist Kotrainer Hansi Flick oft etwas gereizt. Nachts, wenn Joachim nicht dabei ist, läuft er mit Schlafanzug und Stahlhelm durch seine Wohnung und zerreißt weiße Hemden, manchmal auch Pullunder mit V-Ausschnitt.
    Nur noch eine Stunde bis zum entscheidenden Spiel, Joachim Löw steht am offenen Fenster der Trainertoilette und raucht hektisch eine Marlboro Light. «Wo sind die letzten vierzig Jahre geblieben?», denkt er. Damals hat er auch am Fenster einer Toilette gestanden und heimlich geraucht. Die Zigarette schmeckt nicht, zu heiß geraucht, wie damals im Breisgau, als der Direx dauernd die Scheißhäuser der Schule inspizierte. Joachim Löw zieht sein verqualmtes Oberhemd aus, spült es hinunter und nimmt ein frisches aus dem Karton mit dem Aufdruck «24. KW».
    Den Tick mit den taillierten Oberhemden hat er zwar von Jürgen Klinsmann, aber er, Joachim Löw, hat ihn zur Perfektion entwickelt. Zuerst hat er immer nur in den Halbzeitpausen das Hemd gewechselt, doch bald konnte er vor den Kameras mehrerer Fernsehteams so schnell das Oberhemd tauschen, dass es nur in der Einzelbildschaltung der Nachbearbeitung entdeckt wurde. Alle fragten sich, wieso er immer so verbissen auf der Trainerbank saß. Ja, warum wohl? Er konzentrierte sich auf das Spiel, das er parallel auf seinem Smartphone mitverfolgte. Denn sobald etwas Außergewöhnliches passierte, ein besonders fieses Foul, eine gefährliche Ecke, irgendwas, bei dem in der Fernsehregie eine Wiederholung lief, wechselte Joachim Löw in Sekundenbruchteilen sein Oberhemd. Klettverschlüsse und die Potemkin’sche Knopfleiste steuerten das ihrige zum Erfolg des Manövers bei. Oft kam Hansi erst in der Halbzeit dazu, den Berg Althemden hinter den Trainersitzen wegzuräumen.
    Noch zwei Minuten bis zum Anpfiff, Joachim Löw sitzt im Hemd x plus 11 des Tages am Rand des großen Fußballgottesdienstes, der gleich beginnt. Es ist ein Gefühl wie damals vor vierzig Jahren: Der kleine Jogi saß als Ministrant in der Schönauer Kirche im weißen Gewand auf der Bank und hoffte auf einen gnädigen Gott.
     
Kurz erklärt: Spitznamen
Es gibt den «Nom de plume» (Erich Maria Remarque) und den «Nom de guerre» (Stalin), beide sucht man sich im Erwachsenenalter selber aus, um mehr zu scheinen, als man ist (Kramer, Dschughaschwili). Den Spitznamen bekommt man meist in der Kindheit und entweder von seinen Eltern (Püppi), was besonders peinlich ist und schleunigst abgelegt werden sollte, oder von seinen Spielkameraden (Hackfresse), was oft auch nicht besser ist, sich aber mit etwas Glück, wenn der Witz raus ist, über die Jahre von allein verliert. Hat man weniger Glück, hält sich der Spitzname bis ins Erwachsenenalter (Jogi Löw, Waldi Hartmann) oder wird einem vom Zentralorgan der Infantilisierung («Bild») als Erwachsener noch aufgedrückt (Klinsi, Poldi, Schweini). Dann hat man richtig Pech gehabt.

35. SIGMAR GABRIEL
    Als Super-Siggi noch träumen durfte
     
    Sigmar Gabriel blätterte in seinem Neujahrsgeschenk von der Grünen-Fraktion, einem Maya-Kalender mit Pflanztipps für einjährige Staudengewächse. «Haha, sehr witzig», entfuhr es dem Parteivorsitzenden der Sozialdemokratie in Deutschland, «wenn die Welt sowieso untergeht, kann ich ja gleich Andrea Nahles zur Kanzlerkandidatin ausrufen.» Nach Meinung Sigmar Gabriels gehörte das kreischende Opossum schleunigst in die Eifel zurückgejagt, bevor die Schreckschraube noch aus Versehen Ministerin würde – in seinem Kabinett. Denn eins war Big Super-Siggi vollkommen

Weitere Kostenlose Bücher