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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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und beschämt el haShaday! Wir dürfen ihr kein Gehör schenken!«
    »Setz dich, N’tan«, bellte Yoav ihn an. »Was sie sagt, sind ökonomische Wahrheiten.« Er sah mich finster an.
    Mein Rücken war schweißnass. Ich wagte nicht, auf Cheftu oder auf das Meer zu blicken. Stattdessen starrte ich wie hypnotisiert Yoav an. Gib uns eine Chance, dachte ich. Bitte!
    Er schwieg lange. Er spannte mich auf die Folter. Hätte ich anders vorgehen sollen? Hätte ich weniger überheblich sein sollen? Hätte ich um Gnade bitten sollen? Allmählich lernte ich sein Gesicht besser kennen als mein eigenes, so lange schaute ich ihn inzwischen an. Hätte er nicht ganz so viele Narben gehabt, hätte er fast gut ausgesehen. So jedoch wirkte er vor allem verwegen, ein wenig piratenhaft. »Es geht darum, unser Gesicht zu wahren«, meinte er schließlich. »Die Pelesti haben uns immer wieder angegriffen.«
    »Wie du selbst gesagt hast, sind keine Männer mehr übrig.«
    »Wenn alle Frauen so sind wie du, dann weiß ich nicht, ob ihr Männer braucht, um Krieg zu führen«, brummelte er.
    Ich beschloss, das als Kompliment zu nehmen.
    »Was willst du?«, fragte er. »Was erhoffst du dir von mir und den Männern meines Stammes?«
    »Unser Leben«, antwortete ich schlicht. »Unsere Städte und unser Leben. Ihr habt uns bereits unsere Männer, unsere Brüder und Väter genommen. Unser Seren und seine Mutter wurden ebenfalls von euch niedergemetzelt. Erlaubt uns, hier zu leben, sonst nichts.«
    Sein Blick gab mich frei und richtete sich auf die Stadtmauern in meinem Rücken. Die weißen Gebäude waren wie Bauklötze übereinander gestapelt, und die Sonne legte bläuliche Schatten in Fenster und Türen. Die ersten Blumen blühten bereits und ergossen sich wie bunte Wasserfälle aus Balkonkästen, Bäumen und Blumentöpfen. »Es ist eine schöne Stadt«, bemerkte er. »Im Süden habt ihr einen sicheren Hafen.«
    »Ken. Doch für ein Volk, das die Hügel beackert und nichts von Schiffen versteht, ist er ohne Nutzen.«
    »Ich will das Geheimnis des Erzschmelzens. Bringt uns bei, wie man Eisen macht.«
    Sag niemals Nein. Die Worte meines Vaters zogen durch meinen Kopf. Ein Nein ist das Ende jeder Verhandlung. Lüge, falls es nicht anders geht, biege die Wahrheit zurecht, doch sag niemals Nein. Ich fuhr mir mit der Zunge über die spröden Lippen. »Was würde euch daran hindern, uns zu töten, sobald wir euch unsere Geheimnisse verraten haben?«
    Er drehte eine der Locken vor seinen Ohren. »Nichts.« Er fixierte mich wieder mit seinem Blick, mit grünen Augen wie Laserstrahlen. »Ihr müsst uns vertrauen.«
    »Du musst bei deinem Gott schwören«, verlangte ich.
    »Wir missbrauchen den Namen unseres Gottes nicht zum Schwur!«
    Ich zuckte mit den Achseln. »Er ist das Einzige, was euch wirklich teuer ist. Es wäre der einzige Beweis dafür, dass ihr euren Teil der Abmachung einhaltet.«
    »Ich will noch mehr«, sagte er.
    Das hatte ich befürchtet. »Was noch?«
    »Euer kleiner Prinz muss sterben.«
    Nicht Wadia, er war noch ein Junge! Ich konnte mir nur mit Mühe ein entschiedenes Nein verkneifen. »Ihr habt alle seine Brüder, seinen Vater und seine Mutter getötet, wieso lasst ihr den Knaben nicht in Frieden? Er ist doch nur ein Kind.«
    »Er kann gegen eine Mauer pinkeln; er ist ein Mann. Wenn er älter wird, wird er von neuem mit den Pelesti gegen uns in den Krieg ziehen.« Seine Augen verrieten, dass es ihm Ernst damit war. »Mein Herr und König Dadua hat anderes zu tun, als jedes Jahr im Frühling die Pelesti wie lästige Mücken zurückzuschlagen.«
    »Und wenn Wadia schwört, nicht anzugreifen?« Ich hörte das Zittern in meiner Stimme und verfluchte mich insgeheim dafür.
    »Was hindert ihn daran, sein Wort zu brechen? Welche Sicherheiten hätte ich?«, fragte Yoav.
    »Er ist zwar jung, doch er ist ein Mann von Ehre.«
    Yoav lehnte sich zurück und streckte seine Beine knapp neben meinen aus. War das Zufall oder Absicht? »Ich glaube, ich werde jetzt etwas Wein trinken«, beschloss er. Cheftu hatte schon welchen eingeschenkt, ehe er fertig gesprochen hatte. Yoav nahm den Becher entgegen und reichte ihn an mich weiter. »Die Höflichkeit gebietet, dich zuerst trinken zu lassen.«
    Da ich wusste, dass der Wein nicht vergiftet war, nahm ich einen Schluck. Er schmeckte süffig, erfrischend und absolut ungefährlich. Ich gab ihm den Becher zurück. »Im Gegensatz zu euch wahren wir die Regeln der Gastfreundschaft.«
    Er leerte den Becher auf

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