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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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im Chor: »Sela.«

    14. KAPITEL
    RaEm bekam glänzende Augen. Schilde aus pelestischen und jebusischen Palästen schmückten die Wände.
    Weihrauchschalen, Kerzen, Lampen, durchwegs aus Gold und Bronze, mit Edelsteinen verziert und mit Silber oder Stein eingelegt, lagen im Raum verstreut. Geschmeide, mühsam gefertigt und fein geschmiedet oder auch schwer und majestätisch, lag körbeweise in der Schatzkammer aufgehäuft. Krüge voller Salben, Parfüms, Puder, Räucherwerk, Myrrhe, Pakete voller Salz und Gewürze waren schlampig an den Mauern aufgestapelt.
    Hiram öffnete die Tür zu einem weiteren Raum, einem Raum voller Gold. Damit konnte sie ihr Volk retten! Damit konnte sie ihren Thron retten! Damit konnte sie sich die Treue der Priester in Waset erkaufen. RaEm brachte es nicht über sich, etwas zu berühren, sonst würde sie am Ende alles stehlen. Es war besser, wenn Dadua es ihr gab. Doch es stammte aus Ägypten; sie würde nicht stehlen, sie würde ihr Gold nur zurückholen. Dort sah sie noch eine Kartusche Hatschepsuts. Hatten diese Stämme die königliche Leibwache überfallen? Die Rüstungen aus massivem Gold, die Verkleidungen der Streitwagen, sogar die Waffen mit den Einlegearbeiten aus Karneol und Jaspis, Türkis und Beryll stammten aus Ägypten.
    Wie war das möglich?
    »Es gibt noch drei weitere Kammern«, sagte Hiram.
    »Wie viel ist es?«, fragte RaEm.
    »Wie viel?«
    »Wie viel ist hier?«
    Hiram seufzte und fuhr mit der Hand über sein Gesicht. »Knapp einhunderttausend Talente Gold und vielleicht eine Million Talente Silber? Ich habe keine Ahnung, wie viel Bronze es ist - davon haben sie so viel, dass sie nicht einmal hier aufbewahrt wird.«
    Sie kehrten in den ersten Raum zurück. RaEm betrachtete die Schilde an den Wänden, jene Trophäen, die jeder Bergprinz und Wüstenkönig an sich nahm, wenn er eine Stadt unterwarf. Es waren mindestens sechzig Schilde, und alle waren aus Metall, größtenteils aus Gold. Knäuel von Gold- und Kupferdraht oder -kabeln lagen zusammengerollt auf dem Boden wie schlafende Schlangen. Kisten und Krüge, Tröge und Teller aus Gold, Silber und Bronze bedeckten den Boden.
    Das hatte nichts mehr mit Schönheit zu tun; es war protziger Reichtum in einem Ausmaß, das sie sich nicht hatte vorstellen können. Hier, in diesem winzigen Königreich, von dem kein Mensch je gehört hatte.
    »Hast du genug gesehen?«, fragte Hiram.
    Sie hatte mehr als genug gesehen. Sie brauchte es nur noch nach Ägypten zu schaffen.
    Und dazu brauchte sie nur .?
    »Der Thron? Was ist damit?«
    »Ich weiß, dass er aus einem schweren Goldüberzug über Akazienholz gefertigt wurde.«
    Ihr Handgelenk lag in seiner Hand, während sie durch die schwarze Dunkelheit zu ihrem Baum zurückwanderten. »Und er ist ihr allerheiligster Besitz?«
    »Genau.«
    »Er schießt Blitze und bringt die Pest?«
    »Genau.«
    »Ich will alles.«
    Seine Finger schlossen sich fester um ihr Gelenk.
    Am nächsten Tag begann der Regen zu fallen - der erste Herbstregen. Weich, sanft, eher eine Dusche als einer jener prügelnd harten Wassergüsse, die ich als Regen kannte. Die Frauen in meiner Küche ließen die Arbeit liegen, liefen ins Freie und tanzten. Sie wiegten sich hin und her, drehten sich und wirbelten herum, streckten die Gesichter dem Himmel entgegen und sangen dabei.
    »Deine Liebe, Shaday, strömt aus den Himmeln, Du verkündest Deinen chesed aus der Höbe. Deine Größe stehet fest wie der mächtige Berg, Deine Gerechtigkeit bleibet unergründlich wie die Meerestiefe. Du, el haShaday, bewahrest Mensch und Tier. Wie unersetzlich Dein unfehlbarer chesed«
    Nie zuvor hatte ich an einem derart mit Gesang erfüllten Ort gelebt. Je stärker der Regen wurde, desto enthusiastischer wurden sie, bis sie sich unter den Armen einhakten und im Kreis tanzten. ‘Sheva packte mich am Arm, und zwar mit derselben Entschlossenheit und Leidenschaft wie damals, als wir über haMelekh gesprochen hatten. Sie zog mich in den Kreis hinein, in dem Sklavin und Besitzerin, Gläubige und Heidin tanzten und lachten - ohne dass ich auch nur wusste, warum!
    Doch endlich entdeckte ich, was ‘Sheva schön machte.
    Sie war eine Tänzerin. Wenn sie sich bewegte, verblassten ihre linkischen Bewegungen, ihr übergroßes Gebiss, die Glupschaugen. Sie wurde geschmeidig und schön. Ihr Leib schien keine Knochen, keine Gelenke mehr zu haben. Sie wirkte wie ein Zauberwesen, wie aus einer anderen Welt. Wie Wasser wogte sie hin und her und ließ eine

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