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Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)

Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)

Titel: Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Welke , Dietmar Wischmeyer
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haben sich jahrelang selbst aufopferungsvoll um blinde Kinder gekümmert – und jetzt das! Der Moment, in dem Mary nach der OP aufwacht, bricht Holger jedes Mal das Herz. Die Ingalls haben doch weiß Gott schon genug durchgemacht! Armut, Tornados, vernichtete Ernten.
    Heiße Tränen laufen über Holger Apfels volle Wangen. Er lässt es zu. Heute ist sein freier Tag. Und deshalb beschließt er, sich in der Küche noch eine Tasse heißen Nesquick zu machen. Mit extra viel Marshmallows drin! Das beruhigt ihn eigentlich immer. Im Flur sieht er im Vorbeigehen seine eigene Reflexion im Spiegel. Einen leicht aufgeschwemmten, total verheulten Mann um die vierzig, in einem Frottee-Schlafanzug mit kleinen Raketen drauf. Wer genau hinsieht, erkennt, dass es kleine V2-Raketen sind. Hitlers Wunderwaffe.
    Im gleichen Moment klingelt es an der Wohnungstür. Holger zuckt zusammen. Die Kakaotasse fällt ihm aus der Hand und knallt auf den Boden. Er rennt ins Wohnzimmer und macht hektisch den Fernseher aus. «Bin schon da», quiekt er, ärgert sich kurz über seine zu hohe Stimme und reißt die Tür auf. Im Hausflur steht ein telefonzellengroßer Kamerad aus dem NPD-Vorstand, der ihn wütend anstarrt.
    «Kamerad Apfel, WAS muss ich da erfahren?»
    «Oh lieber Gott», kreischt Apfel panisch, zum Glück nur in Gedanken. «Lass ihn NICHT durch die Tür gehört haben, dass ich ‹Unsere kleine Farm› gucke! Bitte! Bitte!»
    «Kamerad Apfel, uns ist das Gerücht zugetragen worden … dass auch du als V-Mann für den Verfassungsschutz arbeitest!»
    «Gott sei Dank!», denkt Holger Apfel und atmet tief durch.

33. HANS-WERNER SINN
    Beim Barte des Untergangspropheten
     
    «Und Action!», ruft der Regisseur. Die Kamera läuft. Der Schauspieler, der Käpt’n Iglo spielt, wirft sich in Pose und reckt den Teller mit den panierten Fischabfällen in die Höhe. Ein paar Kinder in Piratenkostümen greifen ihn mit Holzschwertern an. Iglo muss den Schlägen ausweichen und gleichzeitig seinen Text aufsagen. «Harrharrharr», ruft er den Rotznasen entgegen. «Harrharr … Ihr wollt wohl all mein Gold rauben, ihr kleinen … Auuu!» Einer der Piraten hat ihm sein Schwert volle Möhre aufs Knie gezimmert. Es tut höllisch weh. «Au, was soll denn das!», schreit Iglo den Täter an, einen rothaarigen Jungen von vielleicht zehn Jahren, der jetzt auch noch schadenfroh grinst. Mit einem genervten «Cut!» unterbricht der Regisseur die Szene und nimmt den Käpt’n beiseite.
    «Käpt’n, was’n los? Woran hakt’s diesmal? Ist doch echt kein Hexenwerk, die Nummer hier. Den Pappteller mit den Fischpimmeln hochhalten, den Schwertern ausweichen und rufen ‹Harrharr, ihr wollt wohl all mein Gold rauben, ihr kleinen Halunken!› – Ende. Mehr isses nich. Dafür muss man doch jetzt wirklich kein De Niro im engeren Sinne sein.»
    Der ältere Herr in der albernen Kapitänsuniform versucht sich zu rechtfertigen: «Aber der verhaltensgestörte Rothaarige hat mir sein Schwert aufs Knie gedonnert! Und ganz ehrlich gesagt, die Szene macht für mich auch dramaturgisch gar keinen Sinn. Wieso sind die Piraten Kinder? Und wenn das Piraten sind, warum lassen die sich mit Fischstäbchen abspeisen? Das ist doch ein total unlukratives Geschäftsmodell. Jetzt mal rein ökonomisch betrachtet.»
    Der Regisseur reibt sich die Augen und murmelt mit zusammengebissenen Zähnen vor sich hin. Iglo versteht nur Bruchstücke. Irgendwas mit «verfickte Schauspieleragentur» und «schickt mir hier einen Mongo nach dem andern» und «alle umbringen». Anschließend sammelt der Regisseur sich kurz und sagt: «Pass auf, Sportsfreund, fünf Minuten Pause, dann versuchst du mal was ganz Verrücktes und tust einfach nur das, WAS IM BESCHISSENEN DREHBUCH STEHT!» Das Gebrüll weht Iglo fast die Mütze vom Kopf.

    Hans-Werner Sinn erläutert mit Hilfe eines Tafelbildes den Sinn des Lebens.
    Drei Minuten später am Cateringtisch schnappt ihm der rothaarige Junge die letzte Zimtschnecke weg. Was für ein Tag. Die Maskenbildnerin kommt und will seinen Bart «nachkleben».
    «Nicht nötig», klärt Iglo sie auf. «Der ist nicht angeklebt, der ist echt.»
    Die Frau schaut ungläubig, als könne sie nicht fassen, dass jemand freiwillig mit so einer Kinnbehaarung durchs Leben geht.
    «Sagen Sie mal, kenn ich Sie nicht von irgendwoher?», fragt die Maskenbildnerin Iglo jetzt. Ab und zu passiert es noch, dass ihn jemand erkennt. Von früher, als er sein Geld noch weniger würdelos verdienen

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