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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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als den Reichen und Mächtigen zu verbringen«, bemerkte RaEm in sein Schweigen hinein.
    Er klappte den Mund auf, um zu protestieren, und klappte ihn dann wieder zu. Was für einen Wert hatte es, mit RaEm zu streiten? Vielleicht konnte er, wenn er schwieg, in Frieden den Sonnenaufgang beobachten. Würde er Chloe schon in wenigen Tagen Wiedersehen? War sie in diesem Achetaton?
    Wenaton drängte sich zwischen sie. »Aii, die Morgengöttin möge euch grüßen.« Er schlug sich mit der Hand auf den Mund. »Aton, vergebe mir! Möge euch der eine Gott Aton grüßen«, verbesserte er sich. »Ich darf auf keinen Fall die richtigen Begrüßungen vergessen! Isis - ähm, Aton steh mir bei!« Damit marschierte er weiter zum Galeerentrommler.
    »Was hältst du von dieser Aton-Verehrung?«, fragte RaEm flüsternd.
    »Wenn ich mir ansehe, wie nervös unser Gastgeber ist, bin ich mir nicht sicher«, antwortete Cheftu.
    »Ob er wohl übertreibt? Ich kann mir Ägypten nicht ohne Götter und Göttinnen vorstellen. Ein einziger Gott erscheint mir viel zu wenig für ein so reiches Land.«
    »Auch im modernen Ägypten gibt es nur einen Gott. Einen strengen, blutdürstigen Gott«, sagte RaEm. »Er hat wenig Sinn für Schönheit oder Größe; er trachtet einzig und allein danach, über möglichst viele Menschen zu herrschen.«
    »Allah?«, fragte Cheftu.
    »Genau. Und Mohammed -«
    »Ist sein Prophet.« Cheftu sah aufs Wasser. Auch zu seiner Zeit war Ägypten mohammedanisch gewesen.
    »Woher weißt du das?«, fragte ihn RaEm mit deutlich hörbarem Misstrauen. »Woher hast du gewusst, dass ich in diesem Körper stecke? Woher kannst du Chloes Sprache?« Sie legte eine Hand auf seinen Arm. »Du reist ebenfalls durch die Portale? Auch du gehörst der dreiundzwanzigsten Macht an?«
    Wenaton ersparte Cheftu die Antwort auf ihre Fragen.
    »Wir werden die gesegneten zwei Länder erreichen, sobald Re - Aton im Zenit steht«, verkündete er. »Ich habe ein Bad und alles zum Rasieren bereitmachen lassen, wir sollten den Wachen also als Ägypter gegenübertreten können. Endlich wieder daheim!«, sang er und tänzelte an ihnen vorbei.
    »Dieser Mann macht mich noch ganz irre«, erklärte RaEm. Der Satz klang so sehr nach Chloe, dass Cheftu beinahe gelacht hätte. Er strich mit der Hand über sein bärtiges Kinn und stellte dabei fest, dass sein Haar immer noch im aztlantischen Stil über seinen Rücken floss. Kein Wunder, dass Wenaton anfangs nichts von ihm gehalten hatte. Ich sehe so ägyptisch aus wie ein Philister.
    »Wenn du einverstanden bist«, schlug er vor, »mache ich den Anfang.« Er wusste nicht, was er auf ihre Fragen antworten sollte. Jede Information, die diese Frau besaß, war eine Gefahr, denn RaEm kannte keine Grenzen. Sie wollte alles besitzen. Das, dachte Cheftu, war möglicherweise der tödlichste Ehrgeiz, den eine Seele entwickeln konnte.
    RaEm musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Aber bitte doch. Ich bin es leid, dich so zu sehen. Und rasiere und parfümiere dich. Du weißt ja, der erste Eindruck zählt.«
    Er runzelte die Stirn und trat in den Schatten. Ein Bad wäre angenehm und eine Rasur nicht minder. Genauso wie die Rückkehr nach Ägypten. Und das Wiedersehen mit Chloe. Aii! Götter! Doch er verfolgte noch eine zweite Absicht mit seinem Bad.
    Sobald er in der Wanne lag und das kalte Wasser das Salz wegspülte, ließ er die Orakelsteine in seine Hände gleiten. Beide waren länglich, einer war schwarz, einer weiß, und auf beiden waren Buchstaben eingekerbt. Die Einkerbungen waren mit Gold und Silber ausgelegt und bildeten Zeichen, die man eines Tages Protohebräisch nennen würde. Die Urim und Thummim. Cheftu konnte immer noch nicht recht begreifen, auf welchem verschlungenen Pfad die Steine in seine Hände gelangt waren, doch er kannte ihren Wert.
    Selbst wenn er sie nur in der Hand hielt, spürte er ihr Leben.
    Mit einem nervösen Blick über die Schulter stellte er seine Frage.
    »Wo bin ich?«
    Er warf die Steine hoch, dass sie in der Luft tanzten und bei jeder Umdrehung ein anderer Buchstabe in ihrer Seite aufleuchtete. »I-M-W-A-S-S-E-R.«
    Cheftu trennte die Steine wieder. Natürlich, wie hatte er nur vergessen können, wie wörtlich diese Steine jede Frage nahmen.
    »Bist du immer noch nicht fertig?«, fragte RaEm ganz in der Nähe.
    »Kann man denn nicht mal in Ruhe baden?«, bellte er und verbarg dabei die Steine in seinen Händen.
    Laut fluchend stapfte sie davon. Cheftu wartete, bis es wieder vollkommen still

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